Haftmechanismen von funktionalisierten magnetischen Kompositpartikeln in der Hochgradienten-Magnetseparation

Abstract

Fortschritte in der Genetik und Mikrobiologie ermöglichen die Herstellung von biologischen Makromolekülen im großen Maßstab. Zu den Makromolekülen zählen dabei unter anderem Proteine. Die Proteinherstellung erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt produzieren Mikroorganismen das Produkt in einer Biosuspension. In dem anschließenden zweiten Schritt muss das Produkt von den übrigen Substanzen getrennt werden. Dabei treten zwei Schwierigkeiten auf. Zum einen liegt die Molekülgröße des Zielproteins im Nanometerbereich, sodass sie für klassische Filtrations- oder Zentrifugationsmethoden nicht zugänglich ist, zum anderen handelt es sich bei den Verunreinigungen zum Teil um andere biologische Makromoleküle, die jedoch ähnliche Eigenschaften haben wie das Produkt. Ein Ansatz zur Aufreinigung des Zielproteins aus der Fermentationsbrühe stellt die Hochgradienten-Magnetseparation dar. Dabei kommen produktspezifisch funktionalisierte magnetisierbare Partikel zum Einsatz. Die Partikel werden zu der Biosuspension hinzu-gegeben. Dort adsorbiert das Produkt an die Partikel. Anschließend wird die Biosuspension durch einen Magnetscheider gepumpt. In diesem bleiben die Partikel samt Produkt hängen und werden somit aus der Suspension getrennt. Die Abscheidung erfolgt aufgrund der Magnetkraft an der Magnetmatrix. Dort bildet sich ein Partikelhaufwerk aus. Aufgrund des direkten Kontakts der Partikel wirken zwischen den Partikeln zusätzlich zur Magnetkraft interpartikuläre Kräfte. Abhängig vom Magnetscheidertyp werden die Partikel mit oder ohne überlagertem Magnetfeld wieder von der Matrix getrennt Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgte eine Untersuchung der Haftkräfte zwischen den Partikeln in einem Haufwerk. Die Messung der Haftkräfte zwischen den Partikeln und der Magnetmatrix war nicht direkt möglich. Anstelle der Magnetmatrix kamen dafür ebene Haftpartner, sogenannte Substrate, verschiedener Materialien zum Einsatz. Zu unter-suchen war die oftmals getroffene Annahme, dass außer der Magnet-kraft alle anderen Kräfte vernachlässigbar sind. Für die Messung der Haftkraft zwischen den Partikeln und einem Substrat war die Zentrifugenmethode aus der Literatur bekannt. Der entsprechende Aufbau musste jedoch zunächst für die vorhandene Zentrifuge entwickelt und die Methode etabliert werden. Bei der Zentrifugenmethode werden die Partikel mit dem Substrat in Kontakt gebracht und anschließend einem Zentrifugalfeld ausgesetzt. Im Verlauf der Messun-gen wurden die Drehzahl und damit die Zentrifugalkraft schrittweise erhöht. Eine Kamera, die an ein Mikroskop angeschlossenen ist, nimmt Bilder des Substrats vor und nach jedem Zentrifugationsschritt auf. Durch einen Vergleich der Partikelanzahl vor und nach den einzelnen Zentrifugationsschritten ist die Haftkraftverteilung bestimmbar. Ein reales Partikelsystem weist durch Schwankungen in den Eigenschaften der einzelnen Partikeln eine Haftkraftverteilung auf. Für die Messung der Partikel-Partikel-Haftkräfte musste die Methode angepasst werden. Als charakteristische Größe für die Wechselwirkungen diente die Höhe des Partikelhaufwerks im Zentrifugalfeld, wobei die Zentrifugalkraft der Haftkraft entgegen wirkte. Die eingesetzte Zentrifuge ermöglichte die Aufnahme der Haufwerkshöhe. Bei dem Partikelhaufwerk handelt es sich um eine komplexe Kontaktsi-tuation, in der unter anderen die van der Waals-Kraft, die Magnetkraft, hydropathische Wechselwirkungen als auch elektrostatische Effekte einen Anteil an der Gesamthaftkraft haben. Um einzelne Kraftkomponenten und deren Einflussfaktoren untersuchen zu können, erfolgte zunächst eine Reduktion der Komplexität auf definierte Partikel-Substrat-Kontakte. Im ersten Schritt fanden Messungen mit magneti-sierbaren, sphärischen Partikeln mit sehr enger Partikelgrößenverteilung statt. Der Fokus lag dabei auf der van der Waals-Kraft. In der Tat zeig-ten sich zunächst die bereits bekannten Einflüsse, dass die Haftkraft mit steigendem Partikelradius zunimmt und mit steigender Rauheit sehr stark abnimmt. Erfolgten die Messungen hingegen in einem Magnetfeld eines Permanentmagneten zeigte sich ein unerwartetes Verhalten. Der Anstieg der Haftkraft war größer als die aufgebrachte Magnetkraft. Ver-antwortlich sind vermutlich elastische Deformationen innerhalb der Kon-taktzone, durch die die van der Waals-Kräfte gestärkt werden. Im zweiten Schritt kamen acht Partikelsysteme zum Einsatz, die ver-schiedene Oberflächenfunktionalisierungen und damit Ladungsdichten aufwiesen. Vier Partikelsysteme hatten eine chemische Modifikation. Die übrigen vier Partikelsysteme hatten je eine Proteinart (Bovine Serum Albumin (BSA), Streptavidin, Avidin und Protein A) kovalent gebunden. Bei den Partikelsystemen mit Bovine Serum Albumin, Streptavidin und Protein A lagen die Haftkräfte oberhalb des Messbereichs. Der Mess-bereich ergibt sich aus der minimalen und der maximalen Drehzahl der Zentrifuge. Bei den übrigen fünf Systemen traten sehr starke elektrosta-tische Abstoßungen auf. Durch die Zugabe geringer Salzmengen (0,01 Mol/l) oder die Einstellung des pH-Wertes auf den isoelektrischen Punkt der Partikel konnte die elektrostatische Abstoßung jedoch unter-bunden werden. Aufgrund der geringen notwendigen Salzkonzentration ist davon auszugehen, dass im Prozess ebenfalls keine Abstoßung auftritt. Das unterschiedliche Verhalten zeigt weiterhin, dass die Protein-art bzw. das Produkt ebenfalls einen Einfluss auf die Partikelhaftung hat. Für Partikel mit Avidin und mit BSA fanden zusätzlich Versuche zum Einfluss hydropathischer Wechselwirkungen statt. Die beiden Sys-teme wurden ausgewählt, da sie sich in den vorangegangenen Versu-chen am meisten unterschieden. Für die Versuche wurden zum einen Glassubstrate hydro¬phobiert bzw. hydrophilisiert und zum anderen die Salzart entsprechend der Hofmeisterreihe variiert. Bei der Hydrophobizi-tät des Substrats gibt es die Tendenz, dass die Partikel mit steigender Hydrophobizität stärker haften. Ein Einfluss der Salzart war bei der ein-gesetzten Konzentration von 0,1 Mol/l nicht feststellbar. Für die genauere Betrachtung der Partikel-Partikel-Wechselwirkung musste zuerst eine entsprechende Messmethode erarbeitet werden. Die Betrachtung von klar definierten Partikel-Partikel-Kontakten ist jedoch mit der Zentrifuge nicht möglich. Die eingesetzte Zentrifuge (LUMiSizer) verfügt jedoch über eine Optik, mit der eindimensional die Transmission messbar ist. Das ermöglicht es die Höhe eines Partikelhaufwerkes wäh-rend der Zentrifugation zu messen. Bei den Partikeln ohne anhaftendes Protein lagen die Haftkräfte zwischen den Partikeln ohne Magnet unter-halb des Messbereichs. Befand sich jedoch Protein auf der Partikeloberfläche kam es teilweise zu einem starken Anstieg der Haftkraft. Die eingesetzte Laborzentrifuge machte den Einsatz eines externen Mikroskops für die Bildaufnahme bei der Partikel-Substrat-Haftkraftmessung notwendig. Bei den Messungen der Haftkräfte in einem Haufwerk gibt die Optik der Zentrifuge nur eindimensionale Da-ten. Um diese Nachteile zu beseitigen erfolgten parallel zu den Versuchen die Konstruktion und der Bau einer Zentrifuge mit einem integrier-ten Mikroskop. Durch den Einsatz eines mechanischen Bildkorrektors gelang es das rotierende Bild in ein stationäres Bild umzuwandeln. Dadurch ist die rotierende Probe kontinuierlich mit einer festinstallierten Kamera aufnehmbar. Die minimale, praktische Auflösung liegt bei 10 µm. Die optische Vergrößerung beträgt circa 8,9. Das neu entwickelte System erlaubt es unter anderem die Ablösekinektik der Partikel aus einem Haufwerk detaillierter zu untersuchen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Annahme der dominanten Magnetkraft nur für die Ausbildung des Partikelhaufwerks gilt. Bei der Abtrennung des Haufwerks scheint vor allem die Proteinart einen weiteren Einflussfaktor darzustellen

    Similar works