Verbesserung der spektroskopischen Parameter von Methan im mittleren Infrarotbereich für die atmosphärische Fernerkundung

Abstract

Angesichts der messtechnischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte und der neu geschaffenen Möglichkeiten, die sich mit den Fourier-Transform Spektrometern der neuesten Generation im Hinblick auf die Messgenauigkeit bieten, steigen auch die Anforderungen an die Auswertung atmosphärischer Messungen der bodengebundenen Fernerkundung. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss das Verständnis über die Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit den Spurengasen der Erdatmosphäre und deren Absorptionseigenschaften erweitert werden. Mit hochaufgelösten Labormessungen, die am Institut für Methodik der Fernerkundung (IMF) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen aufgenommen wurden, konnten die Voraussetzungen für eine Verbesserung der spektroskopischen Parameter von Methan im mittleren Infrarotbereich geschaffen werden. Hierfür wurde ein Fourier-Transform Spektrometer der Firma Bruker Optics (Bruker IFS125HR) eingesetzt, das mit einer direkt am Spektrometer angebrachten Langweggaszelle betrieben wurde. Diese Multireflexionszelle wurde eigens für Zellenmessungen mit einstellbarem Absorptionsweg entwickelt und konnte zudem über einen geregelten Heiz- bzw. Kühlkreislauf auf eine zuvor definierte Temperatur gebracht werden. Aufgenommen wurden Hintergrundmessungen, Absorptionsmessungen mit reinem Methan sowie Messungen mit einer Methan-Luft-Mischung, die lediglich einen geringen Methananteil aufwiesen. Sowohl die Rein-Methan-Messungen als auch die Methan-Luft-Messungen wurden bei Raumtemperatur sowie bei hohen und tiefen Temperaturen mit unterschiedlichen Gesamtdrücken durchgeführt, die in groben Zügen den zu erwartenden Drücken, Temperaturen und Mischungsverhältnissen in der Atmosphäre entsprechen. Ausgehend von den daraus hervorgehenden Transmissionsspektren und den Absorptionsparametern für Methan, die der HITRAN-Datenbank für atmosphärische Spurengase entnommen wurden, konnte zunächst eine vorläufige Linienliste erstellt werden, deren Anfangswerte zum Teil mithilfe der Spektroskopiesoftware MIRS korrigiert werden mussten. Zudem musste die Parameterliste um zahlreiche Absorptionslinien ergänzt werden, die zwar in den Messspektren beobachtet aber nicht in der vorhandenen Linienliste zugeordnet werden konnten. Diese Parameterliste bildete dann den Ausgangspunkt dieser Arbeit, die eine verbesserte Methan-Linienliste für die bodengebundene atmosphärische Fernerkundung zum Ziel hat. Für die Auswertung der gemessenen Transmissionsspektren wurde eine Retrieval-Software entwickelt, die auf der Methode der kleinsten Quadrate basiert und eine über die Voigt-Funktion hinaus gehende Profilfunktion einsetzt. Diese Software erlaubt den simultanen Einsatz mehrerer Spektren bei gleichzeitiger Anpassung mehrerer Linien und Profilparameter in einem Durchlauf. Die implementierte Profilfunktion entspricht im Wesentlichen der Hartmann-Tran-Funktion, die allerdings auf die qSDR-Profilfunktion reduziert wurde und zudem um eine Line-Mixing-Näherung erster und zweiter Ordnung erweitert wurde. Nachdem in einem ersten Schritt neben den Linienpositionen und -intensitäten die Selbst-Parameter und das Line-Mixing erster Ordnung (Dispersionsanteil) mitsamt deren Temperaturabhängigkeiten an die Transmissionsspektren mit reinem Methan angepasst wurden, konnten anschließend die Fremd-Parameter sowie die entsprechenden Line-Mixing-Parameter erster und zweiter Ordnung bei Raumtemperatur bearbeitet werden. Abschließend wurde die Temperaturabhängigkeit der Fremd-Parameter bestimmt, die aus den Methan-Luft-Messungen bei hohen und tiefen Temperaturen gewonnen wurden. In einem Bereich zwischen 2400 und 3000 cm−1 konnten auf diese Weise die Intensitäten, Positionen und Selbst-Parameter von annähernd 30000 Spektrallinien ermittelt werden, deren Linienintensitäten größer als 2×10−26 cm/molecule waren. Zu diesen Linien zählten allerdings auch etwa 3500 meist schwach absorbierende Linien, die neu in die Methan-Linienliste mit aufgenommen wurden und höchstwahrscheinlich den fehlenden Linien der heißen Banden in der HITRAN-Linienliste zuzuordnen sind. Diese Annahme wird durch die unteren Energieniveaus bestärkt, die bei den neu hinzugefügten Linien mitgefittet und ansonsten bei den restlichen Linien konstant gehalten bzw. unverändert belassen wurden. Aufgrund der starken Druckverbreiterung in den Methan-Luft-Messungen konnte jedoch die überwiegende Mehrheit der Absorptionslinien in den Transmissionsspektren nicht mehr aufgelöst werden, sodass die Fremd-Parameter von lediglich 8700 Linien mit Intensitäten größer als 10−24 cm/molecule korrigiert wurden. Ein Vergleich der neuen Profilparameter mit den unveränderten HITRAN-Werten zeigt, dass die Linienpositionen und -intensitäten für bestimmte Vibrationsübergänge und Rotationsquantenzahlen deutliche Unterschiede aufweisen. Die Differenzen können mitunter mehrere Wellenzahlen in der Linienposition bzw. ein bis zwei Größenordnungen in der Linienintensität betragen. Zudem konnten die Parameter der druckinduzierte Selbst-Verbreiterung bestimmter Vibrationssymmetrien der heißen Banden insofern verbessert werden, als dass die neuen Parameterwerte nun dem Verlauf der Parameterwerte der kalten Banden folgen und mit steigender Rotationsquantenzahl vorwiegend abnehmen (und nicht wie zuvor zunehmen). Neben der Linienposition und -intensität wurden insgesamt 9 Selbst-Parameter und 13 Fremd-Parameter für die Anpassung der synthetischen Spektren an die gemessenen Transmissionsspektren eingesetzt. Zu den Selbst-Parametern zählten die druckinduzierte Verbreiterung, Verschiebung, Verjüngung, Verformung, der Dicke-Parameter sowie das Line-Mixing erster Ordnung mitsamt deren Temperaturabhängigkeiten. Bei den Fremd-Parametern wurden zudem die Parameter für die Line-Mixing-Näherung zweiter Ordnung sowie deren Temperaturabhängigkeiten berücksichtigt. Für alle Labormessungen gilt, dass die Residuen mit der erweiterten Profilfunktion und den zusätzlich zur Verfügung stehenden Parametern über den gesamten Spektralbereich mitunter deutlich gesenkt werden konnten. Eine Anwendung der neuen Methan-Linienliste auf Atmosphärenmessungen ausgewählter Messstationen der bodengebundenen Fernerkundung hat gezeigt, dass die Residuen innerhalb der eng bemessenen NDACC-Fenster sowie in ausgewählten breitbandigen Fenstern, ebenfalls deutlich reduziert werden. Zudem wurden die Gesamtsäulen, die vertikale Profile und Jahresgänge, die jeweils mit der neuen Methan-Linienliste und der unveränderten HITRAN-Linienliste sowie den NDACC-Fenstern ausgewertet wurden, miteinander verglichen. Die Unterschiede in der Gesamtsäule können hierbei bis zu ein Prozent betragen, während die vertikalen Profile in den bodennahen Regionen im Mittel einen kleineren Gradienten aufweisen als zuvor. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die neu erstellte, verbesserte Linienliste für Methan den gestiegenen Anforderungen an die Auswertung bodengebundener Fernerkundung grundsätzlich gerecht wird

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