Die vorliegende Arbeit ist im Bereich technologischer Oberflächen angesiedelt. Der
Fokus liegt dabei auf den mechanischen Oberflächeneigenschaften, also Maßen wie
der sehr grob vereinfachenden Rauheit, ihren Einflüssen auf Haftkräfte und Reinigbarkeit
sowie den Auswirkungen von Alterung. In einem zweiten Themenkomplex
wird eine automatisierte Bildanalyse zur Überwachung und Schmutzerkennung
auf gewebten Tüchern entwickelt. Die gesamte Arbeit bewegt sich vor dem Hintergrund
der Bäckerei und ihren spezifischen Anforderungen bei der Herstellung
von Brötchen, weist in der Anwendbarkeit der Erkenntnisse jedoch breiter in die
allgemeinere Verwendung gewebter Textilien in der Verfahrenstechnik, insbesondere
auch in der Fest-Flüssig-Filtration.
In der Bäckerei werden Brötchenteiglinge vor dem Backen auf textilen Gärtüchern
gehen gelassen. Die Herausforderung liegt darin, dass der Teig nicht auf den verwendeten
Oberflächen festkleben darf, sondern sich beim Abkippen schnell und
zuverlässig löst. Jegliche Rückstände, ob Teigreste oder als Trennmittel eingesetztes
partikuläres Mehl, neigen zum schnellen Verderb in der feucht-warmen Atmosphäre
beim Gehenlassen und dienen unter anderem Schimmel als Nährboden.
Aus hygienischen Gründen ist es deshalb unausweichlich, die Tücher regelmäßig
zu reinigen, was mit Aufwand verbunden ist.
In einem ersten Arbeitsabschnitt untersucht diese Arbeit die grundsätzlichen Einflussparameter
auf die Haftphänomene im Anwendungsbereich. Die Oberflächencharakterisierung
erfolgte mittels konfokalem Laser-Raster-Mikroskop und der
Auswertung der Oberflächenkartierungen gemäß der ISO 25178-2. Bei der Anhaftung
von Mehlpartikeln an massiven Oberflächen stellte sich eine erhöhte Rauheit
als lindernd heraus. Dies ist ein Ergebnis, dass sich mit der partikulären Hafttheorie
durchaus in Einklang bringen lässt, allerdings mit der hygienegerechten
Gestaltung geschlossener Anlagen für nasse Prozessmedien in einen Zielkonflikt
tritt. An Gärtüchern zeigte sich der Rückhalt von Mehlpartikeln als von den Profiltälern
dominiert. Sowohl ihre Tiefe als auch ihr Flächenanteil korrelierten mit der
Zentrifugalbeschleunigung, die zum Entfernen der Mehlpartikel notwendig war.
Es wird von Arbeiten berichtet, bei denen das Haftverhalten von Weizenteigen beeinflusst
wurde. Dort wurde allerdings der Teig verändert und damit zwangsläufig
auch das spätere Bäckereierzeugnis. Einzig die Oberflächen von Apparaten und
ihrer Komponenten werden im Rahmen dieser Arbeit zur Diskussion gestellt und zur
zukünftigen Optimierung untersucht, um Verbesserungen und Nachrüstungen
auch durch niedrige Investitionskosten attraktiv zu gestalten.
Einen wesentlichen Einfluss auf das Haftverhalten hat die Kontaktdauer, während
der sich das komplexe Fließ- und Relaxationsverhalten des Weizenteigs verdeutlicht.
Der Kontakt über 10 Minuten kann hier als lang betrachtet werden; bei ihm
treten die mechanischen Oberflächeneigenschaften in den Hintergrund. Auf unterschiedlich
geschmirgeltem Edelstahlblech hing die Teighaftung dann nur noch vom
Alter des Teiges ab. Auf Gärtüchern zeigte sich ein Einfluss des chemischen Materials
(ob Baumwolle oder Polyester). Einzig bei stark texturierten Förderbändern
(Waffel- und Rippenstruktur in Millimetergröße) behielt die mechanische Gestalt
auch bei langem Kontakt ihren mildernden Einfluss auf die Ablösespannung.
Bei kurzer Kontaktdauer von einer Minute ließ sich die Haftspannung des Teiges
auf den Gärtüchern mit deren Profilspitzen korrelieren. Ein großer Spitzenanteil
nimmt die Last des Teiges im oberen Bereich des Oberflächenprofils der Tücher auf
und verhindert so die innigere Verbindung mit weiteren Oberflächenanteilen. Die
Höhe der Spitzen (insbesondere die extreme Spitzenhöhe gemäß der ISO 25178-2)
erlaubt dem Teig sich während seiner Relaxation zu deformieren ohne zusätzliche
Kontaktfläche mit tieferen Profilanteilen auszubilden. In diesem Zusammenhang
spielt ganz sicher die Haarigkeit der Tücher eine entscheidende Rolle: Vom Tuch
abstehende Primärfasern des Garnes halten einerseits den Teig vom innigeren Kontakt
mit dem übrigen Tuch auf Abstand, andererseits stellen sie mit ihrer Länge
eine Strecke dar, über die sich die Haftarbeit bei der Ablösung des Teiges verteilt.
Mit der Arbeit als dem Integral von Kraft und Weg kann die Ablösekraft des Teiges
durch längere Haare und dadurch einen längeren Weg signifikant verringert
werden.
In einem weiteren Schritt wurden drei ausgewählte Gärtücher gealtert: durch praktischen
Gebrauch, durch Abbürsten und durchWaschen. Das Baumwolltuch zeigte
ein nachteiliges Alterungsverhalten bei Wäsche und Gebrauch; das Waschen hatte
auf alle drei Tücher technologisch nur negative Auswirkungen. Das Bürsten verbesserte
die Parameter der Profilspitzen, steigerte die erkennbare Haarigkeit sehr
deutlich und senkte die Teighaftung.
Im Fazit ließen sich die Optimierung der Tücher hinsichtlich des Mehlrückhaltes,
also minimierte Profiltäler, und der Teigablösung, also maximierte Profilspitzen,
konfliktfrei kombinieren. Für den praktischen Einsatz konnte das Bürsten als Zwischenreinigung
und zur gleichzeitigen Verbesserung der Tuchoberfläche vorgeschlagen werden, um die
Zyklen zur hygienisch erforderlichen Wäsche zu maximieren.
Die Bildauswertung im zweiten Themenkomplex dieser Arbeit setzte sich zum
Ziel, Verschmutzungen auf gewebten Tüchern zu erkennen. Dabei sollte von etablierten
Methoden abgewichen und die Möglichkeit geschaffen werden, Kontaminationen
ohne Farb- oder Helligkeitsunterschied zu berücksichtigen. Das Auswertekonzept
aus Periodizitätserkennung, Schwellenwert- und Ausreißerbestimmung
funktioniert ohne Eingreifen eines Anwenders und ohne Vorwissen über Tuch oder
mögliche Verschmutzung. Die Funktion einer ersten Implementierung auf einem
Arbeitsplatzrechner wurde anhand von Filtertüchern in einer fortschreitenden Reinigung
demonstriert und kann in Echtzeit betrieben werden. Die bildanalytische
Überwachung bietet erstmals die Möglichkeit, in einer Filtertuchreinigung den tatsächlichen
Verschmutzungsgrad auf dem Tuch selbst zu bestimmen. Dies erlaubt,
die Intensität der Reinigung durch einen geschlossenen Regelkreis anzupassen. Außerdem
erübrigt sich jede Modellierung der Kontamination und der Reinigung, da
der tatsächliche Zustand automatisiert greifbar wird. In diesem Sinne können somit
auch Gärtücher überwacht und entsprechend ihres aktuellen Bedarfs gereinigt
werden. Dadurch sollte ihre Hygiene sichergestellt und gleichzeitig ihre mechanische
Lebensdauer maximiert werden.
Ein Großteil dieser Arbeit entstand während und in einer Kooperation mit dem
Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie der TU München, wo eine zweite
Promotionsarbeit das Forschungsfeld komplementiert