Geburten/Kontrolle : Reproduktionspolitik im 20. Jahrhundert

Abstract

The volume aims at a comprehensive historical reconstruction of policies, conflicts, attitudes, and regulations covering the diverse field of human reproduction. The analysis is based on two case studies: the United States of America and Austria. While both countries are part of the geographic and conceptual region called the "north-Atlantic world", they occupy significantly different positions within the global power structure, the respective relations between state, religion and society, the nature of their political cultures, etc. While it is impossible to re-construct a universal history of population policies on the basis of the two case studies, in the concluding chapter more universal premises relating to 20th century trends and developments beyond the case studies are suggested. To enable a comprehensive, yet focused comparison the analysis concentrates on three aspects of reproductive policies: sexual advice centers in the cities of New York and Vienna during the interwar period; 20th century policies aimed at the interface between workplace and child care; and the abortion conflicts taking place in the last third of the 20th century. These fields are conceptualized as "arenas"—i. e., spaces or complex social situations where groups and individuals interested in a given issue meet and interact, attempt to establish their world views, and then transform them into commonly accepted norms and regulations. Events, actors, and developments are thoroughly re-constructed for each arena. Finally the arenas are analyzed in relation to social and political developments in which they are situated. Questions about trends and developments relevant for both case studies are addressed in a framework which is organized around notions of reproduction of the nation, of rationalization, and of globalization. The findings from the case studies are related to secular phenomena like migration, globalizing selective population policies, the emergence of international and transnational political bodies (private foundations, UN-organizations, NGOs). The comparison between the U.S. and Austria offers insights into the tensions inherent in modern reproduction between individual empowerment and political disciplining. The striking similarities and significant differences in the trajectories of reproductive policies in both case studies allow conclusions concerning an indissoluble dilemma of reproductive policies committed to "human progress." In the end, the volume contributes to a deeper understanding of the ambivalence inherent to modern reproduction.Der Band bietet eine umfassende historische Rekonstruktion von politischen Strategien, Konflikten, Haltungen und Normierungen, die das heterogene Feld der menschlichen Reproduktion, verstanden als sowohl Fortpflanzung als auch Obsorge über Kinder umfassend, durchziehen. Die Analyse stützt sich auf zwei Fallstudien: die USA und Österreich. Zwar sind beide Länder Teil eines geographischen und konzeptionelles Raumes, den man als "transatlantische Welt" (Daniel Rodgers) bezeichnen kann. Allerdings nehmen sie höchst unterschiedliche Positionen innerhalb der globalen Machtstruktur ein und sind durch höchst unterschiedliche Beziehungen zwischen Staat, Religion und Gesellschaft sowie stark divergierende politische Kulturen gekennzeichnet. Die Analyse der Fallstudien hat nicht den Anspruch, eine universelle Geschichte der Bevölkerungspolitik darzustellen, in einem abschließenden Kapitel werden aber durchaus über diese Fallstudien hinaus gültige Thesen zu den wesentlichen Entwicklungen im 20. Jahrhundert formuliert. Um eine umfassende und gleichzeitig fokussierte Analyse zu ermöglichen, konzentriert sich die Studie auf drei Aspekte des Verhältnisses zwischen Reproduktion und den damit in Zusammenhang stehenden Politiken: die Sexualberatungen in New York und Wien in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, die gesellschaftlichen Strategien, die sich in Österreich und den USA auf die Schnittstelle zwischen Erwerbs- und Reproduktionsarbeit richten, und die Konflikte um den Schwangerschaftsabbruch, die im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts in beiden Gesellschaften auftreten. Diese Aspekte sind als "Arenen" konzeptioniert, also als Räume oder komplexe soziale Situationen, in denen Gruppen oder Einzelpersonen, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren, interagieren und dabei versuchen, ihre Sicht der Welt zu etablieren und sie in der Form von für alle gültigen Regeln als hegemoniale durchzusetzen. Auf dieser Basis werden Entwicklungen, die für beide Fallstudien Relevanz haben, hinsichtlich der Reproduktion der Nation, der Rationalisierung der Fortpfanzung sowie der Globalisierung angesprochen. Die Resultate aus den Fallstudien werden in Beziehung gesetzt zu für das 20. Jahrhundert signifikanten Phänomen, z. B. Migration, selektive Bevölkerungspolitik im globalen Maßstab, die Entstehung internationaler und transnationaler Organisationen und Handlungsmuster (private Stiftungen, NGOs, UN-Organisationen). Der Vergleich zwischen den USA und Österreich öffnet den Blick auf das der Reproduktion in der Moderne innewohnende Spannungsverhältnis zwischen der Ausweitung individueller Handlungsspielräume und Politiken der Disziplinierung. Überraschende Ähnlichkeiten und signifikante Unterschiede der beiden Fallstudien in der Entwicklung von auf Reproduktion bezogenen politischen Strategien verweisen auf das unauflösliche Dilemma einer Fortpflanzungspolitik, die auf "menschlichen Fortschritt" abzielt. Damit eröffnet sich ein komplexes Verständnis für die Ambivalenzen von Reproduktion in der Moderne

    Similar works