Krizek, Gerd Christian

Lietze, Stefanie

Pacher, Anna

Eldorado - Ressourcen aus und für Lehre, Studium und Forschung

Anna PACHER, Stefanie LIETZE & Gerd KRIZEK, Wien Inanspruchnahme, Effektivität und inhaltliche Relevanz der Mathematik-Brückenkurse an der Fachhochschule Technikum Wien 1. Einleitung Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist es, die Inanspruchnahme und die Effektivität der Warm-up-Kurse im Fach Mathematik an der Fachhoch-schule Technikum Wien zu analysieren. Die FH Technikum Wien bietet jährlich sogenannte Warm-up-Kurse (im folgenden WuK) für ihre zukünf-tigen Studierenden an. Diese Vorbereitungs- oder Brückenkurse haben das Ziel, zeitnah bis zum Start des 1. Semesters jenes Wissen zu vermitteln, aufzufrischen und/oder zu festigen, welches zu Studienbeginn vorausge-setzt wird. Die Kurse können von allen zukünftigen Studierenden in An-spruch genommen werden, sie sind kostenlos und die Teilnahme ist freiwil-lig.  Durch die Teilnahme sollen Studierende auf die Anforderungen im Studium vorbereitet werden und der Einstieg ins Studium soll erleichtert werden. Außerdem sollen die Kurse dazu beitragen, die Drop-out-Quote –zu reduzieren. Die Annahme, dass Brückenkurse zur Senkung der Drop-out-Quote beitragen können ist derzeit empirisch noch nicht belegt (Bieh-ler, Bruder, Hochmuth, & Koepf, 2014, S. 3).  In dieser Studie soll sowohl die Lernwirksamkeit der Kurse, als auch der Einfluss der Kurse auf die Drop-out-Quote analysiert werden. 2. Daten Folgende bereits vorliegende Daten werden deskriptivstatistisch analysiert: - Ergebnisse der Mathematik Reihungstests der Jahre 2007-2015 (N=11319). Jede Person, die sich für einen Bachelorstudiengang be-wirbt, muss einen Reihungstest machen. Die Ergebnisse dieser Tests werden herangezogen, um die mathematischen Kompetenzen der StudienanfängerInnen vor Beginn ihres Studiums und vor einer eventuellen Teilnahme an einem WuK zu ermitteln. - Teilnahmerzahlen von StudienanfängerInnen an den Mathematik Warm up Kursen der Jahre 2013-2015. Alle StudienanfängerInnen: N=2519, WuK TeilnehmerInnen: N= 866. - Einstufungstests zu Beginn der Warm-up Kurse und die dazugehöri-gen Abschlusstests wurden jeweils für die Jahre 2013-2015 analy-siert. In Fachgruppe Didaktik der Mathematik der Universität Paderborn (Hrsg.)Beiträge zum Mathematikunterricht 2018. Münster: WTM-Verlag 1367- Mathematiknoten der StudienanfängerInnen der Jahre 2013-2015 im ersten und zweiten Semester. 3. Ergebnisse Im ersten Schritt werden der Bedarf und die Inanspruchnahme der Warm-up-Kurse sowie die Ergebnisse der Reihungstests im Bereich Mathematik analysiert. Es wird untersucht, ob eine systematische Veränderung des Eingangsni-veaus bezüglich der mathematischen Kompetenz der StudienbewerberIn-nen zu erkennen ist, da in aktuellen Studien eine „fallende fachliche Ten-denz [im Fach Mathematik] wissenschaftlich belegt“ wurde (Weinhold, 2013, S. 164). Sollte ein Sinken des Eingangsniveaus beziehungsweise der mathematischen Kompetenz vor Studienbeginn festgestellt werden, könn-ten Aussagen über einen möglichen steigenden Bedarf an den WuK getrof-fen werden. Anhand der Mittelwerte der Punkteanzahl im Reihungstest lässt sich kein signifikanter Trend feststellen (Kruskal-Walis Test X²(8)=13.75 p=.09). Als nächstes wird anhand von verschiedenen Charakteristika von Studien-anfängerInnen untersucht, welche Personengruppen das Angebot der WuK in Anspruch nehmen. Der erste relevante Faktor ist das Geschlecht: 26.3% der weiblichen und nur 15.4% der männlichen StudienanfängerInnen nah-men an einem WuK teil. Das Durchschnittsalter innerhalb der WuK Teil-nehmerInnen betrug 26.3 Jahre und ist damit höher als das aller Erstsemes-ter (24.7 Jahre). StudienanfängerInnen die im Reihungstest schlechter ab-schnitten nahmen häufiger an einem WuK teil (durchschnittliche Punktean-zahl M=37.6 von 84, SD=11.4 versus M=39.6 von 84, SD=12.1). Der zweite Analyseschritt untersucht die Effektivität der WuK anhand der Lernwirksamkeit und des Einflusses auf die Drop-out-Quote. In der Erforschung der Lernwirksamkeit werden drei unterschiedliche Zeit-räume berücksichtigt und getrennt voneinander untersucht. Zuerst wird un-tersucht, ob es eine signifikante Steigerung der Ergebnisse von Einstu-fungs- zu Abschlusstest gibt. Hierfür wird die Stichprobe aller WuK-TeilnehmerInnen, die an beiden Tests teilnahmen, herangezogen (N=273). Die Mittelwerte für die Punkteanzahl betragen M=4.18 von 11 für den An-fangs- und M=6.69 von 11 für den Endtest. Der durchschnittliche Punkte-zuwachs von M=2.51 ist signifikant mit t(272)=22.23, p<0.001. Anschließend wird die Auswirkung der WuK auf die Mathematiknoten im ersten und zweiten Semester untersucht. Studierende werden als WuK TeilnehmerInnen betrachtet, wenn sie zu einem WuK angemeldet waren 1368und bei mindestens 50% der Stunden anwesend waren. Die Verteilung der Mathematiknoten im 1. bzw. 2. Semester ist in Abbildung 1 dargestellt. Der Median im 1. Semester beträgt 2 bei den TeilnehmerInnen und 3 bei den nicht-TeilnehmerInnen. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist signifikant mit U(1561, 368)=2482124, p<0.001 (Mann-Whitney-U-Test). Für das 2. Semester ist der Unterschied knapp nicht signifikant mit U(690, 184)=57672.50, p=.05.   Abb. 1: Verteilung der Mathematiknoten im 1. bzw 2. Semester, alle Studierenden un-terteilt in WuK (grün) und Nicht-WuK-TeilnehmerInnen (blau)    Als nächstes wird der Frage nachgegangen, ob der Besuch von WuK Ein-fluss auf Studienabbrüche hat. Dafür wird die Stichprobe bestehend aus Studierenden, die im Wintersemester 2013 und 2014 mit einem Bachelor-studium begonnen haben, herangezogen. Von diesen Studierenden ist be-kannt, ob sie an einem WuK teilgenommen haben und ob sie ihr Studium bis zum Zeitpunkt der Datenerhebung abgebrochen haben. Es wird unter-sucht, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Besuch eines WuK und einem Studienabbruch in den ersten drei bis fünf Semestern eines Ba-chelorstudiums gibt. Die Häufigkeitsverteilung der Merkmale „WuK“ und „Studienabbruch“ ist in Tabelle 1 dargestellt. Die Abhängigkeit der Merk-male wird mit einem χ2 Test überprüft.  Χ²(1)=12.53, p<0.001. Es gibt also einen signifikanten, aber schwachen (ϕ=0.085), Zusammenhang.    WuK Teilnahme 1369Tabelle 1: Häufigkeitsverteilung der Merkmale „WuK Teilnahme“ und „Studienab-bruch“. Der Anteil der StudienabbrecherInnen innerhalb der Studierenden die nicht an einem WuK teilgenommen haben beträgt 35%, der Anteil innerhalb der WuK Teilneh-merInnen 24%.  4. Conclusio Es konnte gezeigt werden, dass die WuKs lernwirksam bezüglich Mathe-matik Kompetenzen sind, eine positive Korrelation zwischen der Teilnah-me an einem Warm up Kurs und besseren Mathematiknoten in den ersten beiden Semestern besteht, sowie eine negative Korrelation mit einem Stu-dienabbruch. Dies ist eine Bestätigung der Vermutung, dass Brückenkurse einen positiven Einfluss auf den erfolgreichen Abschluss eines Studiums haben. Diese Arbeit wurde im Rahmen der Fachhochschulförderrichtlinie 2015 der Stadt Wien gefördert.  Literatur Biehler, R., Bruder, R., Hochmuth, R., & Koepf, W. (2014). Einleitung. In I. Bausch, R. Biehler, R. Bruder, P. R. Fischer, R. Hochmuth, W. Koepf & T. Wassong (Hrsg.), Mathematische Vor- und Brückenkurse: Konzepte, Probleme und Perspektiven (S. 1-6). Wiesbaden: Springer. Weinhold, C. (2013). Schwierigkeiten von Lernenden beim Übergang ins Studium. In A. Hoppenbrock, S. Schreiber, R. Göller, R. Biehler, B. Büchler, R. Hochmuth, & H.-G. Rück (Hrsg.), Mathematik im Übergang Schule/Hochschule und im ersten Stu-dienjahr. Extended Abstracts zur 2. khdm-Arbeitstagung (S. 164-165). Kassel. Abge-rufen am 10. September 2016 von http://kobra.bibliothek.uni-kassel.de/bitstream/urn: nbn:de:hebis:34-2013081343293/3/khdm_report_13_01.pdf  WuK Gesamt nein ja  Studienfortsetzung Ja 937 226 1163 Nein  499 72 511 Gesamtzahl Studierende 1436 298 1734 Studienabbruch Studierende WuK % 35% 24%  1370

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