Zusammenhänge zwischen Arbeitssicherheit und psychischer Fehlbeanspruchung – Synergien aus der habituellen und täglichen sowie einmaligen Erfassungsebene: Zusammenhänge zwischen Arbeitssicherheit und psychischer Fehlbeanspruchung – Synergien aus der habituellen und täglichen sowie einmaligen Erfassungsebene

Abstract

Im Schwerpunkt der Dissertation stand die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen psychischer Fehlbeanspruchung und Arbeitssicherheit. Psychische Fehlbeanspruchung – mit den Schwerpunkten Über- und Unterforderung – wurde dabei zum einen auf der habituellen Ebene erfasst (mittels Fragebogen). Zum Anderen interessierten die selten oder einmalig auftretenden Fehlbeanspruchungen, die üblicherweise keine Berücksichtigung im Fragebogen finden. Diese wurden mithilfe eines Arbeitstagebuchs erfasst. Die Argumentation für diese differentielle Betrachtungsweise ergibt sich aus der Überlegung, dass während in der Entstehungsgeschichte einer Erkrankung erst eine langfristige Fehlbeanspruchung eine Rolle spielt, kann ein Arbeitsunfall bereits durch eine einmalige oder nur kurzfristig auftretende Fehlbeanspruchung beeinflusst werden. Im Zusammenhang mit der verwendeten Methodik wurde – in einer zusätzlichen Fragestellung - ein sensibilisierender und damit unfallpräventiver Effekt der Tagebuchführung auf die Gefahrenwahrnehmung angenommen und mit einer Pilot-Befragung verifiziert. An der Studie haben vier sächsische Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie teilgenommen. Insgesamt 212 männliche Produktionsarbeiter haben einen Fragebogen ausgefüllt (Rücklaufquote: 60%), und 63 von ihnen haben ebenfalls ein vollständig über 15 Arbeitstage geführtes Tagebuch abgegeben. Beide Datenquellen erfassten parallel (als Prädiktoren) die wahrgenommenen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz bzw. die psychische Fehlbeanspruchung (qualitative und quantitative Über- bzw. Unterforderung sowie soziale Belastung) sowie deren negative Folgen (Merkmale von Stress, psychischer Ermüdung und Monotonie). Ebenfalls auf zweierlei Art wurden die Kriterienvariablen erhoben (meldepflichtige Arbeitsunfälle, Verletzungen und Beinahe-Unfälle; im Fragebogen zusätzlich noch ein Index sicheren Verhaltens). Die Ergebnisse der Regressionsanalysen haben die Annahme bestätigt, dass sowohl Überforderung als auch Unterforderung die individuelle Arbeitssicherheit beeinträchtigen. Sicheres Verhalten am Arbeitsplatz wird von Merkmalen der Arbeitsgestaltung, insbesondere durch Unterbrechungen und quantitative Überforderung, negativ beeinflusst. Beeinträchtigend auf die Einhaltung der Arbeitsschutzregeln wirkt sich auch belastendes Verhalten des Vorgesetzten aus. Relevant für die Regeleinhaltung sind ebenfalls die erlebten Folgen einer Über- und Unterforderung: Merkmale psychischer Ermüdung einerseits, Langeweile und Unzufriedenheit mit der Aufgabe andererseits. Interessant sind die Ergebnisse bezüglich der individuellen Variabilität der täglich erlebten Fehlbeanspruchungsfolgen. Mit steigenden Schwankungen von Langeweile und Erschöpfung werden die Arbeitsschutzregeln seltener eingehalten und Beinahe-Unfälle kommen häufiger vor. Erlebte meldepflichtige Unfälle und Verletzungen (im Fragebogen erfasst) stehen lediglich mit zwei tagebuchbasierten Prädiktoren in einem signifikanten Zusammenhang: mit Häufigkeit der sozialen Konflikte und mit der kumulierten Erschöpfung. Diese Faktoren weisen in ihrem Zusammenhang mit individueller Arbeitssicherheit somit eine besonders hohe Validität und Generalisierbarkeit auf. Die Methode der Tagebuchführung stieß, selbst bei einer relativ langen Untersuchungsdauer, auf eine hohe Akzeptanz der Teilnehmer. Die angenommene, auf Gefahren und für Arbeitssicherheit sensibilisierende Wirkung der Tagebuchführung konnte anhand der Selbsteinschätzungen bestätigt werden. Als innovatives und mitarbeiterorientiertes Instrument betrieblicher Unfallprävention hat die Tagebuchführung das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie für den Zeitraum 2008 - 2012 zu leisten

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