thesis

Lumineszenzdatierung von Sedimenten zur Rekonstruktion der jungquartären Landschaftsentwicklung in der Mongolei

Abstract

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, durch die Datierung mittels optisch stimulierter Lumineszenz einen Beitrag zur Rekonstruktion der Umweltgeschichte in der zentralen und südlichen Mongolei zu leisten. Aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit geeigneter Archive (Pollenanalysen, 14C-Datierung) ist der Kenntnisstand zu den Umweltbedingungen während des Spätpleistozäns und Holozäns in diesem Gebiet bisher unzureichend. Auch die Literaturangaben über das Paläoklima in den umliegenden Regionen sind sowohl zeitlich als auch räumlich lückenhaft und widersprüchlich. Bei der vorliegenden Untersuchung wurde ein makroskopischer Ansatz gewählt, um einen grundlegenden Kenntnisstand durch die Entschlüsselung von Paläoumweltinformationen aus sedimentären Geo-Archiven zu erzielen. Untersucht wurden vier Teilarbeitsgebiete, die jeweils eine möglichst in sich „geschlossene“ Klima- und Entwicklungsgeschichte aufweisen. Hierbei handelt es sich um ein endorheisches Becken (Tal der Gobi-Seen), zwei Dünenfelder (Mongol Els, Khongoryn Els) und eine punktuell stark anthropogen geprägte Region (Kharkhorin). In jedem dieser Arbeitsgebiete wurden sechs bis sieben Profile beprobt, um verifizierbare Aussagen durch Vergleich der Daten treffen zu können. Im Rahmen der Untersuchung sind drei wesentliche Bereiche bearbeitet worden: a) Die Ermittlung eines geeigneten Messverfahrens innerhalb des Methodenspektrums der optisch stimulierten Lumineszenz b) Die Verknüpfung punktueller IRSL-Alter zu einer Rekonstruktion der Landschaftsgeschichte im Teilarbeitsgebiet c) Die Ausgliederung von überregionalen Phasen geomorphodynamischer Aktivität, aus denen sich durch Korrelation mit in der Literatur beschriebenen Proxies Rückschlüsse auf eine klimatische Steuerung ziehen lassen Im ersten Schritt ging es primär darum, geeignete Messparameter innerhalb des Methodenspektrums der optisch stimulierten Lumineszenz zu entwickeln, welches zu präzisen und richtigen Altersdaten mongolischer Sedimente führt. Im Zuge dieser Untersuchungen wurde festgestellt, dass eine Datierung von Quarzen im Arbeitsgebiet südliche Mongolei nicht aussichtsreich ist. Verschiedene Methoden konnten eine Kontamination der Quarze mit Plagioklasen nachweisen. Dieses Problem konnte weder durch alternative Aufbereitungstechniken noch durch messmethodische Ansätze gelöst werden. In der Folge wurde für alle Proben die Fraktion der Kali-Feldspäte separiert und datiert. Es wurde ein Messprozedere auf Basis des SAR-Protokolls erarbeitet, welches es ermöglicht, eine Äquivalenzdosis mit hoher Reproduzierbarkeit zu ermitteln. Allerdings sind bei der Generierung von Altersdaten mehrere Problembereiche zu berücksichtigen gewesen. Zum Einen wurde gegen Ende der vorliegenden Arbeit „optical cross-talk“ (Bray et al. 2002), also eine nicht vorgesehene Ausleuchtung benachbarter Messpositionen im Zuge der optischen Stimulation des Lumineszenzsignals, festgestellt. Durch systematische Untersuchungen konnte das Problem quantifiziert und ein entsprechendes – tentatives – Korrekturverfahren entwickelt werden. Zum Anderen stellt bei der Datierung von Feldspäten das Problem des „anomalous fading“ eine gewisse Unsicherheit der Altersbestimmung dar. Der damit verbundene Signalverlust wurde unter Laborbedingungen ermittelt und auf geologische Zeiträume extrapoliert (Huntley & Lamothe 2001). Für die Proben in einem Altersbereich >30 ka wurde das Post-IR-IR290°C-Protokoll (Thiel et al. 2011) getestet, welches auf der Stimulation eines „stabileren“ IRSL-Signals mittels hoher Messtemperatur basiert. Die verfügbaren Qualitätskriterien zeigen positive Ergebnisse, was unter methodischen Gesichtspunkten die Anwendbarkeit dieses Protokolls für mongolische Feldspäte belegt. Die damit ermittelten prä-eemzeitlichen und eemzeitlichen Alter sind zudem auch landschaftsgeschichtlich relevant, da ohne die Datierung die unterschiedlichen Reliefgenerationen (>100 ka und <10 ka) nicht erkannt worden wären. Unvollständige Bleichung wurde nur für wenige der untersuchten Proben identifiziert. Um für die betroffenen Proben eine bestmögliche Annäherung an das wahre Sedimentationsalter zu ermöglichen, wurde für diese das Finite Mixture Model nach Galbraith & Green (1990) angewendet (statt des Central Age Models für alle anderen, gut gebleichten Proben). Die Dosisleistung wurde mittels Gamma-Spektrometrie ermittelt. Für einige Proben deuten die Ergebnisse ein radioaktives Ungleichgewicht in der Zerfallsreihe an, eine endgültige Einschätzung könnte nur durch den Vergleich mit Methoden, die die Bestimmung von 238U/234U erlauben, erfolgen. Die Abwägung verschiedener Szenarien der Entstehung eines solchen Ungleichgewichts zeigt jedoch, dass die daraus resultierende Unsicherheit der Altersbestimmung von untergeordneter Bedeutung ist. Trotz der beschriebenen Datierungsprobleme ist eine vergleichsweise hohe Präzision der Ergebnisse gegeben, die relativen Altersfehler liegen bei durchschnittlich 12 %. Ob die ermittelten Ergebnisse jedoch auch den tatsächlichen Zeitpunkt der Verlagerung korrekt widerspiegeln, kann ohne systematische Alterskontrolle nicht abschließend beantwortet werden. Jedoch stimmt das einzige 14C-Alter, welches als Alterskontrolle geeignet ist, mit der ermittelten IRSL-Chronostratigraphie überein. Auch die Tatsache, dass kaum Altersinversionen in den untersuchten Profilen vorkommen, kann als Beleg für die Zuverlässigkeit interpretiert werden. Die Proben, die innerhalb des IRSL-Methodenspektrum mit den Messverfahren SAR-IRSL50°C, Post-IR-IRSL290°C sowie Post-IR-YOSL260°C in Freiberg parallel datiert wurden, liefern ebenfalls übereinstimmende Ergebnisse. Eine Ableitung von geomorphologischen Prozessabfolgen innerhalb der Teilarbeitsgebiete aus den ermittelten Daten erscheint daher zum gegenwärtigen Stand gerechtfertigt – wenn auch unter dem Vorbehalt, dass zwar bestimmte Phasen der Aktivität ermittelt werden können, innerhalb dieser Phasen jedoch gewisse Altersunsicherheiten bestehen. Einige der Aspekte der Landschaftsentwicklung in den Teilarbeitsgebieten können wie folgt zusammengefasst werden: Im endorheischen Becken des Bayan Tochom (Arbeitsgebiet Khongoryn Els) konnte eine Genese der oberflächennahen, kolluvialen/alluvialen Schichten des Schwemmfächers am Übergang zu den Beckensedimenten während und nach dem LGM ermittelt werden. Die Alter der beprobten äolischen Sedimente im Beckenbereich sind jünger als etwa 3,2 ka. Zwischen den Dünen kommt es jedoch auch unter den rezent ariden Bedingungen zu einem episodischen Aufstau von Niederschlags- und Abflusswasser. Für den nordöstlichen Teil des Dünenfeldes Khongoryn Els wurde aus den IRSL-Altern im Profil US eine Prozessabfolge abgeleitet, die eine Entstehung der Wechsellagerung von äolischen Sanden und schluffreichen Sedimenten (durch Aufstau am Dünenfeld) innerhalb eines kurzen Zeitraums während des Spätglazials um 15 ka vermuten lässt. Nach dem Durchbruch des Dünenriegels ab etwa 12 ka erfolgte die Sedimentation der Hochflutlehme und fluvialer Sedimente im Profil KG auf der Nordseite des Dünenzuges. Im Früh- bis Mittelholozän um 8-7 ka war die unter rezenten Bedingungen trockenliegende Endpfanne des Flusses Khongoryn Gol am nordwestlichen Ende des Dünenfeldes Khongoryn Els wassergefüllt. Aus einem Dünenprofil konnten zudem aride Bedingungen seit mindestens 2 ka abgeleitet werden. Für das Becken des Oroog Nuur wurden ausschließlich holozäne Alter ermittelt, die eine Landschaftsentwicklung wie folgt vermuten lassen: Im mittleren Holozän um 7-6 ka lag der Seespiegel 23 m über dem heutigen Niveau (sofern tektonische Einflüsse unberücksichtigt bleiben), ab ca. 4,6 ka war der Wasserstand bereits mindestens um 13 m gefallen. Seit etwa 2 ka findet verstärkt äolische Sedimentation statt. Ähnlich wie im Becken des Bayan Tochom, konnten ton- und schluffhaltige Sedimente identifiziert werden, die im Gelände zunächst als „lakustrine“ Sedimente interpretiert worden waren. Die rezenten Alter dieser Sedimente belegen aber, dass sie durch spülaquatische Prozesse zwischen den Dünenkörpern entstanden sind. Die Datierung der Proben aus dem Strandwall in 20 m Höhe über dem Zentrum des heute ausgetrockneten Seebeckens des Adgin Tsagaan Nuur lässt eine dreiteilige Profilgenese vermuten: Das Alter der Probe ATSW-4 lässt eine Ablagerung der vermutlich fluvialen Sedimente an der Basis vor 33 ka annehmen. Die Alter der beiden Proben am Top des Profils implizieren, dass um 12 ka die Entstehung des Strandwalls bereits mehr oder weniger abgeschlossen war. Die kieshaltige Schlufflage im Luv des Strandwalls hat ein OSL-Alter von 3,6 ka. Dieses Sediment wurde also nachträglich auf den Strandwall abgelagert. Innerhalb des Arbeitsgebietes „Mongol Els“ konnten sehr unterschiedliche Reliefgenerationen ausgegliedert werden. So lässt sich auc dem Alter eines äolischen Sediments am Top einer Düne (Profil ME-T) die Entstehung während des MIS 6 ableiten. Die darüber liegenden schluffreichen Sedimente mit Altern um 120 ka werden als Relikte eines eemzeitlichen Paläosees gedeutet. Die Alter der Sand- und Schlufflagen in einer Senke innerhalb des Dünenfeldes (Profil ME-S) implizieren eine mittelholozäne „Seephase“ um 5 ka. Die Sedimente im Überflutungsbereich an der Dünenfront repräsentieren episodische Überflutungen während einer grundsätzlich ariden Zeit innerhalb der letzten 1,4 ka. Während dieser Zeit sind auch die Dünen am Rande des Dünenfeldes entstanden. Die heterogenen Sedimente des Flusses Savhan Gol, der das Dünenfeld Mongol Els lateral umfließt, weisen Alter auf, die auf eine hohe Geomorphodynamik jeweils an der Wende vom MIS 7 zum MIS 6 und vom MIS 6 zum MIS 5 schließen lassen. Im Arbeitsgebiet „Orchon-Tal“ in der Nähe der historischen Hauptstadt Karakorum wurden spätglaziale Alter von sandigen und sandig-grusigen Sedimenten auf den Oberflächen der Terrassen und der Hänge ermittelt. Kurz danach setzt vermutlich eine kurze Bodenbildungsphase ein, die von der Überdeckung mit Sand um 8,4 ka unterbrochen wird. Eine weitere Bodenbildungsphase im frühen bis mittleren Holozän ist in zwei Profilen (HAR-I-a und HAR-II) zu vermuten. Im späten Holozän ist die geomorphologische Aktivität im Orchontal erhöht, sowohl auf den Terrassen als auch in den Rinnen werden verstärkt Sedimente – vermutlich sowohl äolisch als auch kolluvial-alluvial – abgelagert. Noch weiter beschleunigt wird die Remobilisierung von Sanden durch den Eingriff des Menschen, der insbesondere zur Zeit der Herrschaft Dschinghis Khans (~0,8 ka) deutlich ist. Ein wesentlicher Kritikpunkt an den dargestellten Ergebnissen ist es, dass diese sehr punktuell sind, was eine allgemeine Landschaftsrekonstruktion sowohl in den Teilarbeitsgebieten als auch im gesamten Arbeitsgebiet nur eingeschränkt möglich macht. Die erzielten Befunde müssten in weiteren Untersuchungen systematisch verifiziert werden. Zudem wäre ein breiteres Methodenspektrum zur Charakterisierung der Sedimente wünschenswert. Unter Berücksichtigung dieser einschränkenden Bedingungen wird die beschriebene Prozessdynamik zu einer flächenhaften Interpretation klimatischer Bedingungen verknüpft. Zu den Klimaphasen, die aus den Erkenntnissen in mehreren Profilen vergleichsweise reproduzierbar ermittelt werden konnten, gehören: a) Ein vergleichsweise trockenes Spätglazial (18 ka bis etwa 11/10 ka) mit episodischen Niederschlägen b) Ein Klimaoptimum während des mittleren Holozäns (8 ka bis etwa 5/4 ka) mit hohen Seespiegeln, wassergefüllten Senken sowie Bodenbildung im Orchon-Tal c) Ein Wandel zu trockeneren Bedingungen in der Zeit zwischen etwa 5 ka und 3 ka mit erhöhter kolluvialer Aktivität d) Aridisierung seit etwa 3 ka, die durch Dünenaktivität an mehreren Stellen nachgewiesen wurde e) Verstärkter anthropogener Einfluss im Arbeitsgebiet Orchon-Tal um ~0,8 k

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