Das Kufor-Rakeb Syndrom (KRS) ist eine seltene, neurodegenerative Erkrankung, bei der die Patienten neben charakteristischen Kennzeichen des Parkinsonismus zusätzliche Symptome wie eine Spastik und eine Demenz entwickeln. Es handelt sich um eine autosomal rezessive Erkrankung, deren erste Symptome bereits im Jugendalter auftreten. Die genetische Ursache des KRS sind biallelische Mutationen im ATP13A2-Gen auf Chromosom 1p36. ATP13A2 kodiert für eine P-Typ Typ V ATPase mit zehn prädizierten Transmembrandomänen und einem Molekulargewicht von etwa 135 kDa, dessen Funktion und Substratspezifität allerdings bislang unbekannt sind. Das Ziel dieser Arbeit war die Charakterisierung beschriebener Genvarianten in ATP13A2 auf zellulärer Ebene zum besseren Verständnis der Pathogenese des KRS bzw. verwandter Formen des Parkinsonismus. Zur in vivo Analyse der motorischen und kognitiven Funktionsstörungen sollte zusätzlich eine Knock-Out Maus generiert werden, bei der Atp13a2 konstitutiv deletiert ist. Insgesamt wurden 15 verschiedene humane Mutationen in vitro untersucht, von denen acht bei Patienten mit typischer Parkinsonerkrankung (PD-Mutationen) und sieben bei KRS-Patienten identifiziert worden waren. Bei elf dieser Veränderungen handelte es sich um Missense-Veränderungen (P1-P8; K4-K6). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der jeweilige Aminosäurenaustausch einen Effekt auf die Konformation des Proteins hat. In zwei Fällen der bei KRS-Patienten identifizierten ATP13A2-Veränderungen war ein Nukleotid deletiert (K3 und K7). Dies führte jeweils zu einer Verschiebung des Leserasters und resultierte in einem präterminalen Stop der Translation und einer Trunkierung des Proteins. Ebenso führte die Insertion von 22 bp in Exon 16 (K2) aufgrund der Verschiebung des Lesenrasters zu einem trunkierten Protein. Schließlich wurde ein Basenaustausch in einer hochkonservierten Donorspleißstelle analysiert, der zu einer in frame Deletion des Exon 13 führte (K1). Die subzelluläre Lokalisation mittels Immunfluoreszenzanalyse ergab für das ATP13A2-Wildtypprotein und alle PD-Mutanten eine Co-Lokalisierung mit dem lysosomalen Membranprotein LAMP2. Dagegen zeigten alle KRS-Mutationen eine subzelluläre Co-Lokalisierung mit dem endoplasmatischen Reticulum (ER). Da das ER maßgeblich an wichtigen Prozessen wie Faltung und Degradierung von Proteinen beteiligt ist, ist diese Fehllokalisation sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass diese Mutanten von dem Organell als defizitär erkennt werden. Unterschiede zwischen den verschiedenen Mutationen bzw. Mutationstypen ließen sich auch hinsichtlich der Proteinstabilität feststellen. Während die PD-Mutanten im Vergleich zum Wildtyp eine gleichbleibende Stabilität zeigten, waren die KRS-Mutanten weniger stabil. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die KRS-Mutanten nicht posttranslational modifiziert wurden, während für ATP13A2-WT und die PD-Mutanten eine N-Glykosylierung festgestellt wurde. Für alle hier untersuchten Proteine konnte gezeigt werden, dass sie durch das Proteasom degradiert werden. Allerdings scheint dies auf einem Ubiquitin-unabhängigen Weg zu erfolgen, der erst für wenige Proteine beschrieben worden ist. Es wurden demnach ausschließlich für die KRS-Mutationen Veränderungen der Proteineigenschaften bzw. Proteinlokalisation nachgewiesen, die vermutlich eine Reduktion der ATPasen-Funktion zur Folge haben und somit höchstwahrscheinlich einen pathogenen Effekt besitzen. Bei den so genannten PD-Mutationen konnte dies nicht gezeigt werden. Daher handelt es sich bei ihnen eher um Genvarianten, die eine neutrale Wirkung auf das Protein haben und somit nicht ursächlich am Krankheitsgeschehen beteiligt sind. Die zentrale Aufgabe des Lysosoms ist die Degradierung von Proteinen und Organellen. Da funktionelle Störungen dieses Kompartiments mehrfach mit neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht worden sind, sollte die Bedeutung von ATP13A2 für die Autophagie anhand von Fibroblasten eines KRS-Patienten untersucht werden. Es konnte jedoch keine offensichtliche Beteiligung an diesem Abbaumechanismus gezeigt werden. Des Weiteren kann ein gestörter Lipidmetabolismus zum Entstehen einer neurodegenerativen Erkrankung beitragen. Zusätzlich sind die nah verwandten P-Typ Typ IV ATPasen am Lipidtransport beteiligt. Daher wurde das Lipidprofil der KRS-Fibroblasten mit dem von Kontrollzellen verglichen. Auch hierbei wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt. Neben genetischen Aspekten tragen auch Umweltfaktoren, die zum Zellstress führen, zur Entstehung des Parkinsonismus bei. Diesbezüglich konnte für ATP13A2-defiziente Zellen im Vergleich zu Kontrollfibroblasten eine statistisch signifikant erhöhte Sensitivität gegenüber verschiedenen Formen des Zellstresses gezeigt werden, die auf einen möglichen molekularen Zusammenhang zwischen Umwelt-bedingten und genetischen Risikofaktoren hinweisen könnte. Die in vivo Analyse des Atp13a2-Gendefekts hinsichtlich Funktion und Bedeutung für die Pathogenese des KRS war bislang nicht möglich, da die Keimbahntransmission des rekombinanten Allels in unabhängig verfolgten Strategien nicht gelang