Basierend auf transgenen Mausmodelle, die einen Einblick in Ätiologie und Pathogenese von Kanalkrankheiten ermöglichen, hat sich das Wissen hinsichtlich kardiomyogener Automatizität und Propagation der kardialen Erregung in den letzten Jahren enorm erweitert. Nur vier Vertreter spannungsgesteuerter Kalziumkanäle galten ursprünglich als im Herzen exprimiert (Cav1.3, Cav1.2, Cav3.1 und Cav3.2), deren Ablation bei Cav1.3 und Cav3.1 zu markanten kardialen Phänotypen führte, bei anderen hingegen entweder schon in der frühen Pränatalphase letal war (Cav1.2) oder keinen direkten kardialen Effekt zeigte (Cav3.2). Die vorliegende Arbeit legt eine kardiovaskuläre Charakterisierung Cav2.3 defizienter Mäuse vor, unter Zuhilfenahme molekularbiologischer und elektrophysiologischer Verfahren. Sie zeigt, dass mit Cav2.3 eine bis dahin für die kardiale Erregungsbildung- und Erregungsfortleitung als umstritten eingestufte Kalziumkanaluntereinheit einen wichtigen Beitrag zur funktionellen Integrität des Herzens und des kardiovaskulären Systems beisteuert. Auf molekularbiologischer Ebene konnte gezeigt werden, dass nicht nur unterschiedliche Cav2.3 Spleißvarianten im Mausherzen vorliegen, die v.a. in der Pränatalphase eine entwicklungsabhängige Änderung im Verteilungsmuster aufweisen, sondern auch höhere Transkriptzahlen im Atrium im Vergleich zum Ventrikel vorzufinden sind. Diese Ergebnisse wurden durch funktionelle (MEA) Studien unterstützt, die in isolierten pränatalen Cav2.3(-|-) Herzen nicht nur einen erhöhten Variationskoeffizienten, sondern auch Störungen der kardialen Erregungsausbreitung zeigten. Telemetrische EKG-Aufzeichnungen von Cav2.3(-|-) Mäusen konnten weiterhin belegen, dass auch in adulten Tieren Arrhythmien vorliegen, die sowohl Störungen der atrialen Erregung, der AV-Überleitung und der ventrikulären Erregungsausbreitung beinhalten. Die zeitbasierte Analyse der Herzfrequenzvariabilität machte deutlich, dass Cav2.3(-|-) Tiere nicht nur eine signifikante Erhöhung des Variationskoeffizienten, sondern auch der Herzfrequenz aufweisen. Mittels eines pharmakologischen autonomen Blocks stellte sich heraus, dass die erhöhte Herzfrequenz das Resultat eines erhöhten Sympathikotonus ist und auch die AV-Blockbilder waren nach autonomer pharmakologischer Denervation nicht mehr vorzufinden. Damit wurde, bestärkt durch weitere pharmakologische Injektionsexperimente, deutlich, dass Cav2.3 innerhalb des kardiovaskulären Systems sowohl intrinsisch-kardiale, als auch extrinsisch-autonome Aufgaben übernimmt. Die Untersuchung des sympathischen Astes des autonomen Nerven-systems zeigte überraschenderweise eine �Propranololresistenz� in Cav2.3(-|-) Mäusen im Vergleich zu Kontrolltieren, dessen zugrundeliegender Mechanismus und funktionelle Implikation noch ungeklärt ist. Die pharmakologisch induzierbare maximale Herzfrequenzbreite und die Herzreserve weisen eine deutliche Reduktion in Cav2.3(-|-) Tieren auf und müssen in ursächlichem Zusammenhang mit dem signifikant schlechteren Abschneiden Cav2.3 defizienter Mäuse im Laufradexperiment im Vergleich zu Kontrolltieren gesehen werden. Die vorliegende Arbeit stellt dar, dass Cav2.3 in Physiologie und Pathophysiologie des Herzen nicht nur im Erregungsbildungs- und Leitungssystem von Bedeutung ist, sondern auch eine wichtige Funktion bei der autonomen Transmission spielt. Da sich Cav2.3 Transkripte nicht nur im Maus- und Rattenherzen, sondern auch im Herzen großer Säuger (Hausschwein, Mensch) finden ließen, gewinnt Cav2.3 damit auch humanpathophysiologisch Relevanz. Zukünftige Patch-Clamp Studien müssen zeigen, welche Rolle Cav2.3 hierbei auf Einzelzellebene spielt