thesis

Isotopengeochemische Studien zur klimatischen Ausprägung der Jüngeren Dryas in terrestrischen Archiven Eurasiens

Abstract

In dieser Arbeit wurde die Umwelt- und Klimaentwicklung während des Spätglazials von ca. 15.000 - 10.000 Jahren BP in drei verschiedenen Regionen durch Analysen der lakustrinen Sedimentprofile des Meerfelder Maares, des Sacrower Sees und des Sihailongwan Maares untersucht. In zeitlich hoher Auflösung wurden geochemische und isotopische Parameter im Rahmen eines Multi-Proxie-Ansatzes bestimmt. Dabei wurden stabile Isotopenverhältnisse von organischem Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff sowie die Elementgehalte von organischem Kohlenstoff und Stickstoff ermittelt. Es konnte nachgewiesen werden, dass die spätglazialen Chronozonen des Bølling / Allerød, der Jüngeren Dryas und des Präboreals in den drei Untersuchungsräumen Westeifel (Meerfelder Maar), Brandenburg (Sacrower See) und Nordostchina (Sihailongwan Maar) gleichermaßen dokumentiert sind. Insbesondere die Jüngere Dryas ist in allen drei Archiven als Zeitabschnitt einer deutlichen Abkühlung charakterisiert. Zudem lassen sich für alle Archive erhöhte allochthone Sedimentbeiträge während der Jüngeren Dryas nachweisen, die auf eine lichtere Vegetationsbedeckung und vermutlich das Auftreten von Permafrost oder zumindest von im Winter gefrorenen Böden aufgrund extrem kalter Winter zurückzuführen sind. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass sich Sauerstoffisotopenverhältnisse besonders gut für die Rekonstruktion von Klimabedingungen in der Vergangenheit eignen, da sie direkt von klimatischen Steuergrößen abhängig sind. Zurückhaltend zu betrachtende Temperaturrekonstruktionen lassen eine Absenkung der gewichteten Jahresmitteltemperaturen während der Jüngeren Dryas in Mitteleuropa in der Größenordnung von ca. 4,5 - 6,5 °C vermuten. Aufgrund der Lage des Sihailongwan Maares im Grenzbereich des Ostasiatischen Monsunsystems und der randtropisch-außertropischen Westwinddrift konnte für diesen Raum keine Abschätzung von Temperaturveränderungen vorgenommen werden. Die Anwendung einer eigens optimierten Schwerezentrifugation zur Separation von Diatomeenvalven in Verbindung mit der "Online-Kopplung" der iHTR-Einheit an ein IRMS ermöglicht die Erstellung zeitlich hochaufgelöster d18OSiO2-Datensätze für künftige Studien. Die untersuchten Proxie-Parameter reagieren unterschiedlich schnell auf Variationen bzw. Veränderungen externer klimatischer Steuergrößen. Damit wurde verdeutlicht, dass eine Ableitung vergangener Umweltverhältnisse anhand von lakustrinen Sedimentarchiven nur auf der Basis eines Multi-Proxie-Ansatzes unter Berücksichtigung möglichst vielfältiger unterschiedlicher Variablen zuverlässig erfolgen kann. Durch einen detaillierten Vergleich der einzelnen Archive konnte gezeigt werden, dass die zeitliche Einordnung und Dauer der Jüngeren Dryas auf der West- und Ostseite des Eurasischen Kontinents im Rahmen der Datierungsgenauigkeit der jeweiligen Alters-Tiefen-Modelle mit ca. 12.650 - 11.600 Jahren BP keinen Unterschied aufweisen. Im Zusammenhang mit einer abgeleiteten starken Erhöhung der Saisonalität aufgrund extrem kalter Winter und relativ milder Sommer kann dies am besten durch eine ausgedehnte Wintereisbedeckung auf dem Nordatlantik während der Jüngeren Dryas erklärt werden. Dadurch kam es zu "sibirischen Winterverhältnissen" in Mitteleuropa und einer südwärtigen Verschiebung bzw. Neuorganisation atmosphärischer Zirkulationsmuster. Auf diese Art konnte das Signal des Klimaumschwungs vom wahrscheinlichen Ursprungsort im Nordatlantik mit wenig oder keiner Zeitverzögerung in weit entfernte Gebiete wie die ostasiatische Monsunregion fortgepflanzt werden. Die Wintereisbedeckung liefert gleichzeitig auch eine schlüssige Erklärung dafür, dass die Signale der Proxie-Parameter zu Beginn und Ende der Jüngeren Dryas in nordatlantisch geprägten Archiven abrupter reagieren als in Archiven, die vom Asiatischen Monsun geprägt sind. Die vorliegende Arbeit unterstreicht das große Potenzial lakustriner Sedimentarchive und isotopengeochemischer Methoden für eine verlässliche und zeitlich hochaufgelöste Rekonstruktion vergangener Klima- und Umweltbedingungen

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