Die Diplomarbeit befasst sich mit einem Aspekt der oftmals emotional aufgeladenen Debatte rund um das Thema der so genannten „traditionsbedingten Gewalt“ gegen Frauen. Die Kulturalisierung von Gewalt, welche das Thema der Arbeit darstellt, wird anhand der Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Zwangsverheiratung verdeutlicht. Es wird der Frage nachgegangen, mit welchen Argumentationsmustern die Kulturalisierung von Gewalt stattfindet und welche Vorstellungen über „andere“ damit verbunden sind. Vor allem die theoretische Beschäftigung mit Konzepten zu Gewalt, Kultur und Kulturalisierung stehen dabei im Zentrum. Es soll damit erreicht werden, Zwangsverheiratung als eine Form von Gewalt einzustufen und die Verknüpfung von Gewalt und Kultur, also die Kulturalisierung von Gewalt, zurückzuweisen.
Es wird verdeutlicht, dass der Fokus auf Kultur bei der Thematisierung von Gewalt auch paradoxe und problematische Folgen haben kann. So kann die Debatte auch zu einer Stigmatisierung und Abwertung von Gruppen beitragen und die Grenzziehung zwischen „uns“ und den „anderen“ intensivieren. Stehen gesetzliche Maßnahmen, die Einwanderung, Aufenthalt und Kriminalisierung von Zwangsverheiratung betreffen im Vordergrund, ohne gleichzeitig Ressourcen für Gewaltschutzeinrichtungen zu fördern, ist dies dem Othering von MigrantInnen zuträglich. Strukturelle Ursachen und relevante Machtverhältnisse zwischen Mehrheiten und Minderheiten, welche die Aufrechterhaltung und das Entstehen von Gewalt ermöglichen, geraten bei diesem Diskurs gleichzeitig aus dem Blickfeld. Es ist daher für die Beschäftigung mit Zwangsverheiratung, welche eine Verschiebung der Perspektive zum Ziel hat, vor allem ein intersektionelles Verständnis von Gewalt hilfreich. Dieses ermöglicht neben dem ungleichen Geschlechterverhältnis noch weitere für die Thematik wesentliche Ungleichheiten sichtbar zu machen.
Exemplarisch soll die Debatte um Zwangsverheiratung anhand ausgewählter politischer Diskussionsbeiträgen seit dem Jahr 2006 verdeutlicht werden. Es wird dabei nachgefragt, ob es auch in Österreich zu einer Kulturalisierung von Gewalt gekommen ist.
Resümierend kann festgehalten werden, dass der Fokus auf vermeintlich „kulturelle Aspekte“ für die Bekämpfung von Gewalt kritisch hinterfragt werden muss, da dabei die Gefahr besteht einen xenophoben Diskurs zu unterstützen.This thesis deals with a highly emotional aspect of the so-called “traditional violence against women” debate. The culturalisation of violence, which is the issue of the thesis, will be exemplified by the debate concerning the phenomenon of arranged marriage. The main question focuses on the patterns of argumentation in the discussion about culturalisation of violence as well as on the perception of “others” connected to it.
The thesis uses theoretical approaches to concepts of violence, culture and culturalisation. This theoretical debate is at the same time the main focus of attention of the thesis. The aim is to categorise arranged marriage as a form of violence and simultaneously to reject the classification of violence as part of culture.
The author points out that a focus on culture within the discussion of violence may lead to paradoxical and problematic consequences. This kind of discussion can contribute to stigmatisation and degradation of the various groups and is used to polarise between “us” and “them”.
If measures taken concentrate on aspects of immigration, residence and criminalisation of arranged marriage while neglecting the support of protection against violence, the othering of migrants may be a consequence. Structural reasons and power relations between majorities and minorities within the country enabling the generation and maintenance of violence become predominantly indistinct within the discourse. An intersectional understanding of violence is a useful tool when engaging in the topic of arranged marriage. It enables the uncovering of further relevant inequalities alongside unequal gender relations.
The debate on arranged marriage is illustrated by a selection of political discussions that have taken place since 2006. These will be used to investigate whether culturalisation of violence has taken place in Austria. The thesis concludes that the focus of alleged “cultural aspects” within the struggle against violence must be scrutinised, in order to avoid the support of xenophobic discourse