Im Zuge dieser Arbeit wurde eine Frage bearbeitet, welche mich bereits seit der Kindheit beschäftigte und die ich jetzt anhand des Wissens aus dem Studium der Translations-wissenschaften beantworten konnte: Als Südtiroler ist man stets mit den Sprachen Deutsch und Italienisch konfrontiert. Bereits im Kindesalter kristallisieren sich dabei oft interessante Konstellationen heraus, z.B. die Tatsache, dass Kinder deutscher Muttersprache oft Zeichen-trickserien in italienischer Sprache schauen, obwohl ihre Kenntnisse auf diesem Gebiet noch rudimentär sind. Daher ist die Frage naheliegend, inwiefern der kulturelle Transfer in translatorischen Prozessen im Allgemeinen und im Bereich der Audiovisuellen Translation im Besonderen von Relevanz für das Zielpublikum ist. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Südtiroler Sprachinsel gelegt, da diese sprachliche Konstellation einen interessanten Ansatzpunkt für Untersuchungen darstellt.
Die theoretischen Kapitel in der ersten Hälfte der Arbeit geben dabei das nötige Wissen: Kapitel 1 vermittelt dabei einen historischen Überblick über die Entwicklung des Übersetzens und der modernen Translationswissenschaft sowie der Filmsynchronisation. Dem historischen Kontext folge der kulturelle Kontext in Kapitel 2, welcher verschiedene Zugänge zu Kultur beschreibt und die Relevanz von Kultur bei translatorischen Handlungen aufzeigt. Nach diesen beiden allgemeinen Kapiteln wird in Kapitel 3 explizit auf die Audiovisuelle Translation (AVT) im Rahmen des Synchronisationsprozesses eingegangen, mit Fokus auf die translationsrelevanten Aspekte und deren Bedeutung bei der Synchronisierung. Im vierten und letzten Kapitel werden schließlich alle bisherigen Ausführungen anhand ausgewählter Ausschnitte aus der deutschen sowie italienischen Synchronfassung der japanischen Anime-Serie Sailor Moon (Intros, Dialogausschnitte) analysiert und verglichen. Neben diesen Untersuchungen wurden in einer Umfrage Fragen zur eben genannten Serie analysiert, um herauszufiltern, ob es signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern bzw. den Klassen Studenten/Nicht-Studenten der Translationswissenschaften gibt und ob durch den Südtiroler Kulturraum, der bekannt durch seine zweisprachige Konstellation ist, Unterschiede bei der Rezeption festzustellen sind.
Als Ergebnisse dieser Arbeit kann man festhalten, dass Kultur und translatorische Prozesse eine nicht zu trennende Symbiose bilden, dessen Bedeutung im Laufe der Zeit stetig zunahm und noch immer zunimmt. Dies wirkt sich natürlich auf die Audiovisuelle Translation aus, wo Aspekte wie der Dialog oder die Sprechstimmen großen Einfluss auf die Qualität des Endproduktes haben. Aus den Analysen und der Umfrage zu Sailor Moon konnten folgende interessante Erkenntnisse gewonnen werden: Auf Grund der gelungenen Auswahl der Sprechstimmen und eines flüssig sowie kohärent geschriebenen Dialog zeichnet sich die italienische Synchronversion vor allem auch durch die hervorragende kulturelle Angleichung aus. Die deutsche Synchronfassung weist in dieser Hinsicht noch einige Mängel auf, z.B. wirkt der Dialog nicht so flüssig wie der italienische Text, des Weiteren gibt es Potential bei der bildlichen Gestaltung des deutschen Intros. Animes wie Sailor Moon begeisterten sowohl männliche als auch weibliche Befragte. Dabei gehen Studenten der Translationswissenschaft sensibilisierter in eine solche Untersuchung, bringen sie doch einiges Vorwissen durch das Studium mit. Als wichtigste Erkenntnis dieser Arbeit kann festgestellt werden, dass die von Vielen angenommene Zweisprachigkeit in Südtirol nicht existiert: Die meisten Südtiroler leben in ihrem eigenen Kulturkreis, ohne die Vorzüge des anderen Kulturkreises in unmittelbarer Umgebung zu nutzen