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Le théâtre à l'aide du cinéma

Abstract

Das Zitat von André Bazin „Das Theater hilft dem Film“, ebenso wie der gesamte Text, in welchem dieses eingegliedert ist, „Théâtre et cinéma“, bilden den Anfang einer Auseinandersetzung mit dem Verhältnis der beiden Künste, Theater und Film, im Frankreich der 1950er und 1960er Jahre. 1951 verfasst, prägten dieser Text, sowie das gesamte filmkritische und filmtheoretische Werk Bazins eine Generation späterer Filmemacher, deren Nähe zum Film sich ebenfalls in der filmkritischen Auseinandersetzung bildete. Claude Chabrol, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette, Eric Rohmer und François Truffaut erteilten in den 1950er Jahren in ihren Artikeln in La Gazette du cinéma, Cahiers du cinéma oder Arts eine klare Abfuhr an das französische, zeitgenössische Kino, welches sich mit der Bezeichnung Cinéma de qualité schmückte. Dessen Perfektion, Redundanz und Inhaltslosigkeit wurden unter anderem unter dem Aspekt der Theater-Film-Beziehung beleuchtet und führten schnell zu einer definitiven Absage an die unreflektierte Anwendung theatraler Elemente im Film. Das Szenario, charakterisiert mit „du propre, du fini, du travail bien fait“ und die dadurch entstandenen Films de scénaristes, zu deren Realisierung der Regisseur einzig die Anweisungen des Drehbuchs befolgte, wurden als theatrales Erbe verurteilt: theatrale Dramaturgie, Dramatisierung nach theatralen Konventionen und künstliche Sprache. Im weiteren Produktionsprozess lehnten die fünf Kritiker die Fortführung von theatralen Strukturen in der Mise en scène ab. Verbunden war dies mit der Verweigerung theatraler Illusion und der Forderung nach Realismus, dessen Mittel sie in Profondeur de champ und Cinémascope fanden. Bazins Ideen aufnehmend, wurde ein bewusster, reflektierter Umgang mit Theatralität begrüßt – sei dies nun in Form inhaltlicher Adaption oder ästhetischer Strukturen –, solang das Medium und seine spezifische Sprache nicht verraten wurden. Als ab 1959 Chabrol, Godard, Rivette, Rohmer und Truffaut das Medium ihrer Kritik von Schrift zu Film wechselten, lässt sich auch über die folgenden Jahre hinweg eine Veränderung der Wahrnehmung von Theatralität im Film erkennen. PARIS NOUS APPARTIENT (1961) von Jacques Rivette, VIVRE SA VIE (1962) von Jean-Luc Godard und LA COLLECTIONNEUSE (1967) von Eric Rohmer bilden eine Auswahl, anhand deren unter ähnlichen Aspekten wie bei der schriftlichen Kritik das Verhältnis von Theater und Film untersucht wird: Das Szenario erfährt in der Nouvelle Vague eine Neuwertung, es integriert sich in den Produktionsprozess, den sie stetig reflektiert. Auf unterschiedliche Art und Weise – es reicht von sehr subtil und nuanciert bis offensichtlich und forciert – wird Theater als Element des Inhalts integriert. Inhaltliche Dramatisierung spielt mit inhaltlicher Distanzierung, theatrale Sprache mit realer Sprache. Körperliche Präsenz wird auf bildlicher Ebene in der Arbeitsweise gesucht, Theatralität verschreibt sich als Konstrukt dem Raum, ebenso wie dem Blick. Die Reflexion des Mediums ist ein wichtiger Beitrag zur Distanzierung in der Mise en scène, ebenso wie zur Realitätsbildung. Die Rolle des Zusehers und der Zuseherin ändert sich, Identifikation weicht Opposition, Passivität Aktivität. Im Zuge der Theorie des theatralen Realismus, wird die Wirklichkeit in den Mittelpunkt der filmischen Welt gerückt. Es vollzieht sich ein Einbruch von Theatralität im Film, den es alleinig als das Produkt der Reflexion zu bezeichnen gilt; darin integriert ist auch die frühere Ablehnung der Theatralität des Cinéma de qualité. Die Theorie Bazins wurde sowohl in der schriftlichen Kritik der 1950er Jahre, wie in der filmischen Kritik der 1960er Jahre immer wieder aufgegriffen, diskutiert und verteidigt, sie veranlasste Gegenpositionen einzunehmen und die eigene Haltung zu festigen. Die Ablehnung der Theatralität in den Kritiken der 1950er Jahre wandelte sich in ein Einlösen von Theatralität in den filmpraktischen Arbeiten der 1960er Jahre; alleinig der Bruch mit dem alten Verständnis schuf Raum für etwas Neues

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