unknown

Vom Opfer zur Ekstase oder das Geheimnis des letzten Augenblicks

Abstract

Ausgehend von den Begriffen der Überschreitung, Zerstörung und Verschwendung im Werk von Georges Bataille, wird eine Reihe von französischen Gegenwartsfilmen der letzten zehn Jahre in den Fokus einer thematischen und gestalterischen Untersuchung gerückt. Als Skandalwerke und Horrorfilme eingestuft, versuchen sie nach weit reichendem Konsens der Filmkritik, einzig jedes gesellschaftliche Tabu zu brechen und durch graphische Gewalt zu schockieren. Anhand einer Darstellung des Potlatsch Rituals indigener Völker nach der Studie von Marcel Mauss und der näheren Untersuchung von Batailles Werk Aufhebung der Ökonomie wird dargelegt, dass die in den Filmen dargestellte Gewalt möglicherweise in einem Zusammenhang mit systemimmanenten Gegebenheiten des auf Profitmaximierung ausgerichteten Kapitalismus stehen könnte. Hierbei liegt der Augenmerk auf dem Grundbedürfnis des Menschen nach Verschwendung von überschüssigen Waren, die er nicht zum Lebenserhalt notwendigerweise benötigt. Bataille ist der Ansicht, dass durch die Unterbindung dieses Verschwendungsbedürfnisses im protestantisch geprägten Europa aber auch in der kommunistischen Sowjetunion und anderen Staatsformen, die diesen Drang nach Verausgabung unterdrücken es notwendigerweise zu gewaltsamen Destruktionswellen kommen muss, da die angehäufte Energie sich früher oder später entladen müsse. Da in der westlichen Gesellschaft jeder Überschuss wiederum in den industriellen Prozess eingespeist wird, und auch der grenzüberschreitende Aspekt des sakralen Festes durch die Säkularisierung immer mehr ausgeschlossen wird, kommt es weiterhin auch innerhalb der Gesellschaft und selbst im Individuum selbst zu Energiestaus, die sich gewaltsam untereinander aber auch persönlich entladen müssen. Nach einer näheren Untersuchung der Charakterbeschreibung der in den Filmen behandelten Subjekte wird deutlich, dass die gegen sich selbst und untereinander ausbrechende Gewalt auf eine repressive Kultur zurückzuführen ist. Die Einbindung von Michel Foucaults Untersuchung der Disziplinierungen zur Wende der Moderne verdeutlicht diese Annahme, findet doch auf verschiedenen Ebenen eine Verdrängung des Exzesses und des Rausches zugunsten eines alles vereinnahmenden Überwachungsapparates statt. Diese heterogenen Elemente erklärt wiederum in Folge Bataille haben zwar auch solange sie in der Minderheit sind eine verstärkend homogene Funktion in der Gesellschaft, schüren allerdings stetig die Angst des Machtapparates, die Kontrolle über diese zu verlieren. Daher ist der Staat dazu geneigt, diese heterogenen, also Bedürfnisse des Individuums nach Entgrenzung und Verschwendung aus der Öffentlichkeit ins Individuum selbst zu verlegen, wo sich diese aufgrund der kollektiven Verdrängung destruktiv entladen. Anschließend werden noch anhand von 4 Detailuntersuchungen verschiedene Ausprägungen dieser Gesellschaftsphänomene aufgezeigt und somit den vormals als oberflächlich titulierten Werken ein durchaus tiefer greifender Gestaltungswille eingeräumt. Anhand genrespezifischer Formeln kann somit eine, weit über diese Gesetzmäßigkeiten hinausreichende und somit eher auf das Autorenkino verweisende, aussagekräftige Bestandsaufnahme der Gesellschaft beschrieben werden

    Similar works