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Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit an der Schnittstelle zwischen Politik und Recht

Abstract

Die vorliegende Arbeit versucht, die Entwicklung und Verbreitung von Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit in der Form der richterlichen Normenkontrolle zur Sicherung des Vorrangs der Verfassung zu klären und systemtheoretisch zu begründen. Dazu wird im ersten Teil untersucht, welche historischen Brüche zur Entstehung moderner Verfassungen und der Verfassungsgerichtsbarkeit führten. Ausgehend von den ursprünglichen Begriffsinhalten der Worte „Verfassung“ und „Konstitution“ als Zustandsbeschreibungen wird die Bedeutungsveränderung hin zu einem normativen Begriff in der englischen Verfassungsgeschichte aufgezeigt. Anhand der amerikanisch-französischen Doppelrevolution werden folgende Voraussetzungen der modernen Verfassung überprüft: Der moderne Staat, das neuzeitliche Bürgertum als Träger der Revolution und der leitenden Ordnungsvorstellung der Trennung von Staat und Gesellschaft sowie die Revolution als Bruch mit den bestehenden Herrschaftsverhältnissen. Die Lehre des Widerstandsrechts und der Gewaltenteilung werden als Grundpfeiler der Verfassungsgerichtsbarkeit diskutiert und anschließend die Entwicklung und Verbreitung des amerikanischen und des österreichischen Modells der Verfassungsgerichtsbarkeit nachgezeichnet. Im zweiten Teil wird anhand der Systemtheorie Niklas Luhmanns die Verfassung und die Verfassungsgerichtsbarkeit mit der Ausdifferenzierung funktional-differenzierter Systeme, welche die moderne Gesellschaft charakterisieren, begründet: Die Verfassung bietet dem politischen System und dem Rechtssystem die Lösung ihrer Selbstreferenzprobleme und ist der Schlussstein ihrer Ausdifferenzierung. Nur durch die Verfassung kann die unabhängige Funktion der Systeme gewährleistet werden. Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist dabei (sowohl im österreichischen als auch amerikanischen Modell) eine notwendige Einrichtung im Rechtssystem und kann das System der Politik nur irritieren, aber nicht lenken.This thesis elaborates on the establishment of constitutions and judicial review in general and from the perspective of Luhmann’s systems theory. The first part reconstructs the original meaning of the term “constitution” and depicts its development up until the modern understanding of “constitution”, as it was established in the Franco-American revolution. The modern state, the “bourgeoisie” representing the revolution and the ideals of classical liberalism (limited government and liberty of individuals) and overcoming the existing modes of power are also discussed as the prerequisites of modern constitutions. The origins of the idea of judicial review can be traced in the means to safeguard higher law as it was laid down in the right to resist and the idea of the separation of powers. The evolution of the development of the American system of judicial review and the Austrian system is then explained. The second part explains the evolution of the constitution and judicial review by the functional differentiation which dominates modern society. The constitution is observed as the compulsory structural coupling between the political system and the system of law which completes their differentiation. The constitution guarantees the independence of each system. The judicial review is thereby a necessary practice within the system of law

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