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Die Verbreitung von Shocking News

Abstract

1. Untersuchungsgegenstand Bereits am 11. September 2001 war klar, dass die Terroranschläge in den USA eine historische Bedeutung haben. Medien weltweit reagierten rasant und umfassend auf dieses Extremereignis. Auch die Rezipienten wichen von ihren gewohnten Mediennutzungsgewohnheiten ab, um sich so gut wie möglich über die Vorkommnisse zu informieren. Die Nachrichten über die Terroranschläge verbreiteten sich innerhalb kürzester Zeit und bereits nach wenigen Stunden gab es in der westlichen Welt fast niemanden mehr, der davon noch nicht erfahren hatte. Aber auch die Nachrichten über die weiteren Terroranschläge in London wurden enorm schnell in Umlauf gebracht. Die sehr rasche Übermittlung von Shocking News ist ein bereits bekanntes Phänomen der schnellen Nachrichtenverbreitung. Innerhalb kürzester Zeit war die halbe Welt über die verschiedensten Informationskanäle informiert – dabei spielte vor allem die interpersonelle Kommunikation eine tragende Rolle. Im Mittelpunkt der vorliegenden Diplomarbeit steht die Auswertung der bereits erhobenen Daten vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut INTEGRAL über die Nachrichtendiffusion in Österreich über die Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten und Großbritannien. Weiters wurde untersucht, welche Personengruppen sich welchen Medien usw. zugewendet haben. Dabei soll auch erörtert werden, ob beziehungsweise über welche Informationswege Nachrichten weitergegeben wurden. 2. Theorie Den theoretischen Hintergrund dieser Arbeit bildet die Diffusionsforschung. Es wird auf so genannte „News Diffusion“ Studien zurückgegriffen, wenn Informationsübertragungsfunktionen über das zwei– oder mehrstufige Modell Rezipienten erreichen. (…) Diese Nachrichtendiffusionsstudien überprüfen, aus welcher Quelle die Bevölkerung zunächst von einem bestimmten Ereignis erfährt. Ein typisches Merkmal dieser Analysen ist die Konzentration auf Ereignisse mit einem hohen Nachrichtenwert (vgl. Jäckel 1999, S. 114). Die Weiterentwicklung der Zwei-Stufen-Theorie der Massenkommunikation hat zur empirischen Analyse der Verbreitung von Information durch die Massenmedien geführt: Die Nachrichten-Diffusionsforschung (vgl. Bonfadelli 1999, S. 139). Die Diffusionsforschung beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Informationen, Nachrichten und Innovationen in einer Gesellschaft verbreiten, welche Kanäle dabei genutzt werden und auf welche Weise sich neues Wissen in der Gesellschaft in verändertem Verhalten niederschlägt (vgl. Pürer 2003, S. 362). Weiters wird versucht, Faktoren zu identifizieren, die die Diffusionsgeschwindigkeit und die Diffusionsrate beeinflussen. Warum verbreiten sich manche Ereignisse schneller, andere langsamer? Und warum erreicht die Nachricht mancher Ereignisse nahezu alle Mitglieder eines sozialen Systems, von anderen erfährt wiederum nur ein Teil der Gesellschaft. Hierbei steht die Rolle der interpersonellen Kommunikation, die individuelle Mediennutzung und der Einfluss von Nachrichtenfaktoren im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses (vgl. Pürer 2003, S. 366). In dieser Arbeit wurden bereits durchgeführte Diffusionsforschungen zusammengefasst und mit den österreichischen Studienergebnissen zu der Verbreitung der Terroranschläge des 11. Septembers 2001 in den Vereinigten Staaten und des 7. Julis 2005 in London verglichen. Des Weiteren wurden die Ereignisse den österreichischen Mediennutzungsgewohnheiten gegenübergestellt. Da der begriffliche Hintergrund der Diffusionsstudien, auf Grund von verschiedenen Faktoren, noch wenig erforscht wurde, ist das Kernstück dieser Arbeit praxisorientiert. 3. Ziel/Fragestellungen/Hypothesen Das wesentliche Forschungsinteresse dieser Arbeit betrifft die Diffusionsverläufe der österreichischen Bevölkerung über die Ereignisse des 11. Septembers 2001 in den USA sowie des 7. Julis 2005 in London. 4. Forschungsdesign Zur Ermittlung der Ergebnisse wurden bereits erhobene Daten vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut INTEGRAL verwendet. Nur wenige Tage nach den beiden Terroranschlägen wurden in Österreich repräsentative Telefonbefragungen von Österreichern ab 14 Jahren von INTEGRAL durchgeführt. Ziel dieser Erhebung war es, das Informationsverhalten der österreichischen Bevölkerung im Zusammenhang mit den „Shocking News“ über die Terroranschläge zu ergründen. Im Zeitraum zwischen dem 19. September und 2. Oktober wurden 2001 Befragungen durchgeführt. Dabei wurden 995 Interviews im Rahmen des INTEGRAL September-Telebus erhoben. Vom 13. bis 21. Juli 2005 wurde wiederum eine Befragung von 505 Österreichern mit dem INTEGRAL Juli-Telebus über die Terroranschläge in London durchgeführt. Die Ergebnisse sind, wie bereits erwähnt, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 14 Jahren. Bei beiden Umfragen standen die Informationsquelle, die Informationsweitergabe, das Mediennutzungsverhalten, das Ausmaß der Berichterstattung und die persönliche Betroffenheit im Vordergrund. Zur Beantwortung der Forschungsfragen und zur Falsifizierung bzw. Verifizierung der Hypothesen wurden die bereits erhobenen Daten vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut INTEGRAL mittels SPSS 13 ausgewertet. Bei den untersuchten Daten ist jedoch zu beachten, dass es sich um ungewichtete Daten handelt. 5. Ergebnisse Die in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse wurden sowohl untereinander als auch mit Diffusionsstudien, zu den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 in den Vereinigten Staaten und Deutschland verglichen. Hierbei stellten sich nur teilweise Gemeinsamkeiten heraus, die hier kurz zusammengefasst dargestellt werden. Dieser internationale Vergleich konnte nicht bei jeder Fragestellung gemacht werden, da die österreichischen Studien bedeutend umfangreicher gestaltet wurden. Kritik der Datenerhebungen Um Diffusionsstudien vergleichen zu können, müssen einheitliche Rahmenbedingungen vorgegeben sein. Noch sind die Forscher weit davon entfernt. Sogar bei den beiden in Österreich durchgeführten Diffusionsstudien zum 11. September 2001 und zum 7. Juli 2005 gab es einige Unterschiede bei den Antwortmöglichkeiten. So wurde nach den Anschlägen vom 11. September gefragt, wer die Person war, die davon unterrichtet hat. Folgende Antwortmöglichkeiten standen zur Verfügung: Familienmitglied, Freund/Bekannter, Arbeitskollege und fremde Person. Die Antwortmöglichkeiten bei dem Fragebogen der Terroranschläge auf London wurden um ‚andere Person’ und ‚keine Angaben’ ergänzt. Natürlich verfälscht eine ungleiche Anzahl von Variablen das vergleichende Ergebnis. Aber auch zum Beispiel in Österreich wurde zwischen folgenden Beschäftigungsgruppen unterschieden: Vollberufstätige, Teilzeitbeschäftigte, derzeit Erwerbslose, Pension, Haushalt, in Berufsausbildung und Sonstige. Bei der Studie aus Deutschland wurde nur zwischen Voll- und Nichtvollberufstätigen unterschieden. Die Diffusionsforschung hat enormes Potential für zukünftige Studien. Mit einheitlichen Rahmenbedingungen könnten wissenschaftlich seriöse Aussagen über die Verbreitungsverläufe von Shocking News getroffen werden. Für künftige Diffusionsstudien ist daher Folgendes zu empfehlen: Fragestellungen und Antwortmöglichkeiten sollten möglichst genau formuliert sein und die Antwortmöglichkeiten sollten um alternative Vorschläge wie „keine Angaben“ oder „kann mich nicht mehr erinnern“ ergänzt werden. Weiters wären internationale Umfragen zum selben Thema – selbstverständlich mit denselben Fragestellungen wünschenswert. Durch diese internationalen Umfragen könnten die Diffusionsforschungen stark an Qualität gewinnen. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht könnte die Erforschung der erstmaligen Rezeption einer Nachricht ein weiterer interessanter Punkt sein, da Diffusionsstudien immer davon ausgehen, dass die Rezipienten die Nachricht als Ganzes erfahren. Jedoch stimmt dies nicht immer – oft erfahren die Probanden nur ein „Gerücht“ oder einen Teil von einer Nachricht und erst nach und nach klärt sich das Ereignis auf. Hierbei könnte erforscht werden, welche Information primär rezipiert wurde und wie viel Zeit vom ersten Gerücht bis zum Erfahren der vollständigen Nachricht verstrichen ist. Weitere Aspekte für künftige Forschungen könnten auch die Unterscheidungen von Shocking News und Good News sein. Ebenfalls könnte der Frage nachgegangen werden, ob die interpersonelle Kommunikation für die persönliche Aufarbeitung eines Ereignisses eine Rolle spielt und wie die Kommunikationsaktivitäten dabei erklärbar sind. Sowie: welche Rolle die persönliche Bedeutung für die Weiterverbreitung der Nachricht spielt. Außerdem: Welchem Medium wird das meiste Vertrauen entgegengebracht? Gibt es dabei Unterschiede bei Good und Shocking News? Obwohl sich präzisere Umfragen dieser Art sehr zeit- und kostenintensiv gestalten würden, wären diese aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht wertvoll und überaus aufschlussreich

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