thesis

Dictyostelium discoideum als Expressionssystem für die transmembrane Myosin-Chitinsynthase Ar-CS1 aus Atrina rigida (Mollusca, Bivalvia) - einem Modellorganismus der Biomineralisation - und Charakterisierung der Myosindomäne

Abstract

Chitin spielt möglicherweise eine funktionelle Rolle bei der Schalenentwicklung von Mollusken. Man vermutet, dass an der Grenzfläche zwischen den Mantelepithelzellen und der mineralisierenden Schale physikalische Kräfte auftreten. Es stellt sich die Frage, ob eine transmembrane Myosin-Chitinsynthase kolloidale Scherkräfte zwischen der wachsenden Schale und dem Cytoskelett der Mantelepithelzellen detektieren und ausgleichen kann, und damit die Assemblierung des Chitins und indirekt die Kristallisation von amorphen Calciumcarbonat beeinflusst werden könnte. Derzeit ist noch nicht geklärt, wie die hoch konservierten Myosin-Chitinsynthasen der Mollusken bezüglich der Familien der Myosine und der Glykosyltransferasen zu klassifizieren sind. Die Myosindomänen der Chitinsynthasen der Mollusken sind phylogenetisch von den bisher bekannten Myosinklassen getrennt. Die komplexe Transmembranarchitektur der Chitinsynthasen von Mollusken und Insekten wurde selbst bei Pilzen noch nicht beschrieben. Eine detaillierte Charakterisierung der Myosin-Chitinsynthasen von Mollusken am Beispiel der Ar-CS1 ist also eine wichtige Voraussetzung, um die Bildung von komplexen mineralisierten Strukturen, die auf Chitin basieren, wie z.B. Perlmutt verstehen zu können. In dieser Arbeit werden die ersten molekularen und biochemischen Studien der Myosindomäne der Ar-CS1 vorgestellt. Da die Übergangsregion niedriger Komplexität ionisch wechselwirken könnte, wurde die Myosindomäne der Ar-CS1 mit und ohne diese Region kloniert. Für die Untersuchung der Funktion einer mutmaßlichen Regulationsstelle wurde die Myosindomäne der Ar-CS1 auch durch ortsspezifische Mutationen verändert. Dictyostelium discoideum zeigte sich als geeignetes Expressionssystem. Die Verteilung der Myosindomänen der Ar-CS1 innerhalb der D. discoideum-Zellen wurde mittels Immunfluoreszenztechniken untersucht. Alle Varianten der Myosindomänen der Ar-CS1 waren im Cytoplasma lokalisiert. Standardreinigungsprotokolle für Myosine waren im Falle der Myosindomäne der Ar-CS1 nicht erfolgreich. Prinzipiell gelten die aus dem Cytoskelett extrahierten Myosindomänen als funktionell. Es zeigte sich, dass die Myosindomäne nur in Gegenwart von Harnstoff oder Kaliumiodid, die vermutlich auf hydrophobe Wechselwirkungen wirken, gelöst werden konnten. Folgendes Protokoll hat sich zur Aufreinigung rekombinanter Myosindomänen der Ar-CS1 bewährt: Zellen werden ohne Detergenz lysiert und mittels Ultrazentrifugation fraktioniert. Der lösliche Extrakt wurde gegen einen Puffer mit KI dialysiert und einer Ni-NTA-Chromatographie unterzogen. Ein 90 kDa Protein, das im Eluat Hauptbestandteil war, wurde mittels MALDI als Myosindomäne der Ar-CS1 identifiziert. Diese Arbeit mit der präparativen Isolierung der Myosindomänen legt den Grundstein für weitere biochemische und biophysikalische Untersuchungen der regulatorischen Funktionen und der Prozessivität und der Kraftentfaltung dieses molekularen Motors. Zweites Ziel dieser Arbeit war die Etablierung von D. discoideum-Zelllinien für die Untersuchung der von Ar-CS1 katalysierten Chitinsynthese in vivo ähnlich zu den Bedingungen in den Mantelepithelzellen. Bisher wurde in der Literatur noch nicht die heterologe Expression eines komplexen Membranproteins wie der Ar-CS1 beschrieben. Ar-CS1 mit einem Fluoreszenztag wurde in Ax3 orf+ sowie in Cellulossynthase defiziente dcsA- transformiert. In ersten Analysen wiesen die Ar-CS1 exprimierenden Zelllinien reproduzierbar Fluoreszenzsignale in zwei verschiedenen Mustern auf: über das gesamte Cytoplasma verteilt oder in globulären Strukturen akkumuliert. Ar-CS1-YFP kommt auch im Zellcortex und in Filopodien vor. Basierend auf diesen Beobachtungen kann man eine direkte Wechselwirkung mit den Aktincytoskelett annehmen. Zudem wurde Ar-CS1-YFP in Plasmamembranfraktionen nachgewiesen. Aktivität wurde in vitro in radioaktiv markierten Chitinpolymeren untersucht. Zudem wurden schwache Signale an der Oberfläche von in Gegenwart von UDP-GlcNAc kultivierten Zelllinien und in deren filtrierten Kulturüberstand mittels Calcofluor White und mit GFP-getaggten Chitinbindeproteinen detektiert. Dies deutet auf die Fähigkeit der Zelllinien, prinzipiell Chitinfragmente zu bilden, die vorwiegend in das Medium abgegeben werden, hin. AFM Studien der Oberfläche von Ar-CS1-YFP exprimierenden Zellen zeigte eine körnige Feinstruktur, die auf Wildtypzellen nicht beobachtet werden konnte. Insgesamt ist D. discoideum vermutlich für eine funktionelle Expression der Ar-CS1 geeignet. Gegenstand weiterer Studien bleibt, wie die Rate der Chitinsynthese reguliert wird und ob die Myosindomäne eher für die Ausbildung oder Detektion der Kräfte als für den Transport wie andere unkonventionelle Myosine dient. Die neuen Zelllinien, die in dieser Arbeit hergestellt wurden, sind ein vielversprechendes Modellsystem, um enzymatische Einblicke in chitin-abhängige Biomineralisationsprozesse zu gewinnen

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