Die Induktion und die Deduktion bilden die zwei zentralen Prinzipien des Lateinunterrichts, nach denen neue Grammatik erarbeitet werden kann. Bei Lateindidaktikern besteht traditionell der Konsens, dass das induktive Verfahren dem deduktiven vorzuziehen sei. Diese einseitige Tendenz lässt sich aus lerntheoretischer Hinsicht durchaus rechtfertigen, da man bei der schüleraktivierenden induktiven Erarbeitung von einer höheren Aufmerksamkeitsintensität und einer tiefere Elaboration ausgeht.
Die empirische Untersuchung, die mit ca. 400 Gymnasiasten der Jahrgangsstufen 6-9 durchgeführt wurde, zeigt jedoch, dass die angenommenen Vorteile eines induktiven Vorgehens für den lateinischen Grammatikunterricht nicht bestätigt werden konnten. Hinsichtlich der fachlichen Kenntnisse erweist sich ein deduktives Vorgehen als erfolgreicher. Auch die motivationalen Vorteile kommen bei einer induktiven Erarbeitung nicht generell zum Tragen.
Letztendlich muss weiter geforscht werden, ob es sich bei einer gelenkten Entdeckung möglicherweise um eine noch erfolgreichere Alternative handelt oder ob der Aspekt der Variatio für die Schüler von größter Bedeutsamkeit ist oder ob die grammatischen Prinzipien überhaupt nicht den Einfluss haben, von dem man bisher ausgegangen ist