Entropieproduktion und Phasenübergänge fern vom Gleichgewicht mit Betonung feuchter granularer Materie

Abstract

In dieser Dissertationsschrift wird irreversible Dynamik untersucht. Es wird analytisch gezeigt, dass das jüngst entwickelte Fluktuationstheorem auf relativistische Dynamik erweiterbar ist. Die analytische Betrachtung nicht-relativistischer granularer Gase mit gebrochener Zeitumkehrsymmetrie zeigt dagegen, dass das Fluktuationstheorem durch große Fluktuationen verletzt wird. Dies wird durch Simulationen feuchter Granulate in getriebenen Zuständen bestätigt. Es wird gezeigt, dass das Theorem für kleine Fluktuationen weiterhin Bestand hat, wodurch frühere Bestätigungen in der Literatur durch ihren Messbereich erklärt werden. Es wird experimentell nachgewiesen, dass die Teilchenwechselwirkung in feuchten Granulaten hysteretisch ist durch die Bildung und das Reißen von Kapillarbrücken. Die gemessene Dissipation wird quantitativ durch die Abrisslänge und -energie der Brücken beschrieben. Auf dieser Basis wird für die Kinematik feuchter Granulate der Enskog-Faktor analytisch erweitert zu einem Satz von sechs Faktoren, die eine statistische Beschreibung der hysteretischen Wechselwirkung ermöglichen. Die Zulässigkeit einer statistischen und ferner hydrodynamischen Beschreibung ist das Ergebnis analytischer und numerischer Berechnungen der Kolmogorov-Sinai-Entropie, welche eine erhebliche Zunahme des dynamischen Chaos durch die Kapillarwechselwirkung in feuchten Granulaten zeigt. Auf dieser Grundlage wird die Zustandsgleichung feuchter Granulate analytisch hergeleitet und eine van-der-Waals-ähnliche Instabilität vorhergesagt. Diese wird in Simulationen und Experimenten nachgewiesen. In der Simulation führt diese Instabilität zum Aufbrechen von Kapillarbrücken, deren zeitliche Entwicklung analytisch in Molekularfeldnäherung berechnet wird mit dem Ergebnis quantitativer Übereinstimmung. Die experimentelle Bestimmung des kritischen Punktes der Instabilität ist in quantitativer Übereinstimmung mit der Theorie. Eine neue Methode zur Messung der Geschwindigkeitsverteilung in granularen Nichtgleichgewichtszuständen unter Anwendung des Mößbauereffekts wird vorgeschlagen. Eine erste Messung zeigt eine exponentielle Verteilung im granularen Fluid. Eine direkte Messung des globalen Zustands des dynamischen Kapillarnetzwerkes im feuchten Granulat wird durch Benetzung mit ionischen Flüssigkeiten durchgeführt. Dies ermöglicht, den Übergang feuchter Granulate vom festen in den fluiden Zustand im Volumen zu beobachten. Dadurch kann mit bislang unerreichter Präzision experimentell nachgewiesen werden, dass dieser Phasenübergang diskontinuierlich und hysteretisch ist. Weiter zeigen Numerik und Experiment, dass dieser Nichtgleichgewichtsübergang bei einer kritischen Beschleunigung der äußeren Anregung auftritt. Es wird ferner der Übergang feuchter Granulate vom fluiden in den gasförmigen Zustand in Experimenten und Simulationen gezeigt. In beiden Zugängen wird quantitativ nachgewiesen, dass dieser Übergang bei einer kritischen Geschwindigkeit der Anregung einsetzt, welche direkt aus der Kapillarenergie folgt. Fluid/Gas-Koexistenzen treten in Experimenten und Simulationen auf und werden analytisch als subkritische Instabilität des Energieflusses erklärt. Unter Anwendung der Zustandsgleichung werden räumliche Temperatur-, Dichte- und Dissipationsverteilungen berechnet. Ordnungsparameter werden gemessen und ein umfassendes Phasendiagramm der Nichtgleichgewichtszustände und Phasenübergänge feuchter Granulate wird erstellt

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