Beobachten versus Handeln: Kausale Bayes-Netze als psychologische Modelle kausalen Denkens

Abstract

Diese Dissertation geht der Frage nach, wie Menschen Vorhersagen über die Folgen von aktiven Interventionen in kausalen Systemen zu treffen, wenn sie diese Systeme zuvor nur passiv beobachtet haben. Die Theorie der kausalen Bayes-Netze (Spirtes, Glymour & Scheines, 1993; Pearl, 2000) stellt einen rationalen Ansatz zur Repräsentation von Kausalwissen dar und formalisiert den Unterschied zwischen passiv beobachteten Ereignissen ( seeing ) und identischen Ereignissen, die durch Interventionen aktiv erzeugt wurde ( doing ). Dadurch ermöglicht es der Formalismus, die Folgen von hypothetischen und kontrafaktischen Interventionen aus Beobachtungswissen abzuleiten. Alternative Theorien kausalen Denkens hingegen, die den Unterschied zwischen passiv beobachteten und aktiv erzeugten Ereignissen nicht berücksichtigen, generieren fehlerhafte Vorhersagen, wenn Beobachtungen und Interventionen unterschiedliche Implikationen haben. Die grundlegende Forschungsfrage der acht Experimente dieser Arbeit ist, ob Menschen die Folgen von hypothetischen und kontrafaktischen Interventionen aus Beobachtungswissen ableiten können, das in einem passiven Trial-by-Trial Lernverfahren erworben wurde. In Übereinstimmung mit der Theorie kausaler Bayes-Netze zeigte sich, dass die Versuchsteilnehmer überraschend gut darin waren, die Folgen von Interventionen aus Beobachtungswissen abzuleiten, und dass sie dabei auch die Struktur und die Parameter des beobachteten Kausalmodells einbeziehen. Zudem zeigen die Befunde, dass konfundierende Variablen bei den jeweiligen Vorhersagen adäquat berücksichtigt werden. Obwohl die Schlussfolgerungen der Versuchsteilnehmer insgesamt den Vorhersagen der Theorie kausaler Bayes-Netze entsprachen, zeigen die Befunde auch einige Randbedingungen auf. So hatten die Probanden zum Beispiel Probleme, zwischen den Implikationen von hypothetischen und kontrafaktischen Interventionen zu differenzieren. Insgesamt stützen die Ergebnisse klar die Theorie der kausalen Bayes-Netze als psychologisches Modell kausalen Denkens. Alternative Theorien kausaler Kognitionen, die die Unterschiede zwischen beobachteten und durch Interventionen erzeugten Ereignissen nicht repräsentieren, können die Ergebnisse der Experimente nicht erklären

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