Alle Zellen müssen ihr Erbmaterial verdoppeln und
dafür Sorge tragen, daß jede Tochterzelle einen kompletten Satz
des Erbguts vor der Zellteilung erhält. In Bakterien müssen die
Chromosomen organisiert und kompaktiert werden, während sie
gleichzeitig dynamisch sein müssen, um laufende zelluläre
Prozesse wie DNA Reparatur, Rekombination, Transktiption und
Replikation zu ermöglichen. SMC (Structural Maintenance of
Chromosome) Proteine bilden eine ubiquitäre Proteinfamilie, die
eine zentrale Rolle in verschiedenen Chromosomendynamiken
spielt. Das Hauptaugenmerk in dieser Arbeit ruht auf der
Charakterisierung der SMC Proteine und ihrer Partner aus
Bacillus subtilis. Genbanksuchen haben zu der Identifizierung
zweier Interaktionspartner des SMC Proteins geführt. Diese
Proteine, ScpA und ScpB, sind in Bakterien und Archaen
konserviert. Die Deletion des scpA oder des scpB Gens führte zu
einem der smc Deletionsmutante ähnlichen Phänotyp, d.h.
temperatursensitivem langsamen Wachstum (unterhalb 23°C),
dekondensierten Nukleoiden (zelluläre Struktur der Chromosomen)
und einem ausgeprägten Segregationsdefekt. Die gleichzeitige
Deletion der Gene erzeugte keinen veränderten Phänotyp, was
zeigt, dass alle drei Proteine im gleichen Aspekt der
Chromosomen-Kondensation und Segregation fungieren. Um ihre
Funktion in vivo zu untersuchen, wurden die Proteine in Zellen
mit Hilfe von voll funktionellen GFP Fusionen lokalisiert. Alle
drei Proteine bildeten diskrete Foci in den Zellen, einem bis
dato unbekannten Lokalisationsmuster, das sich dynamisch
während des Zellzyklus veränderte: zu Beginn des Zellzyklus
befanden sich die Foci in der Zellmitte, und nach der
Verdopplung des Focus wanderten die beiden Foci rasch
entgegengesetzt in Richtung der Zellpole. In diesen bipolaren
Foci verblieben die drei Proteine für den Rest des Zellzyklus.
Die Bildung des Proteinkomplexes konnte durch Fluoreszenz
Resonanz Energie Transfer (FRET) und durch Depletionsstudien
belegt werden. So konnte die Bildung der Foci nur in
Anwesenheit aller Proteine beobachtet werden, nicht jedoch in
Abwesenheit eines der drei Proteine. Die spezifische
Lokalisierung des SMC Komplex hing auch von fortlaufender DNA
Replikation ab, von zellulärer Gyrase Aktivität (d.h. von der
Struktur der DNA), sowie von der ATPase-Aktivität von SMC. Die
Überproduktion von SMC führte zu einer Über-Kondensation der
Nukleoide, wobei die Lokalisation des SMC Komplexes erhalten
blieb, was darauf hin deutet, daß die beobachteten Foci aktive
Kondensationszentren darstellen. Weiterhin zeigten die Proteine
des SMC Komplex wachstumsabhängige Expression. SMC und ScpB
waren nur in wachsenden Zellen vorhanden, und wurden rasch beim
Übergang in die Statonärphase abgebaut. Die Analyse der RNA
Mengen in verschiedenen Wachstumsphasen durch Primer
Extensionsanalyse zeigte, daß das smc Transkript im Übergang
zur Stationärphase nicht abnimmt. Diese Experimente zeigten
einen bisher nicht identifizierten smc Promotor auf, und
erbrachten den Nachweis, daß SMC posttranskriptionell reguliert
wird. Die smc, scpA, und scpB Deletionsmutanten wiesen
ebenfalls eine ausgeprägte Sensitivität gegenüber Mitomycin C
(MMC) auf, welches Doppelstrangbrüche (DSBs) in die DNA
einführt. Demnach wird der SMC Komplex ebenfalls für die
Reparatur von DSBs benötigt. Weiterhin wurde die Funktion des
SMC Proteins YirY untersucht, welches homolog zum DNA Reparatur
Protein SbcC aus Escherichia coli ist. Die yirY Deletion führte
ebenfalls zu einer deutlichen Sensitivität zu MMC, was eine
Rolle in der DSB Reparatur belegt. In MMC behandelten Zellen
bildete YirY Foci auf der DNA, welche aktive DSB
Reparaturzentren darstellen könnten. In Gegensatz dazu waren
die anderen Proteine aus dem gleichen Operon, AddA, AddB, and
SbcD überall in den Zellen vorhanden und bildeten keine
speziellen Strukturen, was darauf hindeutet, daß SbcC und AddAB
in verschiedenen Reparaturwegen fungieren. Die subzelluläre
Lokalisation der Topoisomerase IV Untereinheiten ParC und ParE
wurde ebenfalls in dieser Arbeit beleuchtet. ParC lokalisierte
auf dem gesamten Nukleoid, ganz im Gegenteil zu einer früheren
Studie, in der ParC ausschließlich in der Nähe der Zellpole
vorhanden war, wonach ParC eine spezialisierte Rolle bei der
Dekatenierung von Chromosomen zugesprochen wurde. Durch
Überproduktion von ParC und ParE wurden die Nukeloide noch
stärker kompaktiert, was zusammen mit der Lokalisierung eine
generelle Rolle in der Chromosomenkompaktierung belegt.
Insgesamt läßt sich schlußfolgern, daß die Lokalisation von
Proteinen, die an der Chromosomensegregation, DNA Reparatur und
Translation beteiligt sind, ein wesendlich definierteres Bild
der räumlichen Funktion der Proteine in lebenden Bakterien
erbrachte