Harninkontinenz (HI) als Folge eines nicht ausreichenden Verschlussmechanismus der
Harnröhre (urethrale Sphinkterinkompetenz (USMI)) oder einer gestörten Speicherfunktion
der Blase ist eine gefürchtete Nebenwirkung der Kastration bei Hündinnen. Das Risiko für HI
wird von Faktoren wie Rassezugehörigkeit, Körpergewicht und Zeitpunkt der Kastration
beeinflusst. Typisch ist der Harnverlust im Liegen, der im Mittel 2.8 Jahre nach Kastration
erstmals auftritt. Die Diagnose wird mittels Ausschlussverfahren gestellt, wobei insbesondere
eine gezielte Anamnese sehr hilfreich ist. Ziel der Therapie ist es, den Verschlussdruck der
Harnröhre und/oder die Blasencompliance zu erhöhen. In der Regel ist eine medikamentelle
Therapie erfolgreich, so dass eine chirurgische Intervention nicht notwendig ist. Neben der HI
werden als unerwünschte Folge der Kastration bei bestimmten Hunderassen auch
Fellveränderungen beobachtet. Die pathophysiologischen Mechanismen, welche durch die
Kastration ausgelöst werden und zur Abnahme des Harnröhrenverschlussdrucks, zu einer
veränderten Speicherfunktion der Harnblase sowie zu Fellveränderungen führen, sind bis
heute nicht vollständig geklärt. Neben der alten Hypothese einer Östrogendefizienz könnte die
nach Kastration veränderte Sekretion der übergeordneten Sexualhormone, FSH, LH und
GnRH eine Rolle spielen. Zur Therapie der kastrationsbedingten Harninkontinenz und der
Fellveränderungen nach Kastration wird ergänzend zu den a-Adrenergika, Flavoxat und
Estriol bzw. Estriol der Einsatz einer Depotformulierung eines kurzwirksamen GnRHAnalogons
beschrieben.
Schlüsselwörter: Kastration, Hündin, Harninkontinenz, Welpenfell, Gonadotropin