Zwei Haltungen zu den wichtigsten moralischen Fragen unserer Tage polarisieren einander derart, daß jenseits der herkömmlichen ideologischen Antithesen Verschiedenheit wie Versöhnbarkeit zweier Grundauffassungen von Politik und Geschichte stellvertretend aufleuchten.
So fasste im Jahre 1965 Hans Paeschke, Herausgeber der Kulturzeitschrift Merkur, einen dort erschienen Briefwechsel zusammen. Die zwei Haltungen stehen stellvertretend für die beiden Intellektuellen Hans Magnus Enzensberger und Hannah Arendt. Eine der wichtigsten moralischen Fragen dieser Tage war wohl, auch noch 20 Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs, die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und den dort geschehenen Massenmord an Millionen von Menschen. Doch welche Fragen könnte der Diskurs zwischen den beiden aufgeworfen haben, die noch nicht, in Folge der zahlreichen politischen, intellektuellen und gesellschaftlichen Debatten zu der damaligen Zeit, gestellt worden waren? Was waren die Hintergründe des Diskurses und die Motive Enzensbergers und Arendts dabei? Gab es wolmöglich nur eine kleine Meinungsverschiedenheit oder stellt der Diskurs eine wirkliche Kontroverse dar? Falls letzteres zutrifft, welches Moment scheidet die beiden voneinander