Problematisches Bewältigungsverhalten bei Patienten mit hoher emotionaler Diabetesbelastung

Abstract

Hintergrund: Rund 20% aller Diabetespatienten erleben eine erhöhte diabetesbezogene emotionale Belastung. Einige Studien weisen darauf hin, dass Patienten mit hoher diabetesbezogener Belastung durchschnittlich schlechtere Therapieergebnisse aufweisen. Die Ursachen dieser Zusammenhänge konnten jedoch bislang nur wenig geklärt werden. In dieser Studie wurde untersucht, inwieweit sich Patienten mit unterschiedlich starker Diabetesbelastung hinsichtlich spezifischer Verhaltensweisen im Rahmen der Krankheitsbewältigung unterscheiden. Methodik: 305 Diabetespatienten (Alter=44±14J; 52% weiblich; BMI=29±7kg/m2; 66% Typ 1; Diabetesdauer=14±10J; 95% mit Insulin; HbA1c=8,7±1,7%) wurden mit Fragebögen zur diabetesbezogenen Belastung (Diabetes Distress Scale (DDS)) sowie zur Krankheitsverarbeitung (Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV-15)) untersucht. Der FKV-15 misst auf einer Skala von 1 („gar nicht“) bis 5 („sehr stark“) die Tendenz, die eigene Krankheit aktiv und zielorientiert anzugehen (Subskala „Aktives Coping“), mit dem Arzt zusammen zu arbeiten (Subskala „Compliance“), sich von der Krankheit abzulenken (Subskala „Ablenkung“), Krankheitsprobleme zu leugnen (Subskala „Bagatellisierung“) und/oder mit Depression und Rückzug zu reagieren (Subskala „Depressive Verarbeitung“). Mittels Mediansplit wurden die Patientengruppen mit niedriger (n=155) vs. hoher (n=150) Diabetesbelastung unterschieden. Die Gruppenunterschiede bzgl. der Merkmale der Krankheitsverarbeitung wurden mittels t-Test für unabhängige Stichproben überprüft. Ergebnisse: Der mittlere Belastungswert lag in der Patientengruppe mit niedriger Diabetesbelastung bei 1,8±0,4, was dem Normalbereich entspricht. In der Gruppe mit hoher Diabetesbelastung lag er mit 3,2±0,6 über dem Cut-Off-Wert (≥3) für eine klinisch bedeutsame Diabetesbelastung. Patienten mit hoher Diabetesbelastung zeigten im Vergleich zu Patienten mit niedriger Belastung signifikant weniger aktives Coping (M=3,3 vs. M=3,7, p<0,01), weniger Compliance (M=3,7 vs. M=4,0, p<0,001), mehr Ablenkung (M=2,9 vs. M=2,4, p<0,001), mehr Bagatellisierung (M=2,5 vs. M=1,7, p<0,001) und mehr depressive Verarbeitung (M=2,7 vs. M=1,9, p<0,001). Diskussion: In der vorliegenden Untersuchung konnten hohe Ausprägungen diabetesbezogener Belastung mit einem reduzierten aktiven Bewältigungsverhalten und einer geringeren Compliance in Verbindung gebracht werden. Außerdem zeigte sich bei Patienten mit hoher Diabetesbelastung eine Reihe von problematischen Verhaltensweisen (Ablenkung von der Krankheit, Bagatellisierung und depressive Reaktion), die vermutlich einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung im Wege stehen und möglicherweise die negativen Effekte einer hohen Diabetesbelastung auf den Therapieerfolg erklären können. Die Befunde legen nahe, dass sich emotionale Probleme mit dem Diabetes negativ auf die erfolgreiche Bewältigung der Krankheit auswirken können

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