Aspects of behavioral medicine in diabetes mellitus

Abstract

Diabetes mellitus kann als Modellerkrankung der Verhaltensmedizin bezeichnet werden, da wie bei kaum einer anderen chronischen Erkrankung, die Therapie und damit die Prognose der Erkrankung vom Verhalten des Betroffenen und dessen Selbstmanagement abhängt. Beim Selbstmanagement spielen nicht nur medizinische oder pharmakologische Faktoren im Sinne einer Medikamentenadhärenz eine Rolle, sondern vor allem kognitive, emotionale, motivationale und soziale Faktoren. Das Selbstmanagement bei Diabetes mellitus hat dabei Auswirkungen auf alle Bereiche der Verhaltensmedizin – Prävention, Diagnostik und Intervention. Die vorliegende kumulative Dissertationsschrift liefert zu jedem dieser Bereiche einen Beitrag, um das Verständnis von psychologischen Faktoren des Diabetes mellitus zu erweitern und die verhaltensmedizinische Versorgung der Menschen mit Diabetes zu verbessern: Der Diabetes und dessen Therapie haben, wie in Kapitel I dargestellt wird, einen nachhaltigen und prägenden Einfluss auf den Alltag der Betroffenen, da die Diabetestherapie ein ständiger Begleiter darstellt und mehrmals am Tag wichtige Therapieentscheidungen getroffen werden müssen. Häufig wird daher der Diabetes bzw. die Therapie als Belastung erlebt, was auf lange Sicht eine deutliche emotionale Beeinträchtigung darstellt und zu psychischen Komorbiditäten, wie beispielsweise einer erhöhten Depressivität, führen kann. In Kapitel II wird der diabetesspezifische Beitrag dieser Arbeit für die Verhaltensmedizin näher vorgestellt. In Kapitel III wird gezeigt, dass die vermehrte Wahrnehmung von diabetesspezifischen Belastungen – Diabetes Distress – tatsächlich die Inzidenz und damit neue Entstehung von depressiven Symptomen fördert. Es wird zudem aufgezeigt, dass bei den Menschen mit Diabetes, die bereits eine erhöhte depressive Symptomatik aufweisen, die Reduktion des Diabetes Distress auch den Rückgang der depressiven Symptomatik begünstigt. Durch die Vermeidung von erhöhtem Diabetes Distress wird eine Möglichkeit zur Prävention depressiver Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes mellitus vorgestellt; weiterhin kann aber auch eine Möglichkeit der Remission bestehender depressiver Symptome durch die Reduktion von Diabetes Distress demonstriert werden. Die Prävention bzw. Behandlung depressiver Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes mellitus ist von großer Relevanz, da die Depression den weiteren Krankheitsverlauf, bzw. die Prognose hinsichtlich Lebensqualität, Folgeerkrankungen und Mortalität, negativ beeinflusst. Für die Behandlung des Diabetes mit Insulin benötigt der Patient viel Wissen und spezielle Fertigkeiten, um die nicht mehr funktionierende automatische Steuerung des Blutzuckers selbst übernehmen zu können. Bei der intensivierten Insulintherapie muss der Patient, in Abhängigkeit von vielen verschiedenen Faktoren (u.a. aktueller Blutzuckerwert, zirkadiane Rhythmik des Insulinbedarfs, Auswirkungen von Sport, Alkohol, Stress etc.) selbst berechnen, wie viel Insulin er benötigt. Diese Insulindosis muss so abgestimmt sein, dass weder zu hohe Blutzuckerwerte durch zu wenig Insulin, noch zu niedrige Blutzuckerwerte durch zu viel Insulin entstehen. Weiterhin muss er bei jeder kohlenhydrathaltigen Mahlzeit die Menge der enthaltenen Kohlenhydrate bestimmen, um den mit der Aufnahme von Kohlenhydrate einhergehenden Blutzuckeranstieg mit Insulin zu kontrollieren. Die Fertigkeiten zur Insulindosiskalkulation und Kohlenhydratschätzung sind somit zwei essentielle Fertigkeiten zur erfolgreichen Durchführung der intensivierten Insulintherapie, die regelmäßig überprüft werden sollten. Allerdings besteht hinsichtlich einer psychometrisch validen Diagnostik von Defiziten in diesen Fertigkeiten eine große Lücke. In Kapitel IV wird die Erstellung und psychometrische Evaluation eines neuen Assessment-Tools vorgestellt. Mit diesem neuen Tool ist es möglich, die beiden Fertigkeiten reliabel und valide erfassen zu können, um daraus klinisch bedeutsame Ableitungen für Interventionen zur Verbesserung der Kohlenhydratschätzung bzw. Insulindosiskalkulation zu treffen. Das Assessment-Tool liefert damit einen wichtigen Beitrag zur diagnostischen Erfassung von zwei essentiellen Selbstmanagementfertigkeiten innerhalb der intensivierten Insulintherapie. Da Diabetes mellitus mehr ein Problem einer funktionierenden Selbstbehandlung als ein medizinischen Problem ist, stellt das Selbstmanagement des Patienten die Basis aller Interventionsbemühungen bei der Behandlung des Diabetes dar. Zu einem guten Selbstmanagement gehören neben ausreichendem Wissen, ausreichenden Fertigkeiten und Fähigkeiten, auch ein guter Umgang mit dem Diabetes und eine stabile Behandlungsmotivation. Psychoedukative Maßnahmen, wie die Patientenschulung, sind dabei Mittel der Wahl, um das Selbstmanagement der Patienten zu stärken. Die Schulung ist daher eine komplexe Intervention, da medizinische, pharmakologische, kognitive, motivationale, emotionale und soziale Faktoren berücksichtigt werden müssen. In Kapitel V wird im Rahmen einer dreistufigen verhaltensmedizinischen Versorgungsforschung zunächst dargestellt, dass es einen Bedarf an einer neuen effektiven psychoedukativen Intervention gibt. In einem zweiten Schritt wird die Wirksamkeit einer neu entwickelten psychoedukativen Intervention in einer methodisch streng kontrollierten, randomisierten Studie demonstriert. Abschließend werden die Ergebnisse einer Comparative Effectiveness Analyse vorgestellt, die zeigen, dass die Ergebnisse der kontrollierten Studie auf den klinischen Alltag übertragbar sind und damit die Effektivität der neuen psychoedukativen Intervention generalisierbar ist. Kapitel VI stellt abschließend heraus, dass neue präventive, diagnostische sowie interventionelle Aspekte bei Diabetes mellitus durch diese Arbeit herausgearbeitet werden konnten und dazu beitragen können, in Zukunft die verhaltensmedizinische Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus zu verbessern.Diabetes mellitus (DM) can be regarded as a prototypic model for behavioral medicine. In virtually no other chronic disease is the therapy and therefore the prognosis so closely related to the patients’ behaviors and self-management abilities. The important factors for self-management include not only medical and pharmacological compliance, but even more so cognitive, emotional and social aspects. Thus, self-management in DM has consequences for all areas of behavioral medicine: prevention, diagnosis and intervention. The current cumulative dissertation provides a contribution to all these areas in order to enhance the understanding of psychological factors of DM, and to improve the behavioral-medicine-based treatment of patients with diabetes. As shown in Chapter I, diabetes and its therapy have a sustainable and defining impact on daily life, as therapy can be seen as a constant companion that requires making vital decisions several times each day. Because of this, diabetes and its therapy are often experienced as a burden; as such, this may lead to marked long-term emotional impairments and even lead to psychological comorbidities, such as increased depression. Chapter II describes the diabetes-related contribution of this dissertation for behavioral medicine. Chapter III shows that elevated awareness of diabetes-specific stressors that lead to elevated diabetes distress indeed increases the incidence and development of depressive symptoms. Furthermore, it has been shown that a reduction of diabetes distress in people with already-elevated depressive symptoms will also foster a decline in depressive symptomatology. Prevention of increased diabetes distress is presented as a new opportunity to prevent depression in patients with DM; furthermore it can be demonstrated that the reduction of diabetes distress can lead to remission of extant depressive symptoms. The prevention and treatment of depression in people with DM is of great importance, as depression has a negative influence on the progression of the disease, portends a poor prognosis for quality of life, and increases long-term complications and mortality. To successfully treat diabetes with insulin, patients need to have extensive knowledge and specific skills in order to be able to control their formerly automatic regulation of blood glucose. For intensified insulin therapy, patients need to calculate the amount of insulin needed, which can depend on many different factors (i.e. current blood glucose level, circadian rhythm of insulin sensitivity, effects of physical activity, alcohol, stress etc.). This insulin-dose calculation must be accurate so that the patients will neither experience blood glucose levels that are too high due to lacking insulin, nor too low due to excess insulin. Additionally, for every meal that includes carbohydrates, the exact quantity of carbohydrates must be determined in order to control the resulting increase in blood glucose with insulin. The skills for insulin-dose calculation (called: bolus calculation) and for carbohydrate estimation are thus two essential requirements for a successful implementation of intensified insulin therapy that should be assessed regularly. However, psychometrically valid diagnostic of deficits regarding these skills are lacking. In Chapter IV, the development and psychometric evaluation of a new assessment tool is described. With this new tool, these two skills can be assessed reliably and validly, so that clinically relevant conclusions can be drawn for interventions to improve carbohydrate estimation and bolus calculation. Thereby, this tool provides an important contribution for the diagnostic assessment of two crucial self-management skills required for intensified insulin therapy. Because the problems associated with DM stem more from problems in self-treatment than medical issues per se, patients‘ self-management is the foundation for all intervention efforts in the treatment of diabetes. In addition to adequate knowledge, skills and abilities, proper handling of the disease and a stable treatment motivation are crucial for effective self-management. Psychoeducational measures such as patient education are the means of choice to strengthen the patients’ self-management. Patient education, however, is a complex intervention because medical, pharmacological, cognitive, motivational, emotional and social factors must be incorporated. In Chapter V the need for a new effective psychoeducative intervention is discussed as a first stage within the context of a three-staged approach of health service research. In the second stage, the efficacy of a newly developed psychoeducative intervention is demonstrated in a randomized controlled trial. Finally, a comparative effectiveness analysis is presented, demonstrating that the results of the controlled trial can be transferred to clinical practice and that the efficacy of the new psychoeducative intervention can be generalized beyond the research context. Finally, Chapter VI underscores the new preventive, diagnostic and interventional aspects for DM that were established in this dissertation. This chapter then characterizes the value of the dissertation’s contribution to improving behavioral-medicine-based treatment for people with DM

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