Der labordiagnostische Nachweis von Mikrosporidieninfektionen bereitet noch immer Probleme. Aufgrund ihrer geringen Größe und ihrer unspezifischen Färbeeigenschaften ist der lichtmikroskopische Direktnachweis schwierig. Der elektronenmikroskopische Nachweis ist aufwendig und insbesondere aus Stuhl wenig sensitiv. Nicht alle Mikrosporidien können in Zellkulturen vermehrt werden. Die beim Menschen häufigste Spezies, Enterocytozoon bieneusi, ist nicht kultivierbar. Molekularbiologische Nachweisverfahren wie die PCR sind ebenfalls aufwendig, noch nicht standardisiert und derzeit noch Speziallaboratorien vorbehalten. Zuverlässige immundiagnostische Tests mit ausreichender Sensitivität und Spezifität fehlen insbesondere für E. bieneusi, da aufgrund der fehlenden Kultivierbarkeit die für eine Testentwicklung nötige Menge und Reinheit des Antigens kaum zu erzielen ist. Gene, durch deren rekombinante Expression dieses Problem gelöst werden könnte, sind bisher noch nicht bekannt. Dabei wäre zum Beispiel die Entwicklung eines Koproantigen-ELISA zum Nachweis von E. bieneusi aus Stuhl von großem praktischem Nutzen. Ziel der hier vorgelegten Arbeit war es, die Voraussetzungen hierfür zu verbessern.
Als aussichtsreichstes Antigen wurde das so genannte „Sporenwandprotein“ (SWP) gewählt, der Hauptbestandteil der Sporenwand von Mikrosporidien. In eigenen Vorarbeiten konnte gezeigt werden, dass es allerdings wenig aussichtsreich ist, alleine anhand der bis dahin ausschließlich für Encephalitozoon cuniculi und E. intestinalis bekannten SWP-Gensequenzen PCR-Primer zur Amplifikation des homologen Gens aus E. bieneusi zu konstruieren. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit zunächst der bis dahin unbekannte, vollständige kodierende Bereich des SWP-Gens einer weiteren Encephalitozoon-Spezies, E. hellem, einschließlich benachbarter Genabschnitte auf Nukleinsäureebene charakterisiert. Durch die Vergleichsmöglichkeit mit dem SWP-Gen einer dritten Mikrosporidienart wurden die Voraussetzungen zur Konstruktion „universeller“ Primer, die homologe Abschnitte des wahrscheinlich auch in E. bieneusi vorhandenen SWP-Gens amplifizieren können, verbessert.
Ein weiteres Ziel, das in dieser Arbeit erreicht wurde, war bei dieser Charakterisierung ganz auf das Anlegen von Banken zu verzichten. Im Hinblick auf die fehlende Kultivierbarkeit von E. bieneusi und die damit verbundene Schwierigkeit, das Ausgangsmaterial für genomische oder cDNA-Banken (genomische DNA bzw. mRNA) in ausreichender Menge und Reinheit zu gewinnen, sollte nämlich bewiesen werden, dass es möglich ist, das SWP-Gen einer Mikrosporidienart alleine durch die Anwendung von PCR-Techniken bestimmen zu können.
Als Ausgangspunkt für die Charakterisierung des SWP-Gens aus E. hellem war die Amplifizierung eines ersten Genfragments. Dies konnte durch die Konstruktion so genannter „degenerierter“ Primer (Primermischungen) erreicht werden. Nach Kenntnis dieser ersten E. hellem-spezifischen DNA-Sequenz konnten anschließend Primer konstruiert werden, die vollständig zum SWP-Gen von E. hellem passten. In einer „klassischen“ PCR können jedoch nur DNA-Abschnitte zwischen bekannten Bereichen amplifiziert werden, da diese zur Konstruktion der beiden PCR-Primer bekannt sein müssen. Um dennoch die DNA-Sequenz aus dem ersten Genfragment nach beiden Seiten („upstream“ und „downstream“) verlängern zu können, wurden „inverse“ und „verankerte“ PCR-Reaktion als Spezialtechniken eingesetzt und durch Kombination mit bekannten Techniken („geschachtelte“, „halb-geschachtelte“ und „Touch Down“-PCR) optimiert.
Schließlich wurden in der vorliegenden Arbeit aus der Primärstruktur (Nukleotidabfolge) ableitbare Eigenschaften des SWP-Gens von E. hellem diskutiert. Durch Sequenzvergleich mit den bereits bekannten SWP-Genen aus E. cuniculi und E. intestinalis wurden zwei konservierte Loci identifiziert, die zur Konstruktion „universeller“ SWP-Primer vorgeschlagen werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde somit (a) das bis dahin unbekannte Gen des Sporenwandproteins aus E. hellem erstmals auf Nukleotidebene charakterisiert, (b) bewiesen, dass die Charakterisierung eines unbekannten SWP-Gens durch ausschließliche Anwendung von PCR-Spezialtechniken und ohne die Herstellung von genomischen oder cDNA-Banken möglich ist und (c) Methoden der „inversen“ und der „verankerten“ PCR in der Arbeitsgruppe etabliert und optimiert