In der vorliegenden Arbeit wurde die Funktion ausgesuchter Aminosäuren in der archaealen
Protonenpumpe Bacteriorhodopsin (BR) bei der Entstehung der zweidimensional kristallinen
Purpurmembran (PM) in Halobacterium salinarum untersucht. Mittels gerichteter Mutagenese
wurden aromatische Gruppen (W12, Y64, W80) gegen andere Reste ausgetauscht und die
mutierten Gene homolog exprimiert. Die Tryptophanmutationen hatten dabei eine drastische
Störung der PM-Bildung zur Folge, was auf wichtige Wechselwirkungen mit Lipidmolekülen
schließen ließ. Insbesondere der Tryptophanrest W80, der mit dem Phythanylrest eines Glykolipids
im Zentrum des Trimers wechselwirkt, zeigte seine essentielle Bedeutung für die
PM-Bildung. Eine Abhängigkeit der PM-Bildung von der vorhandenen BR-Menge und
Wachstumsphase konnte beim Wildtyp (WT) ausgeschlossen werden.
Gefrierbruchelektronenmikroskopische Aufnahmen von ganzen Zellen zeigten bei der
Mutante BR-W12I zahlreiche kleinere kristalline Bereiche auf der Oberfläche, während die
Zellen mit BR-W80I nahezu keine geordneten Flächen aufwiesen. Mit Hilfe von Rotationsdiffusionsmessungen
in Vesikeln und Elektronenspinresonanz(ESR)-Spektroskopie von spinmarkierten
Cysteinmutanten wurde eine Zunahme der Mobilität der markierten Seitenketten
und des mittleren Abstands der BR-Moleküle nachgewiesen. Lichtinduzierte Proteinvernetzung
zeigte eine deutliche Auflockerung der kristallinen Struktur der mutierten BR-Moleküle
in der Zellmembran, vor allem bei BR-W80I.
Die Funktion von BR als Protonenpumpe wurde durch die Mutationen nicht beeinträchtigt,
ebenso wurde keine durch die PM bewirkte höhere Photophosphorylierungsrate in den Zellen
nachgewiesen, weshalb eine Begünstigung dieser Prozesse als Erklärung für die in vivo-
Kristallisation ausgeschlossen wurde. Der Einfluß der Mutationen auf die spektroskopischen
Eigenschaften war vergleichsweise gering. Jedoch bot die Abnahme der Lichtadaptationsfähigkeit
und Zunahme des Anteils an inaktiven 9- und 11-cis-Retinalisomeren in lichtadaptierten
Proben eine plausible Erklärung für die Bildung der kristallinen PM. Die Bildung des
9-cis-Isomeren führt zur Spaltung der Bindung zwischen Retinal und dem Protein. Dies wurde
durch Belichtung von Zellen mit BR-W80I nachgewiesen, die innerhalb weniger Stunden ihren
aktiven Chromophor in BR verloren. Demnach wird durch die kristalline Anordnung von
BR die thermoreversible Isomerisierung von all-trans- zu 13-cis-Retinal so stark bevorzugt,
dass die funktionelle Stabilität des Proteins gewährleistet ist. Dies erklärt den evolutionären
Vorteil des kristallinen Form des BR als Purpurmembran.
Das Vorkommen von zweidimensionalen Kristallen von Halorhodopsin (HR) mit hexagonaler
Ordnung im Überexpressionsstamm D2 wurde mittels Gefrierbruchelektronenmikroskopie nachgewiesen. Eine ähnliche Anordnung wurde in 3D-Kristallen gefunden, die im Rahmen
dieser Arbeit durch Aufreinigung des Proteins und Kristallisation in kubischen Lipidphasen
erhalten wurden (Kolbe et al., 2000). Damit wurde gezeigt, dass in den 3D-Kristallen von HR
die gleiche Anordnung wie in der Zellmembran auftreten kann. Dies ließ auch auf eine physiologische
Relevanz des Palmitatmoleküls schließen, das im Innern des HR-Trimers in der
Kristallstruktur gefunden wurde. Die Affinität dieser Fettsäure zu HR wurde durch Markierung
der Zellen mit 3H-Palmitat untersucht. Aus diesen Experimenten ging hervor, dass die
Affinität der Palmitinsäure zu HR im Vergleich zu BR nicht höher ist. Eine BR-Mutante, die
in einer nichtkristallinen Anordnung vorlag, wurde als Kontrolle verwendet.
Es wurde ein Vektor konstruiert, der die Klonierung und homologe Expression von Genen für
lösliche Proteine als Fusionsprotein am C-terminus von BR ermöglicht. Dies wurde mit dem
Gen für das Ferredoxin von H. salinarum erfolgreich durchgeführt. Die rasche Aufreinigung
der entstandenen PM mittels Zentrifugation in einem Saccharosedichtegradienten führte zu
einer einfachen Abtrennung von einem Großteil anderer Proteine. Durch Einführung spezifischer
Proteaseschnittstellen wurde auch eine Spaltung des Fusionsproteins ermöglicht. Die
Koexpression löslicher Proteine mit BR in der PM bietet enorme Vorteile aufgrund der hohen
Expressionsrate des Bacterioopsingens (bop), der Induzierbarkeit des bop-Promoters, die einfache
Aufreinigung und der Möglichkeit zur Expression von Mutanten von essentiellen Genen
ohne deren vorherige Deletion. Die Eignung dieses Systems für die einfache Isolierung von
löslichen Proteinen als Fusionsprotein mit BR wurde im Rahmen dieser Arbeit bestätigt