Der ökologische Landbau zeichnet sich durch Anbauverfahren aus, die natürliche und ganzheitliche Regelungsmechanismen nutzen, um Schadorganismen an ihrer Ausbreitung zu hindern. Weil aber vorbeugende Maßnahmen aus vielen Gründen nicht immer ausreichen, müssen zusätzlich direkte Verfahren wie z. B. das Striegeln oder Abflämmen zur Unkrautbekämpfung eingesetzt werden. Nur bei unmittelbarer Bedrohung für die Kultur dürfen im Ökologischen Landbau gemäß Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 auch Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die in einer Positivliste in Anhang II dieser Verordnung genannt sind. Allerdings sind Herbizide dort nicht aufgeführt und darüber hinaus in den weiterführenden Richtlinien der meisten Anbauverbände ausdrücklich verboten.
Wie aber Praxiserfahrungen zeigen, können Unkräuter wie die Acker-Kratzdistel oder die Rauhaarige Wicke im Ökologischen Landbau eine große Gefahr für der Kultur darstellen. Der Einsatz von Herbiziden wäre in solchen Fällen hilfreich und könnte - entsprechende Restriktionen und Stoff-Eigenschaften vorausgesetzt, auch verordnungskonform sein.
Das deutsche Pflanzenschutzgesetz sieht Ausnahmen für Anwendungen zugelassener Pflan-zenschutzmittel vor, wenn sie im eigenen Betrieb hergestellt werden und für die Erzeugung von Produkten aus ökologischem Anbau angewandt werden sollen. Ihr Einsatz ist allerdings durch Restriktionen so weit beschränkt, dass die Grundregeln des Ökologischen Landbaus (Anhang I der Öko-Verordnung) eingehalten werden. So dürfen Mittel grundsätzlich nur bei unmittelbarer Bedrohung der Kultur, nur nach Genehmigung der Kontrollstelle oder nur in Fallen und Spendern eingesetzt werden. Trotz der umfangreichen juristischen Vorgaben entsprechen diese Pflanzenschutzmittel und ihre Eigenschaften nicht immer den Erwartungen und dem Leitgedanken des Ökologischen Landbaus. Es finden sich nämlich Mittel darunter, die entweder rein chemisch-synthetisch sind (Lecithin, Pyrethroide), oder die bekanntermaßen eine potenzielle Gefährdung für die Umwelt darstellen (Kupfer, Schwefel und Metaldehyd).
Traditionell werden bereits natürliche oder als harmlos eingestufte Stoffe zur Krankheits- und Schädlingsbekämpfung eingesetzt, die im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung als Herbizid geprüft werden (z. B. Pflanzenöle, hydrolysiertes Eiweiß). Im Ökologischen Landbau sind auch eine Vielzahl an Düngemitteln zulässig, die zumindest eine herbizide Nebenwirkung erzielen (Gülle, Kainit u. a.). Viele weitere einfache und vergleichsweise unbedenkliche Stoffe werden innerhalb der EU als Herbizide verwendet, sind aber im Öko-Landbau nicht zulässig (EDTA, Essigsäure, Harnstoff, Pelargonsäure, Weizen-Gluten u. a.). Im Vergleich zu konventionellen Herbiziden verfügen die genannten Stoffe zwar über positive ökotoxikologische Eigenschaften, häufig jedoch nicht über eine hohe Wirksamkeit und Selektivität.
Weitere mögliche natürliche Substanzen mit herbiziden Effekten sind allelopathische Stoffe und Mikroorganismen. Besonders pilzliche Erreger, auch Mykoherbizide genannt, befinden sich in einer Erfolg versprechenden Entwicklung, die durch den zusätzlichen Absatz im Öko-Landbau einen wünschenswerten Antrieb erfahren könnten.
Dem Nutzen einer möglichen Einführung von Öko-Herbiziden stehen jedoch, unabhängig von einer noch unklaren rechtskonformen Umsetzung, viele Nachteile gegenüber. Mit der Herbi-zideinführung würde sich der Ökologische Landbau weniger deutlich vom integrierten oder konventionellen Produktionssystem abgrenzen. Damit einher ginge ein Imageverlust, der sich schließlich in einem Rückgang der Nachfrage ökologisch erzeugter Produkte niederschlagen könnte