Baeumker, Clemens (1853-1924) (közrem.)

Kurz, Edelbert

Ludwig-Maximilians-Universität (München) Philosophische Fakultät (közread.)

German

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Philosophische Fakultät I. Sektion. LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN.iAuszug aus der Dissertation:Das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft beim hl. Thomas von Aquin.von P. E d elb ert Kurz.Referent: Geheimrat Prof. Dr. CI. B a u m k e r .Tag der mündl. Prüfung: 21. Dezember 1922.Zum Druck genehmigt: 25. Januar 1923.Professor Dr. Erich Becher, Dekan.Das Individuum ist da für die Gemeinschaft — — die Gemeinschaft ist da für das Individuum — — diese beiden Entgegensetzungen scheinen sich in Thomas zu schneiden. Jenes liegt ihm nahe durch Aristoteles, für dieses scheint er sich entscheiden zu müssen auf Grund der christlichen Wer­tung der Einzelseele. Nach de Wulf-Löwen (Revue Néosco- lastique de Philosophie, XXII, 88, Nov. 1920) ist Thomas unbedingter Individualist: „la collectivité existe pour le ser­vice de ses membres et non inversement“. Das wäre aber in der Frage eine volle Abwendung von Aristoteles, die bis­her nirgends aufgewiesen, auch von de Wulf nicht zu belegen versucht ist.Wir untersuchen die Frage nach sämtlichen Werken des hl. Thomas.Für Thomas wie für Aristoteles hat nur das Individuum substantielle Existenz. Jede Gemeinschaft ist nur eine „uni­tas ordinis“. Diese unitas ordinis enthält aber keinerlei Ent­scheidung über die sozial-ethischen Bindungen und Verpflich­tungen (gegen die Ansicht de Wulfs!), sie enthält einzig die Abgrenzung gegenüber der substantiellen Existenz, und selbst das nicht ganz konsequent. Das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft ist unabhängig davon zu untersuchen.Gemeinschaft ist nach Thomas der untergeordnete Son- derfall eines geistig verbundenen Ganzen innerhalb und nach Analogie des Ganzen des Universums. Das Individuum ist Teil, auf das Ganze bezogen „ut ad finemSo ist vor jedem Bedürfnis des Individuums schon im Paradies das „bonum commune“ ein Eigenes für sich. Nach dem Sündenfall kommt das Bedürfnis des Individuums nach Gemeinschaft dazu, aber nicht als Ursache der sozialen Bin­dung; das Bedürfnis, ist nur Zeichen der sozialen Naturan- läge.Zwischen bonum commune und bonum singulare besteht „formalis differentia“ (2 II 58,7 ad 2.). Das Gemeinwohl ist nicht Summe des Wohls der Einzelnen, sondern ist das Ganze gegenüber den Teilen.Der Einzelne ist dem Gemeinwohl verpflichtet wie der Teil dem Ganzen. Eine Grenze ergibt sich nicht aus den Rechten des Individuums, sondern ist nur abzunehmen aus dem Sinn und Zweck des Ganzen selbst. Der Teil ist für das Ganze da.Das gilt für das Individuum zunächst gegenüber dem Staat als der communitas perfecta. Soweit geht Thomas wört­lich und inhaltlich voll mit Aristoteles.Er geht über Aristoteles hinaus in der Aufzeigung einer noch höheren innigeren Gemeinschaft — — höher: sie läßt den Staat in seiner Selbständigkeit bestehen, bildet aber den höheren, alle Staaten umfassenden und auf sich beziehenden Ring der „unitas principalis“; inniger: sie fügt zu der äuße­ren Verbindung und Leitung, wie jede Gemeinschaft sie kennt, noch eine neue innere, nur das Bild des Organischen, cor­pus, reicht dafür aus (bei Thomas nie für den Staat gebraucht, immer nur für die Kirche!). Es ist die Kirche und ihre Fort­setzung, das Himmelreich; ein Ganzes mit der doppelten Be­ziehung der Teile auf das Gemeinwohl und auf das „bonum commune separatum“ (Aristoteles Metaph. XII 10, 1075 a). Diese höchste Gemeinschaft verpflichtet sich das Individuum wieder wie das Ganze den Teil.Der christliche Eigenwert der Einzelseele geht trotzdem nicht verloren. Das Gemeinwohl siegt immer über das Wohl des Einzelnen, „si accipiatur utrumque in eodem genere“ (1 II 113,9 ad 2.). Dieser wichtige, bisher unbeachtet gebliebe­ne Nebensatz hebt den Seelenwert des Individuums über die bloß irdischen Gemeinschaften hinaus. Nie steht das Indi­viduum so hoch, daß nicht eine verpflichtende Gemeinschaft über ihm wäre; aber sein Verpflichtetsein gegenüber den nicht höchsten Gemeinschaften bezieht sich immer bloß auf die Dinge, in denen es mit der betr. Gemeinschaft auf gleich und gleich steht. Und innerhalb der höchsten Gemeinschaft ist der Eigenwert des Einzelnen gesichert, weil jede Seele „pars principalis“ des Ganzen ist, sodaß Interesse des Gan-zen und Interesse des Einzelnen sich ohne Widerstreit ge­genseitig fordern und fördern.Thomas geht durchaus mit Aristoteles, führt die aristo­telischen Gedanken weiter im christlichen Bereich des rein Seelischen. Alle die prägnant anti-individualistischen Stellen bei Aristoteles kehren bei Thomas wieder. Die für unsere Frage entscheidenden Stellen der Kommentare zur aristoteli- lischen Ethik und Politik haben sämtlich ihre Parallelen in den sonstigen Werken des hl. Thomas, geben also Thomas eigene Ansicht wieder. Das Aristotelische und das Christli­che verbinden sich ihm.Thomas sagt also glatt: das Individuum ist für die Ge  ^meinschaft da! Innerhalb des beiderseits rein Irdischen für den Staat (staatsfeindliche Gedanken sind bei ihm nicht zu finden), den höchsten Belangen nach für Kirche und Him­melreich.Die Folgezeit hat vor lauter Kampf und Streit diese ein­fache klare und vermittelnde Stellungnahme des hl. Thomas nicht mehr gesehen. Und das wirkt bis heute nach.

Das Verhältniss von Individuum und Gemeinschaft beim hl. Thomas von Aquin

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Das Verhältniss von Individuum und Gemeinschaft beim hl. Thomas von Aquin

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