Phänotypisierung neurodegenerativer Erkrankungen am Beispiel der Alzheimer-Erkrankung

Abstract

Hintergrund: In einer alternden Bevölkerung stellt die Alzheimer-Erkrankung als häufigste Demenzform eine zunehmende Herausforderung für unsere Gesellschaft dar. Die Erkenntnisse aus der Forschung der letzten Jahrzehnte haben zu einem zunehmend besseren Verständnis der Pathomechanismen und zu zuverlässigeren Diagnosestellungen geführt. Dennoch werden atypische Verläufe und prodromale Stadien oft nicht erkannt. Um diese sicherer identifizieren zu können, ist neben der Entwicklung von paraklinischen Biomarkern die Kenntnis der typischen Präsentation des Krankheitsbildes, seiner selteneren Manifestationsformen und das Wissen um prodromale Symptome von Bedeutung. Ziel dieser Arbeit war es, unterschiedliche Ansätze der Phänotypisierung der Alzheimer-Krankheit und ihrer Vorstufen zu untersuchen. Methodik: 1. Phänotypisierung über Data Mining: Es wurde mittels eines halbautomatisierten Data Mining-Verfahrens eine Liste mit Symptom-beschreibenden Begriffen erstellt, die in mit dem MeSH-Schlagwort „Alzheimer Disease“ annotierten Abstracts häufiger vorkamen als im Rest der PubMed-Datenbank. 2. Klinische Phänotypisierung über neuropsychologische Testverfahren: Es wurden neuropsychologische Daten von 168 Teilnehmern der longitudinalen Beobachtungsstudie DELCODE des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) ausgewertet. Ergebnisse: 1. Nach der oben beschriebenen Methode konnte eine Liste mit 90 klinischen Beschreibungen der Alzheimer-Erkrankung erstellt werden, die neben typischen Symptomen der Alzheimer-Erkrankung auch seltene, z.T. nur kasuistisch beschriebene Symptome, beinhaltete. 2. Mittels neuropsychologischer Testverfahren ließen sich Patienten in einem leichtgradigen Stadium einer Alzheimer-Demenz von Gesunden sowie von Probanden in einem möglichen Prodromalstadium unterscheiden. Eine besonders gute Aussagekraft für die diagnostische Abgrenzung fand sich dabei für Verfahren, die das verbale und das figurale episodische Gedächtnis, die kognitive Flexibilität, die verbale Flüssigkeit und die psychomotorische Geschwindigkeit testen. Bei möglichen Vorstufen einer Alzheimer-Demenz erwiesen sich v.a. Tests des verzögerten Abrufs und des Wiedererkennens gelernter verbaler Informationen als zeitsensible Messinstrumente. Außerdem prädizierten sie am besten eine Konversion zur Alzheimer-Demenz im Folgejahr. Schlussfolgerung: 1. Mit Hilfe von Methoden des Data Mining ist es möglich, eine unvoreingenommene und umfangreiche Phänotypbeschreibung der Alzheimer Erkrankung vorzunehmen. 2. Spezielle neuropsychologische Testverfahren helfen, die Prodromalstadien einer Alzheimer-Erkrankung besser zu charakterisieren. Sie können zudem eine Konversion zur Alzheimer-Demenz anzeigen.Background: In an aging population, Alzheimer's disease, the most common form of dementia, represents an increasing challenge for our society. Research findings in recent decades have led to a better understanding of the pathomechanisms and to more reliable diagnoses. Nevertheless, atypical courses and prodromal stages are often not recognized. In order to be able to identify them more reliably, knowledge of the typical presentation of the disease pattern, its rarer manifestations and knowledge of prodromal symptoms is important in addition to the development of biomarkers. The aim of this study was to investigate different approaches to phenotyping Alzheimer's disease and its prodromal stages. Methods: 1. Phenotyping via data mining: A list of symptom-describing terms that occurred more frequently in abstracts annotated with the MeSH term "Alzheimer's disease" than in the rest of the PubMed database was compiled using a semi-automated data mining procedure. 2. clinical phenotyping using neuropsychological testing: Neuropsychological data of 168 participants of the longitudinal observational study DELCODE of the German Center for Neurodegenerative Diseases (DZNE) were analysed. Results: 1. 90 clinical descriptions of Alzheimer's disease could be compiled using the method described above, which included typical symptoms of Alzheimer's disease as well as rare symptoms, some of which were only described casuistically. 2. By means of neuropsychological testing procedures, patients in a mild stage of Alzheimer's dementia could be distinguished from healthy participants and participants with a possible prodromal stage. A particularly good diagnostic differentiation was found for procedures testing verbal and figural episodic memory, cognitive flexibility, verbal fluency and psychomotor speed. In prodromal stages of Alzheimer's dementia, tests of delayed recall and recognition of learned verbal information proved to be time-sensitive instruments. In addition, they best predicted a conversion to Alzheimer's dementia in the following year. Conclusion: 1. With the help of data mining methods it is possible to provide an unbiased and comprehensive phenotype description of Alzheimer's disease. 2. Neuropsychological test procedures can help to better characterize the prodromal stages of Alzheimer's disease. They can also indicate conversion to Alzheimer's dementia

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