Untersuchungen zum Einfluss des Rötelnvirus auf die MAPK-Signalwege ERK1/2, p38 und JNK, den NF-κB-Signalweg sowie die Apoptose in immortalisierten Zelllinien sowie in primären Endothelzellen
Das Rötelnvirus (RV) gehört zu den teratogenen Viren, die die Blut-Plazenta-Schranke passieren und den sich entwickelnden Fetus infizieren und schädigen können. Die dabei am ungeborenen Kind auftretenden kongenitalen Defekte werden als kongenitales Röteln-syndrom (CRS) bezeichnet. Obwohl sich eine Vielzahl von Studien mit der Pathogenese des RV beschäftigt haben, sind die molekularen Mechanismen, die die teratogene Wirkung des Pathogens verursachen, noch nicht aufgeklärt. Als Hauptgrund für die Teratogenität diskutieren die meisten Studien jedoch die Modifikation der Apoptose. Eine in der Arbeitsgruppe Mankertz durchgeführte Genexpressionsanalyse von RV-infizierten Endothelzellen fetalen und adulten Ursprungs zeigte die Beeinflussung des MAPK- sowie NF-κB-Signalwegs, die beide eine entscheidende Rolle bei der Regulation der Apoptose spielen (Geyer et al., 2016). Inwiefern diese Signalwege für die virale Replikation sowie für die RV-induzierte Apoptose von Bedeutung sind, ist bisher ungeklärt.
In dieser Arbeit sollte daher der Einfluss des RV auf die MAPK-Signalwege ERK1/2, p38 und JNK, den kanonischen NF-κB-Signalweg sowie die Apoptose in immortalisierten Zelllinien sowie in primären Endothelzellen fetalen und adulten Ursprungs näher untersucht werden. Im ersten Teil konnte nach Infektion der humanen Lungenepithel-Zelllinie A549 mit dem Wildtypstamm RV-Würzburg-12 oder dem Labor-adaptierten Stamm RV-HPV-77 die Aktivierung der MAPK ERK1/2, p38 und JNK beobachtet werden. Dies konnte auch in RV-Würzburg-12-infizierten Vero-Zellen nachgewiesen werden. Zudem induzierte die Infektion von A549-Zellen mit dem Wildtypstamm sowie dem Labor-adaptierten Stamm die Aktivierung des kanonischen NF-κB-Signalwegs und die Einleitung der Apoptose, was durch die vermehrte Expression des proapoptotischen Faktors PUMA sowie die erhöhte Aktivität der Caspasen-3/7 gezeigt werden konnte. Um den entsprechenden Signalweg im Kontext einer RV-Infektion in A549-Zellen genauer zu charakterisieren, wurden spezifische Inhibitoren für die drei MAPK sowie NF-κB eingesetzt. Dabei zeigte sich, dass in RV-infizierten Zellen durch die Hemmung des ERK1/2-Signalwegs mit Hilfe von U0126 die Expression des viralen E1-Proteins sowie das virale Wachstum verringert waren. Zudem war die Viabilität zu den späteren Zeitpunkten der Infektion reduziert und die Caspase-3/7-Aktivität, aber nicht die PUMA-Expression erhöht. Folglich induziert das RV die Aktivierung des proliferativen ERK1/2-Signalwegs für eine erfolgreiche Replikation und die Hemmung der Apoptose. Durch die Inhibition der RV-induzierten p38-Aktivierung mittels SB202190 nahm die Menge an viralem E1-Protein zu und das Wachstum des Virus war gesteigert. Außerdem verringerte sich die COX-2-Expression. Die Menge an PUMA sowie die Aktivität der Caspasen-3/7 waren hingegen erhöht. Die Aktivierung des p38-Signalwegs hemmt damit die RV-Replikation. Die Zunahme der Apoptose während der p38-Inhibiton könnte auf die Abnahme der RV-induzierten COX-2-Menge zurückgehen, da die Cyclooxygenase-2 den proapoptotischen Transkriptionsfaktor p53 bindet und inhibiert. Durch den Einsatz des JNK-Inhibitors SP600125 in RV-infizierten Zellen waren die Expression des viralen E1-Proteins und das virale Wachstum verringert. Außerdem wurde die Abnahme der RV-induzierten PUMA-Expression, Caspase-3/7-Aktivität und Ablösung von toten Zellen beobachtet. Somit ist der JNK-Signalweg entscheidend für die RV-Replikation und induziert die Apoptose. Durch die Hemmung des kanonischen NF-κB-Signalwegs mit Hilfe des NF-κB-Inhibitors SC75741 war das Wachstum des RV reduziert. Zusätzlich konnten eine Zunahme der Viabilität zu den späteren Zeitpunkten der Infektion sowie die Abnahme der RV-induzierten Caspase-3/7-Aktivität und die Ablösung der toten Zellen beobachtet werden. Damit ist der kanonische NF-κB-Signalweg für die Replikation des RV entscheidend und induziert ebenfalls die Apoptose. Im zweiten Teil konnte nach Infektion der fetalen Endothelzellen aus der Nabelschnur (HUVEC) mit dem Wildtypstamm keine Aktivierung der MAPK ERK1/2, p38 und JNK detektiert werden. Nichtsdestotrotz konnte eine starke basale ERK1/2-Phosphorylierung beobachtet werden. Durch die Infektion mit dem Labor-adaptierten Stamm war jedoch die Phosphorylierung von p38, aber nicht von ERK1/2 und JNK erhöht. In den adulten Endothelzellen (HSaVEC) war keine der drei MAPK nach der Infektion mit dem Wildtypstamm oder dem Labor-adaptierten Stamm aktiviert. Die Aktivierung des kanonischen NF-κB-Signalwegs in HUVEC nach Infektion mit dem Wildtypstamm oder dem Labor-adaptierten Stamm konnte durch die Zunahme der Phosphorylierung von IκBα, aber nicht von p65 nachgewiesen werden. In den RV-infizierten HSaVEC zeigte sich ebenfalls keine vermehrte Phosphorylierung von p65. Durch die Infektion mit dem Wildtypstamm oder dem Labor-adaptierten Stamm konnten in den HUVEC eine vermehrte PUMA-Expression und eine leicht erhöhte Caspase-3/7-Aktivität, die zu den späteren Zeitpunkten der Infektion immer geringer wurde, beobachtet werden. In den RV-infizierten HSaVEC war hingegen eine Verringerung der Menge an PUMA nachweisbar. Die Untersuchung der NF-κB-induzierten Apoptose-Inhibitoren A20, XIAP, cIAP1 und cIAP2 in RV-Würzburg-12-infizierten HUVEC zeigte, dass die Expression der vier zellulären Faktoren nicht verändert war. Nach Infektion der HUVEC mit dem Labor-adaptierten Stamm konnte hingegen eine erhöhte Expression von cIAP2, aber nicht von A20, XIAP sowie cIAP1 detektiert werden. Zur Charakterisierung der basalen ERK1/2-Aktivität bzw. der Aktivierung des NF-κB-Signalwegs in RV-infizierten HUVEC wurden U0126 bzw. SC75741 als spezifische Inhibitoren verwendet. Durch die Hemmung der basalen ERK1/2-Phosphorylierung in den RV-Würzburg-12-infizierten HUVEC nahmen die Menge an viralem E1-Protein sowie das Wachstum des RV ab. Zu den späteren Zeitpunkten der Infektion erhöhte sich zudem die Caspase-3/7-Aktivität und die Viabilität nahm ab. Damit ist die basale ERK1/2-Phosphorylierung in den HUVEC für die RV-Replikation entscheidend und wirkt der RV-induzierten Apoptose entgegen. Durch den Einsatz des NF-κB-Inhibitors SC75741 in den RV-infizierten HUVEC konnte das virale Wachstum reduziert werden. Außerdem konnten zu den späteren Zeitpunkten der Infektion eine Erhöhung der Caspase-3/7-Aktivität sowie eine Reduktion der Viabilität gemessen werden. Dadurch ist der kanonische NF-κB-Signalweg ebenfalls für die Replikation des RV entscheidend und wirkt der RV-induzierten Apoptose entgegen.
Letztlich konnte in dieser Arbeit das Verständnis über die Pathogenese des RV erweitert werden. Abhängig vom Zelltyp konnte der Einfluss des RV auf die MAPK-Signalwege ERK1/2, p38 und JNK, den kanonischen NF-κB-Signalweg sowie die Apoptose gezeigt werden. Zudem wurde die Bedeutung des jeweiligen Signalwegs für die virale Replikation sowie für die RV-induzierte Apoptose charakterisiert. Die identifizierten Unterschiede zwischen teratogenen Wildtypstamm RV-Würzburg-12 und dem nicht-teratogenen Labor-adaptierten Stamm RV-HPV-77 sowie zwischen den infizierten Endothelzellen fetalen und adulten Ursprungs könnten mögliche Ansatzpunkte zur Aufklärung der teratogenen Wirkung des Pathogens liefern. Aus den Vorarbeiten mit den verschiedenen Inhibitoren könnten sich zudem Ansätze zur Entwicklung einer antiviralen Therapie ableiten.Rubella virus (RV) is one of the teratogenic viruses that can pass the blood-placental barrier and infect as well as damage the developing fetus. The congenital defects occurring in the unborn child are called congenital rubella syndrome (CRS). Although a variety of studies have addressed the pathogenesis of RV, the molecular mechanisms that cause the teratogenicity of the pathogen have not yet been elucidated. However, most studies discuss the modification of apoptosis as the main reason for teratogenicity. A gene expression analysis of RV-infected endothelial cells of fetal and adult origin carried out in the Mankertz group showed the RV-dependent influence on MAPK and NF-κB signaling pathways (Geyer et al., 2016). Both play a crucial role in the regulation of apoptosis. However, how these signaling pathways are important for viral replication and for RV-induced apoptosis is completely unclear.
In this work the influence of RV on the MAPK signaling pathways ERK1/2, p38 and JNK, the canonical NF-κB signaling pathway as well as the apoptosis was examined in immortalized cell lines as well as in primary endothelial cells of fetal and adult origin. In the first part, the activation of the MAPK ERK1/2, p38 and JNK was observed after infection of the human lung epithelial cell line A549 with the wild-type strain RV-Würzburg-12 or the laboratory strain RV-HPV-77. This was also detected in RV-Würzburg-12-infected Vero cells. In addition, infection of A549 cells with the wild-type strain and the laboratory strain induced the activation of the canonical NF-κB signaling pathway and the initiation of apoptosis. The latter was detectable as increased expression of the pro-apoptotic factor PUMA as well as increased activity of the caspases 3 and 7. Specific inhibitors for the three MAPK as well as NF-κB were used to characterize the corresponding signaling pathway in the context of RV infection in A549 cells. It was shown that inhibition of ERK1/2 signaling pathway with U0126 reduced expression of viral protein E1 as well as viral growth in RV-infected cells. Moreover, viability was reduced at later time points of infection and caspase-3/7 activity but not PUMA expression was increased. Thus, RV induces activation of the proliferative ERK1/2 signaling pathway for successful replication and inhibition of apoptosis. Inhibition of RV-induced p38 activation by SB202190 increased the amount of viral protein E1 and viral growth. In addition, COX-2 expression was decreased and the amount of PUMA as well as the activity of caspases 3 and 7 was increased. The increase in apoptosis during p38 inhibition could be due to the decrease of RV-induced COX-2 level since cyclooxygenase-2 binds and inhibits the pro-apoptotic transcription factor p53. Application of the JNK inhibitor SP600125 in RV-infected cells reduced expression of the viral protein E1 and viral growth. Moreover, a reduction of RV-induced PUMA expression, caspase 3/7 activity, and dead cell detachment were observed. Thus, JNK signaling pathway is critical for RV replication and induces apoptosis. Inhibition of canonical NF-κB signaling pathway with NF-κB inhibitor SC75741 reduced growth of the RV. Additionally, an increase of cell viability at later time points of infection, a decrease of the RV-induced caspase-3/7 activity and a reduction of amount of dead cells were observable. Thus, the canonical NF-κB signaling pathway is crucial for RV replication and also induces apoptosis. In the second part, infection of endothelial cells from the umbilical cord (HUVEC) with the wild-type strain caused no activation of MAPK ERK1/2, p38, and JNK. Nonetheless, strong basal ERK1/2 phosphorylation was observed. However, infection of HUVEC with the laboratory strain increased the phosphorylation of p38, but not of ERK1/2 and JNK. In endothelial cells of adult origin (HSaVEC), none of the three MAPK was activated after infection with wild-type strain or laboratory strain. Activation of the canonical NF-κB signaling pathway was detectable after infection of HUVEC with wild-type strain as well as laboratory strain. This was demonstrated by the increase in phosphorylation of IκBα but not of p65. RV-infected HSaVEC also showed no increased phosphorylation of p65. Infection of HUVEC with wild-type strain or laboratory strain resulted in an increased PUMA expression and a slightly increased activity of the caspases 3 and 7, which decreased at later stages of infection. In RV-infected HSaVEC, however, a reduction in the amount of PUMA was detectable. Examination of the NF-κB-induced apoptosis inhibitors A20, XIAP, cIAP1, and cIAP2 in RV-Würzburg-12-infected HUVEC revealed that the expression of the four cellular factors was not altered. However, an increased expression of cIAP2, but not of A20, XIAP and cIAP1 was detected in HUVEC after infection with the laboratory strain. To characterize the basal ERK1/2 activity and the activation of the NF-κB signaling pathway in RV-infected HUVEC, U0126 and SC75741 were used as specific inhibitors, respectively. Inhibition of basal ERK1/2 phosphorylation in RV-Würzburg-12-infected HUVEC resulted in a reduction of the amount of viral protein E1 and of the viral growth. At later time points of infection, caspase-3/7 activity increased and cell viability decreased. Thus, basal ERK1/2 phosphorylation in HUVEC is crucial for RV replication and counteracts RV-induced apoptosis. In the RV-infected HUVEC, treatment with NF-κB inhibitor SC75741 decreased the viral growth. In addition, an increase of caspase-3/7 activity and a reduction of viability were measured at later time points of RV infection. Thus, the canonical NF-κB signaling pathway is also crucial for the replication of the RV and counteracts RV-induced apoptosis.
All in all, the knowledge about the RV pathogenesis was extended. Depending on the cell type, the influence of RV on the MAPK signaling pathways ERK1/2, p38 and JNK, the canonical NF-κB signaling pathway and apoptosis were shown. In addition, the importance of the four signaling pathways for viral replication and for RV-induced apoptosis was characterized. The identified differences between the teratogenic wild-type strain RV-Würzburg-12 and the non-teratogenic laboratory strain RV-HPV-77 as well as between the infected endothelial cells of fetal and adult origin could provide a possible starting point for elucidating the teratogenic effect of the pathogen. Preparations for the development of antiviral therapy could also be derived from the preliminary work with various inhibitors