Female rape patients: Characteristics of 850 cases treated at the Charité and current care situation at German university gynaecological clinics

Abstract

Einleitung: Laut Prävalenzstudien erleben 5-6% der Frauen in Europa eine Vergewaltigung (lat. Stuprum). Vergewaltigungen haben schwerwiegende Folgen für Betroffene. Die Erstversorgung hat erheblichen Einfluss auf den gesundheitlichen Zustand Betroffener und durch forensische Bestandteile auf ggf. folgende strafrechtliche Verfahren. Zielsetzung: Grundvoraussetzung für die gezielte Ausrichtung der Versorgung sind Daten zu Umständen von Stuprum-Fällen. Daher erfolgte im ersten Teil der Arbeit die Erhebung von Charakteristika von mutmaßlichen Stuprum-Fällen und Aspekten der medizinischen Versorgung. Im zweiten Teil wurde vor dem Hintergrund fehlender Studien die Versorgungssituation für weibliche Stuprum-Betroffene an deutschen Universitätsfrauenkliniken ermittelt. Material und Methoden: (1) In einer retrospektiven Studie erfolgte die Auswertung von standardisierten Befundbögen aller polizeilich anzeigenden, weiblichen mutmaßlichen Stuprum-Betroffenen, die mindestens 16 Jahre alt waren und zwischen 01.01.2011 und 31.06.2016 in einer der Charité-Rettungsstellen von der Polizei zur Versorgung vorgestellt wurden. (2) Ein selbstentwickelter Fragebogen, orientiert an Leitlinien und Forderungen verschiedener Versorgungseinrichtungen, wurde im Herbst 2017 an alle 35 deutschen Universitätsfrauenkliniken versandt. Ergebnisse: (1) 850 mutmaßliche Stuprum-Fälle konnten ausgewertet werden. Die Betroffenen waren im Mittel 29 Jahre alt. 6,4% gaben an, bereits zuvor eine Vergewaltigung erlebt zu haben. Der Tatverdächtige war den Betroffenen in 48,4% unbekannt, 26% entstammtem dem Freundes-/Bekanntenkreis. 15,5% waren Partner oder Expartner. Zwei Drittel der mutmaßlichen Vergewaltigungen ereigneten sich in privaten Räumen, v.a. in der Wohnung der Betroffenen. Über zwei Drittel der Frauen hatten in zeitlicher Nähe zur Tat Alkohol getrunken. In 17% der Fälle bestand ein Verdacht auf Verabreichung von sog. K.-o.-Tropfen. Extragenitale Verletzungen lagen bei 64% und anogenitale bei 25,4% der Betroffenen vor. (2) Die Rücklaufquote bei der Klinikbefragung betrug 44,4% (16/36). An 12/16 Universitätsfrauenkliniken existierten Richtlinien zur Versorgung nach mutmaßlichem Stuprum, an 14/16 wurden standardisierte Untersuchungskits verwendet. Die Option „Anonyme Spurensicherung“ bestand an 11/16, eine Regelung zur infektiologischen Postexpositionsprophylaxe-Beratung an 8/16 Kliniken. Etablierte Fortbildungen zur Beweismittelsicherung gaben 13/15 Kliniken, eine Weitervermittlung an Beratungsstellen 11/16 an. Schlussfolgerungen: (1) Mit der vorgelegten Auswertung mutmaßlicher Stuprum-Fälle wird erstmals eine so große Zahl in Deutschland analysiert. Vor dem Hintergrund der unzureichenden Studien- und Versorgungsforschungslage leistet die vorliegende Arbeit einen relevanten Beitrag zum Wissen zu Umständen von mutmaßlichen Stuprum-Fällen. Die erhobenen Daten können wegweisend für eine gezielte Ausrichtung der Erstversorgung von Frauen nach Stuprum sein. (2) Die in der Klinikumfrage festgestellten Versorgungs- und Qualitätsunterschiede zeigen, dass an einem Teil deutscher Universitätsfrauenkliniken ein Verbesserungsbedarf in der Erstversorgung besteht und dass bisher keine Standardisierung erfolgt ist. Sowohl eine Verbesserung der Erstversorgungsstrukturen von mutmaßlichen Stuprum-Betroffenen als auch eine interdisziplinäre Leitlinie wäre wünschenswert.Introduction: According to studies, 5-6% of women in Europe experience rape. The immediate medical care has considerable consequences for the health of those affected and, through forensic components, on subsequent criminal proceedings. Objective: Data on the circumstances of rape cases are a prerequisite for a targeted design of care. Therefore, in the first part of this study, characteristics of alleged rape cases and subsequent medical care were collected. The second part analyses the care situation for female rape patients at German hospitals. Material and methods: (1) In a retrospective study, standardized investigation forms of alleged rape patients were evaluated. Cases were restricted to females of at least 16 years of age who reported to the police and were cared for in one of the Charité rescue centres between 01.01.2011 and 31.06.2016. (2) A self-developed questionnaire was sent to all 35 German university gynaecological hospitals in 2017. Results: (1) 850 suspected rape cases were evaluated. The affected women were on average 29 years old. The alleged perpetrator was unknown to 48.4% of those affected. 26% of those known were friends or acquaintances, 15.5% partners or ex-partners. 2/3 of the suspected rapes took place in private premises, especially in the victim’s homes. 73,6% of the women had consumed alcohol. In 17% of cases the involuntary intake of knockout drops was suspected. Extragenital injuries were present in 64% and anogenital injuries in 25.4% of cases. (2) The response rate to the survey was 44.4% (16/36). At 12/16 clinics guidelines for the treatment of alleged rape existed. At 14/16 standardized examination kits were used. The option of an anonymized forensic investigation existed at 11/16 clinics, while an arrangement for infectiological post-exposure prophylaxis consultation was available at 8/16 of the clinics. 13/15 clinics reported trainings in evidence-collection and 11/16 provided a referral to advice centres. Conclusions: (1) This assessment presents the largest number of presumed rape cases ever analysed in Germany. Given the inadequate study and care research situation, the presented study makes a relevant contribution to the knowledge of the circumstances of suspected rape cases. The collected data could serve for a targeted reorientation of the immediate medical treatment after rape. (2) The differences found in this study’s survey show that there is a need for improvement in primary care in German university gynaecological clinics and that no standardisation has taken place. Improvements of the immediate care structures and an interdisciplinary guideline are desirable

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