Zusammenhang zwischen mütterlicher Borderlinepersönlichkeitsstörung, emotionaler Verfügbarkeit gegenüber dem eigenen Kind und Cortisolausschüttung bei Mutter und Kind
Hintergrund: Personen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) sind durch eine veränderte Emotionsregulation, instabile zwischenmenschliche Beziehungen und erhöhte Vulnerabilität gegenüber Stresssituationen charakterisiert. Insbesondere mit ihren Kindern zeigen sich Interaktionsprobleme, die sich in einer verringerten emotionalen Verfügbarkeit ausdrücken. Die Interaktion mit ihren Kindern kann dabei als potentiell stressreiche Situation
für diese Mütter gewertet werden. In Studien wurde bei Personen mit BPS eine veränderte
Cortisolausschüttung während einer Stresssituation gefunden. Zudem zeigte sich ein
Zusammenhang zwischen der mütterlichen emotionalen Verfügbarkeit und der Cortisolausschüttung während einer Stresssituation bei gesunden Müttern und ihren Kindern. Ziel der vorliegenden Studie war, (1) die emotionale Verfügbarkeit (mit Fokus auf Sensitivität und Nicht-Hostilität) von Müttern mit BPS zu untersuchen, (2) die Cortisolreaktivität (Veränderungsrate von Baselinewerten zu Cortisolwerten in Reaktion) als auch die Gesamtcortisolausschüttung (gemessen als area under the curve) bei diesen Müttern und ihren Kindern als Maß für Cortisolausschüttung während einer Mutter-Kind-Interaktion zu untersuchen und (3) zu testen, ob ein Zusammenhang zwischen mütterlicher emotionaler Verfügbarkeit und der Cortisolausschüttung bei Müttern und Kindern besteht.
Methoden: Es wurden insgesamt 16 Mütter mit BPS und 30 Kontrollmütter sowie 29 Kinder
von Müttern mit BPS und 33 Kinder von Kontrollmüttern untersucht. Die Kinder waren
zwischen fünf und zwölf Jahre alt. Mutter und Kind wurden während eines freien Spiels und
nach Stressinduktion, in welcher das Kind ein schwieriges Puzzle lösen sollte, untersucht.
Die Untersuchung von Mutter und Kind umfasste (1) die Beobachtung der Mutter-Kind-
Interaktion mittels Emotional Availability Scale (Verhaltensebene) und (2) die Entnahme
von Speichelcortisol von Mutter und Kind vor und nach der Interaktion (hormonale Ebene).
Ergebnisse: Nicht-Hostilität war signifikant und Sensitivität trendweise erniedrigt bei
Müttern mit einer BPS. Es zeigte sich eine geringere Gesamtcortisolausschüttung bei den
Müttern mit BPS und ihren Kindern , allerdings kein Unterschied bezüglich der Cortisolreaktivität. Ein Zusammenhang zwischen mütterlicher Sensitivität bzw. Nicht-Hostilität und der mütterlichen bzw. kindlichen Cortisolausschüttung während der Stresssituation wurde
nicht gefunden.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass Mütter mit BPS geringere Werte für
Sensitivität und Nicht-Hostilität aufweisen. Im Vergleich zu vorherigen Studien, welche Säuglinge untersucht haben, zeigte sich hingegen kein Zusammenhang zwischen der geringeren mütterlichen emotionalen Verfügbarkeit und der Cortisolausschüttung der Kinder. Dies könnte darauf hindeuten, dass die hormonelle Stressreaktivität der Kinder mit zunehmendem Alter von der mütterlichen emotionalen Verfügbarkeit unabhängig wird. Die Ergebnisse zeigen dennoch, dass sowohl Mütter mit BPS als auch ihre Kinder während einer stressreichen Interaktion eine reduzierte Gesamtcortisolausschüttung haben und somit die hormonelle Stressreaktivität von Mutter und Kind parallelisiert ist.Background: Borderline personality disorder (BPD) has been associated with altered
emotion regulation, instable relationships and heightened stress vulnerability. Patients with
BPD show difficulties especially in their interaction with their own children, which is characterized by reduced emotional availability. Interacting with one’s own child may be considered a stressful situation for the mothers at many occasions. According to previous studies, patients with BPD show altered cortisol secretion during stress. In addition, a correlation was found between emotional availability and cortisol secretion in both healthy mothers and their children during stress. The aims of the present study were (1) to examine emotional availability (focusing on maternal sensitivity and nonhostility) in mothers with BPD
and (2) to examine the cortisol reactivity (rate of change from baseline) and total cortisol
output (measured using area under the curve) as marker of cortisol secretion during motherchild-interaction in these mothers and their children, and (3) to test for correlation between maternal emotional availability and cortisol secretion in both mothers and their children.
Methods: We investigated 16 mothers with BPD and 30 control mothers, 29 children of
mothers with BPD and 33 children of the control mothers. Children were between five and
twelve years old. Mother and child were tested during a standardized play situation and after
a challenging, stress-provocing task. For the stress task, the child had to solve a difficult
puzzle. We observed (1) emotional availability during the play task (behavioral level) and
(2) collected salivary cortisol before and after the stress task (endocrine level).
Results: Mothers with BPD showed lower nonhostility and, at trend-level, lower sensitivity
compared to control mothers. In addition, mothers and children had lower total cortisol
output compared to the control group, but showed no difference with regard to cortisol
reactivity. There was no correlation between maternal sensitivity/nonhostility and cortisol
reactivity/total cortisol output of mothers and their children.
Conclusion: These results suggest that mothers with BPD show reduced sensitivity and
nonhostility towards their own child. In contrast to previous studies investigating infants, the
present investigation did not reveal a correlation between lower maternal emotional availability
and child cortisol secretion. This could suggest that the hormonal stress reactivity of
children is getting independent of maternal emotional availability with increasing age. Furthermore, the results show that mothers with BPD and their children have a reduced total
cortisol output during stressful interaction and that hormonal stress reactivity is parallelized
between mothers and their children