5.1 Zusammenfassung FTY720 (Fingolimod) ist ein neuer Immunmodulator, dessen
Zulassung zur Behandlung der schubförmig remittierenden multiplen Sklerose
Ende 2009 beantragt wurde. Die Applikation von FTY720 führt zu einer
Verkleinerung der Zahl der peripheren Lymphozyten. Grund hierfür ist
allerdings keine gesteigerte Apoptose, sondern eine Umverteilung und
Zurückhaltung der Lymphozyten in sekundäre Lymphorgane. FTY720 wird im Körper
durch Sphingosinkinasen, hauptsächlich durch die SphK2, zu FTY720-Phosphat
umgesetzt. Dieser Metabolit wirkt agonistisch an S1P1,3-5, führt aber ebenso
zu einer Internalisierung des S1P1-Rezeptorsubtyps. Der dadurch entstehende
Antagonismus ist entscheidend für die Wirkung auf die Lymphozyten. Neben der
Umverteilung der Lymphozyten hat FTY720 einen Einfluss auf das Überleben von
Zellen. In hohen Konzentrationen wirkt es stark apoptotisch in allen
berichteten Zellarten. Dieser Effekt scheint unabhängig von einer
Rezeptorbeteiligung zu sein. Liegt FTY720 als Phosphat und in niedrigen
Konzentrationen vor, ist es in der Lage, Zellen vor dem Tod zu schützen. In
der vorliegenden Arbeit konnte dieses kontroverse Verhalten bestätigt werden.
Die Stimulation von humanen Fibroblasten und Keratinozyten mit FTY720 in einer
Konzentration von 10 µM ließ die Zahl der apoptotischen Zellen auf über 80 %
ansteigen. Der Einsatz von FTY720-P hingegen rief keine Apoptose hervor. Ganz
im Gegenteil, die durch TNF-α / Actinomycin ausgelöste Apoptose konnte durch
Vorstimulation mit FTY720-P in beiden Zellarten konzentrationsabhängig gesenkt
werden. Die maximale Wirkung wurde bei einer Konzentration von 1 µM erreicht.
Da FTY720 in vivo durch die SphK2 phosphoryliert wird, wurde diese Umwandlung
auch in Fibroblasten untersucht. Es wurde eine Phosphorylierung gemessen, die
allerdings nicht vollständig war. Das erklärt zwar einerseits den fehlenden
apoptotischen Effekt von FTY720 bei 1 µM, aber andererseits nicht den
ebenfalls fehlenden antiapoptotischen Effekt. Der Einsatz der SphK2-siRNA
unterstreicht die Bedeutung der Phosphorylierung, denn nach Hemmung der Kinase
war ein apoptotisches Verhalten von FTY720 schon bei 1 µM zu erkennen. Wird
FTY720 also bis zu einer Konzentration von 1 µM eingesetzt, bildet sich ein
Gemisch beider Substanzen, die sich in ihrer Wirkung auf die Apoptose
aufheben. In höheren Konzentrationen überwiegt der zytotoxische Effekt des
FTY720. Da FTY720-P seine Effekte über S1P-Rezeptoren vermittelt, wurde der
beteiligte Subtyp näher charakterisiert. Die Versuche mit dem
S1P1-spezifischen Agonisten SEW2871 und den Antagonisten VPC23019 und Suramin
deuteten auf die Beteiligung des S1P3-Rezeptorsubtyps hin. Dies konnte durch
die Verwendung von S1P3-Rezeptor-Knockout-Fibroblasten und -Keratinozyten
bestätigt werden. Im weiteren Verlauf der Arbeit sollte der Signalweg des
antiapoptotischen Effektes von FTY720-P in Fibroblasten aufgeklärt werden. Im
Fokus standen hier die dominanten Proteine PI3K / Akt, ERK1/2 und mTOR. Obwohl
jeweils eine Phosphorylierung dieser Proteine in humanen Fibroblasten durch
FTY720 und dessen Phosphat nachgewiesen wurde, konnten diese Signalproteine
ausgeschlossen werden. Einerseits führte die Verwendung von Inhibitoren der
Signalwege zu keiner Veränderung des antiapoptotischen Effektes von FTY720-P.
Andererseits wurde eine Phosphorylierung ebenfalls in S1P3-Rezeptor-Knockout-
Fibroblasten gemessen. Der Einsatz des Fluoreszenzfarbstoffes JC-1 offenbarte
den ersten Unterschied zwischen FTY720-P und seiner Muttersubstanz. Das
Phosphat war in der Lage, das mitochondrielle Membranpotential zu
stabilisieren, während FTY720 dies nicht vermochte. Auch in Keratinozyten
wurde die Beteiligung der Mitochondrien nachgewiesen. Darüber hinaus konnte
der S1P3-Rezeptorsubtyp als essentiell bestätigt werden, da FTY720-P in
Knockout-Fibroblasten keinen Effekt mehr aufwies. Als weiterer Faktor des
intrinsischen Signalweges der Apoptose wurde das Protein Bcl-2 untersucht.
FTY720-P führte zu einer deutlichen Phosphorylierung in humanen Fibroblasten.
Interessanterweise war FTY720 dazu nicht in der Lage. Außerdem konnte in S1P3
-Knockout-Fibroblasten keine Phosphorylierung durch FTY720-P mehr ausgelöst
werden. Die erhaltenen Ergebnisse stellen den zwiespältigen Charakter von
FTY720 deutlich heraus. Da der apoptotische Effekt eher S1P-Rezeptor-
unabhängig vermittelt wird, wäre eine genauere Untersuchung dieses Aspekts
wünschenswert. Dasselbe gilt für eine weitere Aufschlüsselung des
intrazellulären, antiapoptotischen Signalweges. Ein weiterer Aspekt dieser
Arbeit war die genauere Untersuchung der Interaktion von S1P und Insulin
hinsichtlich der Apoptose in Keratinozyten. Es war bereits bekannt, dass S1P
die Insulin induzierte Proliferation von Keratinozyten hemmt. Dies wurde mit
einer geringeren Akt-Phosphorylierung durch vorhergehende PKCδ-Aktivierung
begründet. In der vorliegenden Arbeit konnte das ebenfalls schon berichtete
antiapoptotische Potential von S1P in Keratinozyten bestätigt werden.
Gleichzeitig verringerte es aber den durch Insulin ausgelösten
antiapoptotischen Effekt. Die Beteiligung der PKCδ konnte in diesem
Zusammenhang bewiesen werden. Zuerst imitierte der PKC-Aktivator TPA die S1P-
Wirkungen in Bezug auf Insulin. Zusätzlich konnte durch Ausschalten der PKCδ
mittels siRNA diese Isoform als essentiell identifiziert werden, da die Zahl
der apoptotischen Zellen wieder sank. Der apoptotische Arm von S1P wurde so
blockiert und es kam nur der zellschützende Arm zum Tragen. So wird deutlich,
dass auch S1P unterschiedliche Effekte je nach Ausgangslage des Systems
besitzt. Gerade dieser Fakt macht es so interessant und lässt einen positiven
Einfluss auf hyperproliferative Hautkrankheiten vermuten. Dass TGF-β und
Estradiol einen positiven Effekt auf die Migration von Brustkrebszellen
auslösen und damit die Metastasierung fördern können, ist bereits länger
bekannt. Die schon berichtete und hier bestätigte Hemmung der TGF-β
induzierten Migration durch Vorinkubation mit Estradiol gibt allerdings neue
Hinweise auf eine mögliche positive Beeinflussung des Tumorwachstums. Eine
Hemmung der Smad-Phosphorylierung sowie eine Induktion der
ERK1/2-Phosphorylierung durch E2 ist ebenfalls schon gezeigt worden. Dies
konnte hier in MCF-7 Zellen bestätigt und darüber hinaus in gleichem Maße
durch das nicht membrangängige E2-BSA ausgelöst werden. Dass die Aktivierung
von ERK1/2 die Hemmung von Smad nach sich zieht, konnte hier einwandfrei durch
den Einsatz des MAPK-Hemmstoffs U0126 demonstriert werden. Gleichzeitig wurde
dadurch die Hemmung der Migration wieder aufgehoben. Einen gleichen Einfluss
hatte die Verwendung von PTX. Auch hierbei wurden die Effekte von E2
blockiert. Die Verwendung von PTX sowie von E2-BSA bestätigt die Vermutung,
dass die Wirkung von E2 in diesem Fall durch membranständige Rezeptoren
vermittelt wird. Die Untersuchung zur Lokalisation des GPR30-Rezeptors ergab
eine Kolokalisierung mit dem endoplasmatischen Retikulum. Die Bedeutung der
Kolokalisierung sowie der Beteiligung membranständiger Rezeptoren an der
Vermittlung der Effekte von E2 bleibt kontrovers und muss in Zukunft geklärt
werden. Bei eindeutiger Beteiligung des GPR30-Rezeptors wäre eine Entwicklung
spezifischer Arzneistoffe für die Behandlung des Brustkrebses von großer
Bedeutung.FTY720 (Fingolimod) is a novel immunomodulator which awaits approval for the
treatment of patients with relapsing–remitting multiple sclerosis. Application
of FTY720 leads to a decrease of peripheral lymphocytes. This effect is not
due to increased apoptosis, but rather a sequestration in secondary lymphoid
organs. FTY720 is phosphorylated in vivo mainly by SphK2. The metabolite
FTY720-P acts agonistic on S1P1,3-5 but causes an internalization of the S1P1
receptor subtype. This creates a functional antagonism which is essential for
the effect on lymphocytes. Besides the redistribution of lymphocytes, FTY720
has an impact on cell survival. High concentrations reveal strong apoptotic
properties in every reported cell line. But this effect seems to be
independent of receptors. Once FTY720 is phosphorylated and applied at low
concentrations, it is able to protect cell from undergoing cell death. In the
present study this controversial behaviour could be confirmed. Stimulation of
human fibroblasts and keratinocytes with FTY720 at a concentration of 10 µM
raised the number of apoptotic cells beyond 80 %. Instead, treatment with
FTY720-P did not induce apoptosis. In fact, TNF-α / actinomycin induced
apoptosis could be decreased by preincubation with FTY720-P in both cell
types. The maximum effect was measured at a concentration of 1 µM. As FTY720
is phosphorylated in vivo, a possible formation of FTY720-P was examined in
fibroblasts. Indeed, a partial phosphorylation could be detected. This
explains the missing apoptotic effect of FTY720 at a concentration of 1 µM.
But it lacks an explanation of the missing antiapoptotic effect. Utilization
of SphK2-siRNA underlines the importance of the phosphorylation, as silencing
of SphK2 led to a significant induction of apoptosis already at a
concentration of 1 µM. Application of FTY720 results in a creation of an
equilibrium consisting of both states of phosphorylation which counteract each
others actions. At higher concentrations the cytotoxic effects prevail,
though. As FTY720-P transmits its effects via S1P receptors, the involved
receptors were examined. Experiments with the S1P1 specific agonist SEW2871
and the antagonists VPC23019 and suramin indicate that the S1P3 receptor
subtype is crucial for mediating the effects. This could be confirmed by using
S1P3 receptor knockout fibroblasts and keratinocytes. In further experiments
the signalling pathway of the antiapoptotic effects of FTY720-P in fibroblasts
was to be identified. The points of interest were the predominant proteins
PI3K / Akt, ERK1/2 and mTOR. Although a phosphorylation of these proteins
could be detected after stimulation with FTY720 or its phosphate, these
pathways could be excluded. One reason were the specific inhibitors of the
regarding pathways lacking any effect in apoptosis experiments. Another reason
was a pronounced phosphorylation of the signalling proteins in S1P3 knockout
fibroblasts. Utilization of the fluorescence dye JC-1 revealed the first
difference between FTY720-P and its parent compound. The phosphate was able to
stabilize the mitochondrial membrane potential, whereas FTY720 was not. In
keratinocytes an involvement of mitochondria could be demonstrated, too.
Furthermore, the S1P3 receptor subtype was identified as crucial, because
FTY720-P could not provoke a stabilization of Δψm in S1P3 deficient
fibroblasts anymore. Bcl-2 was tested as another member of proteins playing a
role in the intrinsic pathway of apoptosis. Stimulation of fibroblasts with
FTY720-P caused a strong phosphorylation of Bcl-2. Interestingly, FTY720 was
not able to mimic these effects. Moreover, in S1P3 knockout fibroblasts no
phosphorylation of Bcl-2 could be triggered anymore. The obtained results
clearly emphasize the ambivalent function of FTY720. As the apoptotic effect
is more likely to be mediated by a mechanism independent of S1P receptors, a
more thorough examination of this part is desirable. In addition, the
intracellular antiapoptotic signalling pathway needs to be completely
clarified. Another aspect of this study was to examine the interaction of S1P
and insulin regarding apoptosis in keratinocytes more closely. It is already
known that S1P inhibits insulin induced proliferation in human keratinocytes.
An activation of PKCδ an subsequent inhibition of Akt phosphorylation was
identified as the underlying mechanism. In this study the formerly reported
antiapoptotic potential of S1P in keratinocytes was confirmed. At the same
time S1P decreased the antiapoptotic effect of insulin. An involvement of PKCδ
in this action could be proved by using the activator of PKC, TPA. This
compound mimicked the effects of S1P on insulin. In addition, experiments with
siRNA against PKCδ revealed this isoform to be essentially involved in the
interference of S1P and insulin. By using siRNA the apoptotic action of S1P
was blocked so that only the antiapoptotic effect was visible. This proves
that S1P possesses different properties depending on the surrounding system.
This interesting behaviour suggests a possible positive outcome in the
treatment of hyperproliferative diseases. It is widely accepted that TGF-β and
estradiol have a positive effect on the migration of breast cancer cells and
therefore promote metastasizing of tumours. But it has been reported that
preincubation with estradiol inhibited TGF-β induced migration of MCF-7 cells.
In this study these experiments could be repeated successfully along with the
already reported induction of ERK1/2 phosphorylation and Smad repression.
Moreover, these effects could also be provoked in MCF-7 cells by using the
membrane impermeable E2-BSA. In addition, activation of ERK1/2 led to the
inhibition of Smad. This was proved by using the MAPK inhibitor U0126. When
this pathway was blocked, cells were able to migrate to TGF-β stimulation
despite the desensitization by estradiol. A similar effect was observed after
treatment with PTX. By using PTX and E2-BSA a possible involvement of membrane
bound receptors in the E2 mediated effects was demonstrated. The fluorescence
experiments for determination of the localization of the GPR30 receptor
revealed a co-localization with the endoplasmic reticulum. The relevance of
these findings along with the involvement of membrane bound receptors remains
controversial and needs to be clarified in the future. Based on an unambiguous
prove of GPR30 to be essential, the development of specific drugs for the
treatment of breast cancer would be of great importance