Die Effekte von struktureller Komplexität auf ökologische und evolutionsbiologische Prozesse in Flachseesystemen

Abstract

Most of the world’s lakes are small and shallow. Shallow lakes can have two alternative equilibria, either a macrophyte-dominated and clear-water state or a turbid, phytoplankton-dominated state. Littoral zones (defined as the areas colonized by macrophytes) may therefore differ between shallow lakes of alternative stable states in their extent and structural complexity. Littoral zones act as ecological boundaries, connecting lake ecosystems with their terrestrial surrounding. Pulsed annual fluxes of terrestrial particulate organic carbon (tPOC) in the form of leaf litter enter temperate lakes at the littoral zone, and food webs may obtain a significant proportion of carbon via this allochthonous subsidy. In the first part of my thesis, I present the results of whole-lake experiments mimicking leaf litterfall. We added maize leaves (Zea mays) as an isotopically distinct carbon tracer into one half of a turbid and one half of a clear-water shallow lake, each divided by a plastic curtain. During the subsequent year, carbon isotope values for benthic macroinvertebrates and fish were significantly higher with maize additions than in the reference side of each lake, demonstrating experimentally that tPOC was incorporated up to higher trophic levels of the lake food webs. I furthermore established the existence of reciprocal fluxes of tPOC back into the terrestrial surroundings. Larval Chironomidae fed on the added maize leaves and after emergence, served as prey for spiders living in the riparian reed belt. These findings indicate a close functional coupling of aquatic ecosystems with the adjacent terrestrial habitats. In the second part of my thesis, I consider the structural complexity provided by macrophytes as a selective agent, directly and indirectly shaping populations of freshwater fish. The structural complexity of near-shore habitats provides a more diverse set of resources compared to the open-water zones and a resource-driven polymorphism has been reported for numerous fish species along the littoral- pelagic axes of lakes. In my thesis, I studied whether a similar polymorphism occurs among lakes that vary in structural complexity. I further considered predation pressure as a selective trait known to alter the phenotype of an organism. I analyzed the body shape of omnivorous roach (Rutlius rutilus) from four shallow lakes, which differed in littoral structural complexity and predator abundance (pike Esox lucius). Roach from the lake with the highest predation pressure showed the most distinct body shape, characterized by a more streamlined body and caudally inserted dorsal fins; features that facilitate predator escape. Surprisingly, diet composition was not associated with morphology and I concluded that a variable morphotype facilitating the efficient uptake of a variety of spatially and temporarily scattered resources seems to be favored in these small aquatic systems. Altogether, this thesis adds an important body of knowledge to our understanding of the importance of the littoral zone for species interaction and food web dynamics in shallow lake ecosystems.Die meisten Seen der Welt sind klein und flach. Flachseen kommen in zwei alternativen stabilen Zuständen vor: Sie sind entweder klar und von Makrophyten dominiert oder trüb und von Phytoplankton dominiert. Folglich unterscheidet sich das Litoral (definiert als die Zone, welche von Makrophyten besiedelt ist) in seiner Ausdehnung sowie strukturellen Komplexität zwischen Flachseen unterschiedlicher stabiler Zustände. Das Litoral wirkt als ökologische Grenzzone, welche das Ökosystem des Sees mit dem terrestrischen Umland verbindet. Terrestrischer partikulärer organischer Kohlenstoff (tPOC) in Form von Blättern wird einmal jährlich über die Litoralzone in das Seeökosystem eingetragen. Die aquatischen Nahrungsnetze können somit einen signifikanten Anteil ihres Kohlenstoffs über diesen allochthonen Beitrag erhalten. Im ersten Teil meiner Doktorarbeit präsentiere ich die Ergebnisse von Großexperimenten zur Simulation des Laubfalls in Flachseen. Es wurden Maisblätter (Zea mays) in jeweils eine Hälfte eines trüben und eines klaren Flachsees eingebracht, welche durch eine Plastikplane geteilt wurden. Im darauf folgenden Jahr waren die Kohlenstoff-Isotopensignaturen von Makroinvertebraten und Fischen in den Seehälften der Maiszugabe im Vergleich zu den Referenzseiten signifikant erhöht. Damit wurde experimentell bewiesen, dass tPOC bis in die höheren trophischen Ebenen genutzt wird. Chironomidenlarven fraßen von den zugefügten Maisblättern und wurden nach ihrer Emergenz Beute von Spinnen, welche den Schilfgürtel bewohnten. Diese Ergebnisse weisen auf eine enge funktionelle Kopplung von aquatischen Ökosystemen mit den angrenzenden terrestrischen Habitaten hin. Im zweiten Teil meiner Doktorarbeit habe ich überprüft, ob die durch Makrophyten hervorgerufene strukturelle Komplexität eines Sees als Selektionsfaktor wirkt, der direkt und indirekt Fischpopulationen formen kann. Die ufernahen Habitate mit ihrer strukturellen Komplexität bietet im Vergleich zur Freiwasserzone ein diverseres Nahrungsangebot. Für zahlreiche Fischarten ist ein ressourcenbasierter Polymorphismus entlang der litoral-pelagischen Achse innerhalb von Seen bekannt. In meiner Arbeit habe ich getestet, ob ein ähnlicher Polymorphismus auch zwischen Seen mit unterschiedlicher struktureller Vielfalt auftritt. Des Weiteren habe ich den Prädationsdruck als selektiv wirkendes Merkmal für Änderungen im Phänotyp von Fischen betrachtet. Dazu habe ich die Körperform von omnivoren Rotaugen (Rutilus rutilus) aus vier Flachseen untersucht, welche sich in der strukturellen Vielfalt der Makrophyten sowie der Abundanz von räuberischen Hechten (Esox lucius) unterscheiden. Hoher Prädationsdruck führte außerdem zu einer starken Änderung der Körperform von Rotaugen hin zu einem stromlinienförmigem Körper und einer caudal angefügten Dorsalflosse, eine Körperform, die die Flucht erleichtert. Überraschenderweise war die Nahrungszusammensetzung nicht mit der Morphologie verknüpft. Offensichtlich wird in diesen kleinen aquatischen Systemen ein variabler Morphotypus gefördert, der die effektive Aufnahme einer Vielfalt von räumlich und zeitlich verteilten Ressourcen erleichtert. Insgesamt trägt diese Dissertation zum Verständnis der Bedeutung des Litorals für die terrestrisch- aquatische Kopplung, die Interaktion von Arten, sowie die Dynamik von Nahrungsnetzen in Flachseen bei

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