Der Report gibt eine kurze Übersicht zu den Ergebnissen eines umfangreichen
Forschungsprojektes zur Ausarbeitung von Eckpunkten eines ökologischen
Wohlfahrtsmodells. Er gründet sich auf die Erkenntnis, dass das vorherrschende
marktwirtschaftliche Modell mit seiner spezifischen Wertschöpfungs- und
Wachstumslogik nicht in der Lage ist, die sich abzeichnende Entwertung und
Vernichtung des Naturkapitals abzuwenden. In der Folge werden auch die soziale
Grundlagen von Gesellschaften gefährdet: durch unmittelbare physische
Gefährdungen und Risiken, durch im nationalen wie im internationalen Maßstab
ungleiche Betroffenheiten und durch steigende Ausgaben für Kompensations- und
Reparatur-maßnahmen. Auf internationaler Ebene ist – wenn auch in Wellen –
eine Intensivierung sowohl der Diskussion über die Messung von Wachstum und
Fortschritt als auch zum vorherrschenden Wachstums- und Wohlstandsmodell
festzustellen. In den letzten Jahren hat die kritische Betrachtung des
Bruttoinlandsprodukts als Wohlfahrtsmaß die Formulierung einer Fülle von neuen
Wohlfahrtskonzepten befördert, die häufig dem Leitbild der nachhaltigen
Entwicklung verpflichtet sind. Unter Etiketten wie „Green Growth“, „Zero
Growth“ und auch „Degrowth“ werden darüber hinaus vielfältige Strategien und
konkrete Handlungsempfehlungen diskutiert.Im Auftrag des Ministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit haben die Gesellschaft für
Wirtschaftliche Strukturforschung, das Forschungszentrum für Umweltpolitik und
die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft mit Unterstützung
von Prof. Nutzinger hierzu 2013 zwei Teilstudien vorgelegt. Die erste
Teilstudie beinhaltet dabei einen doppelten Arbeitsschwerpunkt. Zum einen
erfolgte eine umfangreiche Bestandsaufnahme und Auswertung von nationalen und
internationalen Wohlstands- bzw. Wohlfahrtskonzepten, diese reichen von der
Europa 2020-Strategie über UNEP-Green Economy-Studien bis hin zu kulturell
sehr unterschiedlichen Ansätzen wie dem lateinamerikanischen „Buen vivir“.
Charakteristisch für die mehr als 30 analysierten Beiträge ist, dass sie
inhaltlich über die traditionellen Wachstumskonzepte hinausreichen, die auf
EU-Ebene und in der Mehrzahl aller Konjunkturprogramme seit der Finanz- und
Wirtschaftskrise 2007/2008 erkennbar sind. Jedoch bestehen auch hier noch
große Defizite, etwa bei der Formulierung ökologischer Ziele, und meist fehlt
es auch an geeigneten Monitoringansätzen und Indikatoren zur Bilanzierung von
gesellschaftlicher Wohlfahrt in einem übergreifenden Sinne. Der zweite
Arbeitsschwerpunkt konzentriert sich auf ein konzeptionell erweitertes Modell
der volkswirtschaftlichen Aktivitäten, welches die Umwelt mittels physischen
und monetären Kenngrößen besser zu integrieren sucht. Diesem „positiven
Grundmodell“ wird ein „normativ-politisches“ Modell zur Seite gestellt, das
neben der ökologischen Dimension auch die politische Handlungsebene
einbezieht. Es fordert ein eindeutiges Primat der ökologischen Ziele gegenüber
dem Wachstumsziel auf der Basis der BIP-Messung. Dies muss nicht zwangsläufig
eine wachstumskritische Grundannahme bedeuten. Vielmehr kann es um die
Eröffnung von Chancen für ein selektiveres und innovativeres Wachstum gehen,
um Ressourceneffizienzsteigerungen und generell die Sicherung gesamt-
gesellschaftlicher Wohlfahrt, die somit gerade nicht den Abbau von
Naturkapital und soziale Erosion in Kauf nimmt, um quantitatives
Wirtschaftswachstum zu befördern