German Medical Science GMS Publishing House; Düsseldorf
Abstract
Cisplatin wird in der pädiatrischen Onkologie mit Erfolg bei der Behandlung verschiedener Tumoren eingesetzt. Die hohe therapeutische Effektivität wird jedoch durch die Oto- und Nephrotoxizität limitiert. Histologische Untersuchungen zeigen nach Cisplatin-Gabe eine vermehrte Akkumulation von Cisplatin-DNA-Addukten in den proximalen Tubuluszellen der Niere und den Marginalzellen der Stria vascularis des Innenohrs. In beiden Geweben wird der LDL-Rezeptor Megalin hoch exprimiert. Megalin ist verantwortlich für die Endozytose verschiedener Moleküle, unter anderem auch der ebenfalls oto- und nephrotoxischen Aminoglykoside. Ein Zusammenhang zwischen der Aminoglykosid-Toxizität und Megalin konnte bereits hergestellt werden. Unter der Hypothese, dass Megalin an der Cisplatin-induzierten Ototoxizität beteiligt ist, untersuchten wir die Häufigkeit der Single-Nucleotide-Polymorphismen (SNP) rs2075252 und rs4668123 bei je 25 Patienten mit und ohne Entwicklung einer Hörstörung nach Cisplatin-Therapie. Eingeschlossen wurden nur Patienten ohne zusätzliche ototoxische Medikation, kranielle Bestrahlung oder vorbestehenden Hörschaden. Das A-Allel des SNPs rs2075252 trat signifikant häufiger in der Gruppe mit als in der ohne Hörstörung auf (0.32 vs. 0.14) (chi2=5.83, p<0.02; OR 3.45; 95%CI 1.11-11.2). Diese Untersuchung läßt erstmals eine Beteiligung des Megalins an der Pathogenese der Cisplatin-Ototoxizität vermuten