Neuropsychologische und elektrophysiologische Untersuchungen zu rezeptiven und expressiven musikalischen Teilleistungsstörungen nach Schlaganfällen

Abstract

Einführung: Der Verlust musikalischer Funktionen nach Hirninfarkten bleibt meist unentdeckt. Obwohl der sensorische und motorische Ausfall von musikalischen Leistungen die Patienten vorwiegend emotional stark einschränkt, fehlten sensitive neuropsychologische Testverfahren bisher völlig. Ziel dieser Untersuchung war es die Abhängigkeit unterschiedlicher musikalischer rezeptiver und expressiver Verarbeitungsstörungen von der Lokalisation der Hirnläsion und der musikalischen Vorbildung zu zeigen und den Ergebnissen gesunder Probanden gegenüberzustellen. Methode: Die rezeptive neuropsychologische Testung wurde mit einer neu entwickelten Bedside-Testbatterie an 14 Schlaganfallpatienten und 14 gesunden Kontrollen für die Kategorien Intervall, Melodie, Rhythmus und Metrumdiskrimination durchgeführt. Der Proband sollte hierfür kurze Musiksequenzen als gleich oder ungleich unterscheiden. Im expressiven Teil mussten kurze Rhythmussequenzen gespielt und Melodien gesungen werden. Bei 8 dieser Patienten wurden zusätzlich in der Präsentation ereigniskorrelierte Potentiale mit dem EEG abgeleitet. Ergebnisse: Die Patienten zeigten erhebliche Einbußen in der musikalischen Wahrnehmung und Produktion. Die expressiven Leistungen lagen über den rezeptiven. Eine Hemisphärendominanz in der unterschiedlichen musikalischen Teilverarbeitung konnte nicht bestätigt werden. Patienten mit musikalischer Ausbildung waren in ihren Ergebnissen von gesunden Probanden ohne musikalische Ausbildung nicht zu unterscheiden. Die Patienten benötigten für die Musikwahrnehmung in allen Untertests mehr frontale kortikale Aktivierung, speziell in der ersten Einprägungsphrase, während die Kontrollen in der zweiten Vergleichsequenz einen Potentialzuwachs aufwiesen. Schlussfolgerung: Es scheint, dass selbst nur kurze Episoden einer aktiven musikalischen Ausbildung ausreichen, um multiple Repräsentationen neuronaler Netzwerke zu schaffen, die Störungen der Musikwahrnehmung oder Musikproduktion nach einer Hirnläsion teilweise kompensieren

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