Sind Juden weiß? : von den Schwierigkeiten des rechtlichen Umgangs mit Antisemitismus

Abstract

Der Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die aktuelle Rechtslage zum Schutz vor antisemitischer Diskriminierung in Deutschland. Alsdann wird an historischen und aktuellen Rechtssetzungen und Gerichtsentscheidungen aus Deutschland, den USA und Großbritannien erörtert, was Antisemitismus und was Juden im Rechtsinne sind. Dabei zeigen sich grundlegende Probleme von Recht, das Diskriminierung beseitigen will und dazu auf Tatbestandsmerkmale wie „nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe“ (§ 130 Strafgesetzbuch) oder „Rasse und ethnische Herkunft“ (§ 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) setzt. Zum einen können dabei antisemitische Essentialisierungen reproduziert werden. Zum anderen kann der Eindruck entstehen, Juden würden heute nicht mehr diskriminiert, weil sie „weiß“ seien. Ein weiterer Fall zeigt, wie die Halacha aus christonormativer rechtlicher Perspektive rassialisiert und zugleich als rassistisch gebrandmarkt wird. Der Beitrag schließt mit der Erkenntnis ab: Die rechtliche Frage „Was sind Juden?“ ist falsch gestellt. Antisemitismus ist weder dasselbe wir Rassismus, noch ein „Merkmal“ der davon Betroffenen und lässt sich auch nicht in eine einzige Diskriminierungskategorie pressen: Rassistische und antisemitische Zuschreibungen, Religion, Sprache und Staatsangehörigkeit – ganz unterschiedliche Aspekte spielen intersektional zusammen und müssen rechtlich berücksichtigt werden, um Juden und Jüdinnen effektiv vor Diskriminierung zu schützen

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