Aufgrund der stark wachsenden Weltbevölkerung und zunehmenden Globalisierung in Verbindung
mit einem meist hohen Lebensstandard ist auch ein Anstieg des Luftverkehrsaufkommens
über die letzten Jahrzehnte zu beobachten. Der Luftverkehr ist die schnellste und bequemste Art
und Weise, um Güter und Personen über große Distanzen zu befördern. Eine Stagnation dieses
Trends ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Die mit dem Luftverkehr steigenden Schadstoffemissionen
haben einen zunehmend negativen Einfluss auf Umwelt und Atmosphäre. Durch das
wachsende Umweltbewusstsein der heutigen Gesellschaft hat sowohl der Schutz der Umwelt
als auch des Klimas einen hohen Stellenwert. Fehlende alternative Energiequellen zwingen die
Luftfahrtforschung und -industrie neue und revolutionäre Technologien zu erforschen, um eine
nachhaltige Energieversorgung auch in Zukunft zu sichern und die heutigen fossilen Brennstoffe
zu ersetzen. Ein gesetztes Ziel der Luftfahrtforschung und -industrie ist eine Reduktion der
Kohlenstoffdioxid- und Stickstoffemissionen um 75% und 90% pro Passagier und Kilometer bis
zum Jahr 2050. Nicht nur die Schadstoffemissionen haben einen negativen Einfluss auf die Umwelt,
sondern auch der von den Flugzeugtriebwerken erzeugte Lärm. Aus diesem Grund ist ein
weiteres und nicht weniger wichtiges Ziel bis zum Jahr 2050 die Reduktion des wahrnehmbaren
Schalllärms um 65%. Diese Ziele sind Bestandteil der Luftfahrtstrategie des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) auf Basis der Strategic Research and Innovation Agenda der
Advisory Council for Aviation Research and Innovation in Europe (ACARE).
Zudem fordert die Luftfahrtindustrie, aufgrund gestiegener Energiekosten, neue energieeffiziente
Alternativen zu herkömmlichen Strahlentriebwerken. Bezüglich des Treibstoffverbrauchs und der
Schadstoffemission sind moderne Turbopropturbinen eine solche energieeffiziente Alternative
im Bereich der Kurzstreckenflugzeuge. Jedoch wird die Reduktion der Schadstoffemission durch
erhöhte Lärmabstrahlung an den Triebwerken teuer eingekauft. Deshalb besteht ein Handlungsbedarf
der Forschung, um das Ziel der Lärmminderung bis zum Jahr 2050 bei dieser alternativen Antriebstechnik zu gewährleisten. Eine weitere und unabdingbare Herausforderung, welche mit dem erhöhten Lärmpegel einhergeht, betrifft den Komfort der Flugzeugpassagiere. Durch die starke akustische Anregung auf der Außenhaut der Flugzeugkabine ist auch ein erhöhter Lärmpegel
innerhalb der Flugzeugkabine unausweichlich. Dieser Zustand kann, ohne weitere Gegenmaßnahmen,
auch gesundheitliche Folgen für die Passagiere haben. Ein besseres Verständnis des dynamischen und akustischen Verhaltens einer Flugzeugstruktur ermöglicht es, neue und
kommerziell erfolgreiche Lärmminderungsmaßnahmen zu entwickeln. Zu diesem Zweck werden schon frühzeitig in der Entwicklungsphase numerische Modelle eingesetzt.
Der für die Akustik relevante Frequenzbereich bei tonaler Anregung durch die Turbopropturbinen ist der sogenannte mittlere Frequenzbereich. Numerische strukturdynamische Modelle, welche für vibroakustische Vorhersagen und Analysen eingesetzt werden, zeigen in dem mittleren
Frequenzbereich oft signifikante Abweichungen zu experimentell ermittelten Daten. Die übliche
Modellkorrelation, basierend auf experimentell ermittelten modalen Parametern, ist aufgrund der hohen modalen Dichte, die eine solche Flugzeugrumpfstruktur in diesem Frequenzbereich aufweist, fast unmöglich.
Diese Arbeit stellt eine Methode vor, welche eine aussagekräftige Korrelation zwischen den Ergebnissen
eines Vibrationstests einer Flugzeugrumpfstruktur und deren numerischen Vorhersagen sowohl im tiefen als auch im mittleren bis hohen Frequenzbereich liefert. Die in dieser Arbeit angewendete und neue Methode zur Modellkorrelation wurde von der Statistical Energy
Analysis (SEA) inspiriert. Die SEA ist eine auf kinetischen Energien basierende Methode für die Vorhersage von Lärm- und Schwingungspegeln im hohen Frequenzbereich. Bei der SEA wird die Struktur in leicht gekoppelte Substrukturen unterteilt und der kinetische Energiegehalt der Substrukturen in zuvor definierten Frequenzbändern ermittelt. Bei der Vorhersage des kinetischen
Energiegehalts einer Substruktur wird eine Analogie zum Wärmeaustausch zweier Strukturen
genutzt. Denn auch die kinetische Energie der leicht gekoppelten Substrukturen folgt dem Energieerhaltungssatz.
Grundsätzlich wird ein Ausgleich der Energieniveaus der einzelnen Substrukturen angestrebt. Der kinetische Energietransfer zwischen den Substrukturen lässt sich mit Hilfe von Kopplungsverlustfaktoren bestimmen. Diese Kopplungsverlustfaktoren lassen sich nicht nur
modellieren, sondern auch experimentell aus der Anregungsenergie und den kinetischen Gesamtenergien
der Substrukturen einer invarianten Gesamtstruktur ermitteln. Um die kinetische Gesamtenergie
einer Substruktur experimentell zu analysieren, wird die diskrete kinetische Energie räumlich über Substrukturen und spektral über Frequenzbänder aufintegriert. Bei der in dieser Arbeit vorgestellten Methode zur Korrelation von experimentellen und simulierten Daten wird
analog vorgegangen. Die räumlich und spektral integrierten kinetischen Energien dienen dem
Korrelationskriterium als Korrelationsgröße.
Das neue Korrelationskriterium gibt dem Anwender die Möglichkeit, weniger gut korrelierende Frequenzbänder zu identifizieren. In diesen Frequenzbändern muss das numerische strukturdynamische Modell angepasst werden, um die Korrelation zu den Testergebnissen im mittleren und
hohen Frequenzbereich zu erhöhen. Auch zeigt die Methode, in welchen Bereichen der Struktur
eine solche Anpassung notwendig ist. Mit den räumlich und spektral integrierten Energieverteilungen ist es zudem möglich, stark lokales Schwingungsverhalten einfacher zu interpretieren.
Energietransferpfade und kinetisch energiereiche Bereiche einer Struktur sind aufgrund des unregelmäßigen
Charakters des lokalen Schwingungsverhaltens oft schwierig zu identifizieren. Die integrierten Energieverteilungen liefern eine gemittelte bzw. globale Betrachtung des lokalen Schwingungsverhaltens. Große Abweichungen in einzelnen Bereichen der integrierten kinetischen Energieverteilung zwischen numerischen Modellen und Testmodellen deuten auf nicht berücksichtigte
Transferpfade hin. Diese sowohl räumlich als auch spektral globalisierende und mittelnde Eigenschaft der integrierten kinetischen Energieverteilungen ermöglicht eine gezielte Anpassung, der für die Vorhersage struktureller und akustischer Eigenschaften bzw. Schwingungsbarkeit des neuen Korrelationskriteriums mit realen Testdaten. Die Ergebnisse zeigen, dass das neue Korrelationskriterium zu einer robusten und aussagekräftigen Korrelation führt, auch in Gegenwart von Unsicherheiten in Modellparametern oder aufgrund von Fertigungstoleranzen
der verwendeten Bauteile.
Ein weiteres Thema dieser Arbeit ist die Einteilung des gemessenen Frequenzbereichs in tiefen,
mittleren und hohen Frequenzbereich. Eine solche Einteilung ist wichtig, um den Gültigkeitsbereich
einzelner Verfahren und Vorhersagemethoden, bezüglich vibroakustischer Problemstellungen,
aus den gemessenen Übertragungsfunktionen einer realen Strukturen zu identifizieren. Der tiefe Frequenzbereich ist geprägt von einzelnen, eindeutig trennbaren Resonanzstellen und einem globalen Schwingungsverhalten der Struktur. Den hohen Frequenzbereich wiederum kennzeichnet meist eine hohe modale Dichte, starke modale Überlappung und zudem ein stark lokales
Schwingungsverhalten. Der Übergangsbereich zwischen tiefem und hohem Frequenzbereich definiert
den mittleren Frequenzbereich. Die in dieser Arbeit neu vorgestellte Methode zur Einteilung
des gemessenen Frequenzbereichs in einen tiefen, mittleren und hohen Frequenzbereich basiert
auf einer Strukturwellenzahlanalyse. Die Strukturwellen einzeln gemessener Betriebsschwingungsformen
lassen sich mit Hilfe einer 2D-Fourier-Transformation identifizieren. Eine Analyse dieser Strukturwellen gibt Rückschlüsse auf das Schwingungsverhalten einzelner Strukturkomponenten und ermöglicht sowohl eine Charakterisierung des Schwingungsverhaltens der Gesamtstruktur als auch die Einteilung des gemessenen Frequenzbereichs. Mit Hilfe der Wellenzahlanalyse
lassen sich die Frequenzbereiche globalen und lokalen Schwingungsverhaltens voneinander
trennen. Diese Arbeit erörtert, anhand der gemessenen Schwingungsantworten einer Flugzeugrumpf-ähnlichen Laborstruktur, das Prinzip der Wellenzahlanalyse und nimmt eine Einteilung des gemessenen Frequenzbereichs vor