Das Resultat der züchterischen Bearbeitung des Schweins sind moderne Rassen mit einem hohen Leistungspotential und der Fähigkeit Wachstums- und Fortpflanzungsleistungen sehr effizient zu erbringen. Dadurch steht auch die Tierernährung vor neuen Herausforderungen, damit dieses genetische Potenzial überhaupt ausgeschöpft werden kann. Vor allem die ernährungsphysiologisch sensiblen Leistungsphasen wie Laktation (Zuchtsauen) und die Zeit nach dem Absetzen (Ferkel) erfordern immer wieder Anpassungen an neue Gegebenheiten, besonders im Hinblick auf begrenzte Ressourcen. Diese Überlegungen sind auch auf Grund der ab 2012 verpflichtenden Umsetzung der Bio-Verordnung 889/2008 bezüglich einer 100 % Biofütterung bei Monogastriern unbedingt notwendig, da besonders in diesem Bereich bereits derzeit Mangel an ernährungsphysiologisch hochwertigen und preiswürdigen Eiweißfuttermitteln besteht (Zollitsch et al. 2004).
Als möglicher Ansatz zur Fütterung von laktierenden Sauen in der Biologischen Landwirtschaft wurden Fütterungskonzepte entwickelt und im Exaktversuch getestet, die der Problematik der Ressourcenknappheit vor allem bei regionalen Eiweißfuttermitteln durch an die Gegebenheiten angepasste Rationen Rechnung tragen. Dabei werden Rationen in Kauf genommen, die gegenüber gängigen Versorgungsempfehlungen moderate Imbalancen bezüglich ihrer Aminosäurenzusammensetzung und einen relativ geringen Proteingehalt aufweisen (Weißensteiner et al 2010).
Eine weitere mögliche Strategie ist der Einsatz bisher ungenutzter Eiweißressourcen. Unter anderem stellen die sehr eiweißreichen Samen der Esparsette (Onobrychis viciifolia) diesbezüglich eine vielversprechende Komponente dar. Gerade in den vergangenen Jahren wurde diese alte Futterpflanze für den biologischen Anbau wiederentdeckt (Hayot-Carbonero et al. 2011) und wird nicht nur zur Heugewinnung, sondern etwa im Burgenland auch gerne als Gründüngung angebaut. Auf Anregung von Ackerbauberatern der Bio Austria wird daher aktuell in einem Fütterungsversuch die Eignung der Samen als Futtermittel für Absetzferkel abgeklärt.
Die vorliegenden Ergebnisse des Fütterungsversuchs mit laktierenden Sauen zeigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen (d. h. professionelles Management in der gesamten Produktion) Imbalancen in der Ration ohne stärkere Leistungseinbußen vertretbar sind.
Vor der Verwendung von neuen Eiweißressourcen ist neben dem Nährstoffgehalt auch der potentielle Gehalt an antinutritiven Inhaltsstoffen abzuklären. Mit Fütterungsversuchen werden Schmackhaftigkeit und zu erzielendes Leistungsniveau im Vergleich zu gängigen Eiweißkomponenten erhoben. Diese Ergebnisse entscheiden dann gemeinsam mit pflanzenbaulichen Faktoren darüber, ob neue Futtermittel für die Praxisanwendung etabliert werden können.
Literatur:
Zollitsch W., Kristensen T., Krutzinna Ch., Macnaeihde F., Younie D. (2004): Feeding for Health and Welfare: the Challenge of Formulating Well-ballanced Rations in Organic Livestock Production. In: M. Vaarst, S. Roderick, V. Lund and W. Lockeretz (Hrsg): Animal Health and Welfare in Organic Agriculture, CABI Publishing, Wollingford, S. 329-349.
Hayot-Carbonero C., Mueller-Harvey I., Brown T.A., Smith L. (2011): Sainfoin (Onobrychis viciifolia): a beneficial forage legume. Plant Gen Res 9(1) 70-85
Weißensteiner R., Hagmüller W., Gallnböck M., Zollitsch W. (2010): Untersuchung zukunftsorientierter Fütterungskonzepte für laktierende Zuchtsauen in der Biologischen Landwirtschaft. Endbericht zum Projekt 100190/01 des BMLUFW, Eigenverlag, Wien