Bad Rippoldsau: wieder einmal hat die Rilke-Gesellschaft, durch günstige Umstände befördert, einen Tagungsort gewählt, an dem einst Rilke unter förderlichen Bedingungen zu weilen vermochte und der ihm in guter, durchaus sympathischer Erinnerung geblieben ist. Beide Male - sowohl 1909 wie 1913 - war es der Kur-Charakter des Ortes, der für den Dichter diese Wahl bestimmt hat. Zum zweiten Mal seit dem Frühjahr 1905 - als Rilke sich zusammen mit seiner Frau Clara Westhoff im Lahmannschen Sanatorium "Weißer Hirsch" bei Dresden einer Kur hatte unterziehen müssen - war es eine zugleich kreative wie (wenn auch leichtere) gesundheitliche Krise, die einen solchen Schritt aus physiologischen und psychologischen Gründen ratsam erscheinen ließ. Werkgeschichtlich bestimmte diese Krise ein Stocken in der Weiterarbeit an den "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge", und ebenso die wachsende Erkenntnis Rilkes, daß, nachdem 1908 nun auch der "Andere Teil" der "Neuen Gedichte" erschienen war, in seiner lyrischen Produktion ein Beharren auf ihre spezifische Typologie zu einer Erstarrung hätte führen müssen; daß somit auch ein neuer, noch ungewisser poetologischer Ansatz zu erproben sei