„Nur durch aufeinander aufbauende, langjährige, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
berücksichtigende und begleitende Prävention und Entwicklungsförderung kann eine
Reduktion bzw. Verhinderung von Gewalt erzielt werden.“ Mit diesem Plädoyer endet die im
Auftrag der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) von Professor Dr. Herbert
Scheithauer und seinem Team (Charlotte Rosenbach und Kay Niebank) verfasste Expertise,
die in korrigierter und überarbeiteter, jetzt 3. Auflage vorliegt.
Die erstmals im April 2008 vom DFK herausgegebene Broschüre konnte mit der Darstellung
und Begründung eines weit gefassten entwicklungsorientierten Präventionsansatzes eine
Lücke im Wissensangebot zur Gewaltprävention schließen und seitdem den gewaltpräventiven
Diskurs maßgeblich beeinflussen, wie die steigende Nachfrage nach universellen
Präventionsansätzen z.B. im schulischen Kontext zeigt.
Auf der Grundlage einer systematischen Literaturrecherche von Metaanalysen und Reviews
zu Aggression und Gewalt haben die Wissenschaftler Bedingungen für das Gelingen präventiver
Arbeit abgeleitet und zusammenfassend benannt:
• Systematische Herangehensweise bei der Gestaltung von Präventionsmaßnahmen,
d.h. die durchzuführenden Maßnahmen sollten theoretisch begründet
(bewährte Modelle) und empirisch abgesichert (Wirksamkeitsnachweise) sein.
• Die Berücksichtigung des Einflusses von wichtigen Entwicklungsaufgaben und
Entwicklungsübergängen im Kindes- und Jugendalter.
• Die Berücksichtigung der Anzahl, Intensität und Dauer von risikoerhöhenden, aber
auch risikomildernden Bedingungen und ihrer Wechselwirkung.
• Die Berücksichtigung von Alter und psychosozialer Entwicklung.
• Die Berücksichtigung individueller Bedingungen und Entwicklungspfade.
• Die Berücksichtigung multipler Risikokomponenten in Form multimodaler Maßnahmen
in den Handlungsfeldern Individuum, Familie, Schule, soziales Umfeld.
• Die Betonung der risikomildernden Bedingungen von Kindern und Jugendlichen,
deren Eltern und dem sozialen Umfeld.
• Die Fokussierung auf mehrere Komponenten (multimethodale Prävention) wie
kognitive, behaviorale und affektive Aspekte.
• Die Ausführung der Maßnahmen über längere Zeiträume. • Die Ergänzung universeller Maßnahmen durch selektive bzw. indizierte Maßnahmen.
Professor Scheithauer betont insbesondere die Bedeutung universeller Maßnahmen, die auf
die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen bereits im frühen Alter zielen. Positive
Effekte im Sinne einer allgemeinen Kompetenzförderung kommen allen Teilnehmern zu Gute.
Gewaltpräventive Effekte stellen sich bei denjenigen Kindern und Jugendlichen ein, die ein
konkretes Risiko aufweisen, später gewalttätig zu werden. Aber auch Wirkungen im Hinblick
auf andere Risiken (z.B. Sucht, Depression) können erreicht werden. Für Risikogruppen
bedarf es - im weiteren Entwicklungsverlauf ergänzend - selektiver bzw. spezieller Maßnahmen
und bereits gewalttätige Kinder/Jugendliche benötigen Hilfe im Sinne besonderer,
indizierter Präventionsmaßnahmen.
Die Publikation richtet sich an Präventionsfachkräfte, Wissenschaftler und Verantwortliche
für Prävention in Verwaltung und Kommunen. Sie ermöglicht eine Auseinandersetzung mit
Präventionsprogrammen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und gibt Hinweise
für die Implementierung evaluierter Programme. Es ist zu wünschen, dass es mit Hilfe dieser
Veröffentlichung gelingt, Programme besser auszuwählen sowie gezielter und wirkungsvoller
einzusetzen