Hollerer, Theres

German

Facultas eJournals

Person 2012, Vol. 16, No. 2, 171 –176 Copyright 2012, Facultas Universitätsverlag, Wien 171Rezensionen* * Beabsichtigte Rezensionen sollten mit einem verantwortlichen Redak-teur besprochen werden; Detailinformationen zu Rezensionen siehe hintere innere Umschlagseite (U 3)Theres HollererSilke B. Gahleitner, Klaus Fröhlich-Gildhoff, Friederike Wetzorke & Marion Schwarz (Hrsg.). Ich sehe was, was du nicht siehst … Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Perspektiven in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.Stuttgart: Kohlhammer, 2011, 192 Seiten, ISBN 978 – 3170216181. € 28,00 / CHF 38,50Der Titel und die Inhaltsangabe haben mich, als Praktikerin in der Personzentrierten Kinder- und Jugendpsychotherapie, neugierig gemacht und bewogen, die Rezension des vorlie-genden Buches zu übernehmen . Der rezensierte Band entstand auf Grundlage von Vorträgen zur 5 . wissenschaftlichen Fach-tagung 2009 in Frankfurt/Main .In drei großen Kapitel – 1 . Gemeinsamkeiten und Unter-schiede in den Perspektiven verschiedener Psychotherapieschu-len und Versorgungseinrichtungen, 2 . Kinder- und Jugendli-chenpsychotherapie in Aktion, 3 . Psychiatrie, Psychotherapie und Jugendhilfe: Interdisziplinäre Aspekte der Kinder- und Ju-gendlichenpsychotherapie – werden unterschiedliche Zugänge zum Thema publiziert . Die Unterschiedlichkeiten ergeben sich einerseits aus den methodischen Hintergründen der Autorin-nen und Autoren („zu Wort“ kommen Vertreter und Vertrete-rinnen der Personzentrierten Psychotherapie, der Psychodyna-mischen Psychotherapie, der Systemischen Psychotherapie und der Verhaltenstherapie), andererseits aus den Rahmenbedin-gungen, in denen diese tätig sind (niedergelassene psychothe-rapeutische Praxis, Psychotherapieforschung, klinisch-psycho-therapeutische Diagnostik, interdisziplinäre Zusammenarbeit) . Es wechseln praktisch orientierte mit theoretisch orientierten Artikeln vor dem Hintergrund unterschiedlicher Menschen-bilder ab .Anregend lesen sich jene Artikel im 1 . Kapitel, die metho-denspezifisch zwei Falldarstellungen „aufrollen“ . Hier finden sich – vor allem für die praktische Arbeit – interessante Zu-gänge und Überlegungen auch aus den anderen Psychothera-pieschulen: etwa die Elternarbeit betreffend (einbeziehen oder nicht, wenn ja, in welcher Weise) oder den Umgang mit „mit-gebrachten“ Diagnosen (wann, wo, durch wen diagnostiziert; überprüfen aufgrund der eigenen aktuellen Beziehungsdia-gnostik) . Zum Thema Angstbewältigung finden sich person-zentrierte Überlegungen, die es wert sind – aus praktischer Sicht – überprüft zu werden: Else Döring (in Zusammenarbeit mit Maria Füssner, Hildegard Steinhauser, Carola von Zülow) beschreibt beispielsweise ein störungsspezifisches Vorgehen . Anhand eines Phasenverlaufs (Therapieeingangsphase, Mitt-lere Therapiephase und Therapieabschlussphase) werden neben Begegnungshaltung auch Handlungsstrategien und Interven-tionsmedien aufgelistet .Anregend finde ich die Artikel im 1 . Kapitel insbesondere deshalb, weil sie einen Abriss des jeweiligen schulenspezifi-schen Grundkonzeptes, Störungsverständnisses sowie des the-rapeutischen Vorgehens beinhalten . Manches – aus person-zentrierter Sicht – „unverständliche“ Vorgehen wird in dieser Gesamtschau nachvollziehbarer . Gleichzeitig regen sie an, die eigene Grundhaltung in Bezug auf Störungsverständnis und therapeutisches Vorgehen zu überdenken .„Holpriger“ lesen sich die Artikel im 2 . Kapitel . Obwohl der Titel auf „Anregungen aus der Praxis“ verweist, findet sich im Speziellen darin wenig . Es ist interessant, über die Untersu-chung von Kindern und Müttern im ersten Lebensjahr (Sabine Trautmann-Voigt: Bindungsforschung und Bewegungsanalyse) zu lesen, deren Interaktions- und Bewegungsverhalten analy-siert und mit dem Bindungsverhalten der Kinder im ersten Lebensjahr in Verbindung gebracht wird, und wie daraus spe-zifische Verhaltensanregungen für Mütter und spezifische be-wegungstherapeutische Maßnahmen für Säuglinge entwickelt werden . Beides erscheint mir aber doch zu klinisch orientiert, um für die niedergelassene psychotherapeutische Praxis – der-zeit – relevant zu sein . Aus personzentrierter Sicht habe ich vielmehr die Besorgnis, dass sich daraus für die Zukunft ein weiteres „Manual“ entwickelt und die Komponenten Bezie-hungsdiagnostik und dialogisches Prinzip zugunsten von Dia-gnostik und Intervention reduziert werden .172REZENSIONENEs fällt vor allem in diesem Kapitel auf, dass die personzen-trierten/gesprächspsychotherapeutischen Artikel auch unter dem Aspekt der besondern Situation in Deutschland gelesen werden müssen/sollen . Die „Gesprächspsychotherapie“ ist in Deutschland zwar ein wissenschaftlich aber kein sozialrechtlich anerkanntes Therapieverfahren; daher haben viele ausgebildete Gesprächspsychotherapeut/inn/en zusätzlich eine Ausbildung in einem sog . Richtlinienverfahren (Kognitive Verhaltensthera-pie, Psychoanalyse oder Tiefenpsychologisch fundierte Psycho-therapie) absolviert, da sie ansonsten nicht mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen können . Dies führt immer wieder zu „vermischten“ Theorien, die eher Unbehagen und Irritation auslösen, als Interesse und Neugier . So etwa bei Curd Hockel, der in seinem Artikel „Personzentrierter Beziehungsauf bau bei Kindern mit starken Leistungsängsten“ schreibt, dass er von „5 Wirkfaktoren der Psychotherapie“ ausgehe: „Selbstprüfung“ (das „Repertoire tiefenpsychologischer Selbsterkenntnis und Theorie“), „Annehmen, Einfühlen, Echt-sein (drei „Rogers-Haltungen)“ sowie „das klinisch-psychologische Änderungs-wissen der Verhaltenstherapie“ . Hier wird meiner Meinung nach übersehen, dass Akzeptanz, Empathie und Kongruenz für Psychotherapeut/inn/en ein wichtiger Kompass, etwa im Bereich der „Selbsterkenntnis“, ist . Wie bereits weiter oben er-wähnt, mag dies in der spezifischen Situation in Deutschland begründet sein . Durch diese Form der „Vermischung“ aber wird es schwierig, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu an-deren Therapieschulen zu erarbeiten und zu erkennen . Für die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mag dies – vordergründig – kein Gewicht haben, allerdings hat es Rele-vanz für die Theoriebildung von Therapeut/inn/en und Aus-bildungskandidat/inn/en .Erfreulich wieder das 3 . Kapitel: Die Auseinandersetzung mit den interdisziplinären Aspekten der Kinder- und Jugend-psychotherapie liest sich auf klärend, erhellend, auf fordernd, an-erkennend . Silke Gahleitner, Marion Schwarz und Rein-mar du Bois gelingt es, die Problematiken der Zusammenarbeit zwischen ambulanter Kinder- und Jugendpsychotherapie, sta-tionärer Kinder- und Jugendpsychotherapie, Kinder- und Ju-gendpsychiatrie, Schule, Jugendamt ausführlich zu behandeln und zu diskutieren . Insofern bietet diese Arbeit einen Bezug zur Praxis, zumindest aber eine Grundlage für fachlich orien-tierte Gespräche .Die Zielsetzung dieses Buches ist es „sich gegenseitig zu be-fruchten und für die fachliche Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie Impulse zu geben“ (S . 13) . Dies ist zu einem Teil sicherlich gelungen . Dadurch, dass Schwach-stellen von Theoriebildung im Bereich der Personzentrierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aufgezeigt werden, ist dieser Band möglicherweise eine Anregung, innerhalb „unse-rer“ Psychotherapieschule auf Weiterentwicklung zu achten .Gerhard StummJohannes Wiltschko. Hilf losigkeit in Stärke verwandeln. Focusing als Basis einer Meta-psychotherapie. Bd. I.Münster: Edition Octopus, 2010, 290 Seiten, ISBN 978 - 3-86991 - 037 - 6. € 16,80.In diesem ersten Band der gesammelten Schriften des Autors sind in erster Linie Arbeiten aus drei Jahrzehnten, genau von 1977 bis 1995, enthalten, wobei der Großteil ungefähr 20 Jahre alt ist . Die Texte muten wie Bilder einer Ausstellung an, die weitgehend chronologisch gereiht und um kommentierende Erläuterungen ergänzt den Werdegang und das Schaffen von Johannes Wiltschko illustrieren . Die beim Verfassen des Bu-ches vorgenommenen, zumeist einleitenden Einfügungen, die in etwa ein Drittel des Buches umfassen und die Texte teilweise zu Textcollagen machen, bilden wie ein Katalog die verbin-dende Klammer und sorgen in ihrer nachbereitenden Funk-tion für ein besseres Verständnis des Gesamtgefüges . So kann der/die Leser/in anhand von 17 alten Texten, die neubearbeitet wurden, und zwei neu geschriebenen Kapiteln, die der Autor an den Anfang des Buches gestellt hat, sowie anhand von den ein- und überleitenden Ergänzungen die Stationen und Etap-pen des autobiografischen Hintergrundes, der psychotherapeu-tischen Lauf bahn und vor allem der theoretischen Reflexionen des Protagonisten zu Focusing nachvollziehen .Da wird zunächst die Suche des Psychologiestudenten nach entsprechenden praktischen Fertigkeiten und überzeugenden Modellen im psychologisch-psychotherapeutischen Feld ge-schildert, die ihn u . a . mit dem Ansatz von C . G . Jung, der Reich’schen Körpertherapie, der Daseinsanalyse, der Psycho-analyse und der Gesprächspsychotherapie in Kontakt bringt und ihn schließlich zu Gendlin und dem von ihm begründeten 

Silke B. Gahleitner, Klaus Fröhlich-Gildhoff, Friederike Wetzorke & Marion Schwarz (Hrsg.). Ich sehe was, was du nicht siehst … Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Perspektiven in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

https://ejournals.facultas.at/index.php/person/article/download/2620/2214

Silke B. Gahleitner, Klaus Fröhlich-Gildhoff, Friederike Wetzorke & Marion Schwarz (Hrsg.). Ich sehe was, was du nicht siehst … Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Perspektiven in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

Abstract

Similar works

Full text

Available Versions

Facultas eJournals