'Deutsche Zeitschrift Fur Sportmedizin/German Journal of Sports Medicine'
Abstract
Nachdem die Bevölkerung Bulgariens im Jahr 1989 ihr bisheriges Maximum von 8.992.000 Menschen erreicht hatte, erwartete man, dass die 9 Mio. Marke im Jahr 1990 überschritten würde. Stattdessen wurde das Jahr 1989 zu einem Wendepunkt in der Bevölkerungsentwicklung des Landes. Seitdem nimmt die Bevölkerungszahl kontinuierlich ab - Ende des Jahres 2003 betrug sie 7,8 Mio. Der Hauptgrund für die als "schwere demographische Krise" zu bezeichnende Entwicklung ist die infolge des politischen und wirtschaftlichen Systemwechsels entstandene allgemeine ökonomische und soziale Unsicherheit, die abrupt eintrat und der Bevölkerung einen Schock versetzte. Die derzeitige demographische Situation in Bulgarien ist aufgrund der anhaltend niedrigen Geburtenraten und der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung im europa- und weltweiten Vergleich als ungünstig einzuschätzen. Sollten die Trends des letzten Jahrzehnts anhalten, so hätte Bulgarien im Jahr 2020 nur noch zwischen 6,9 und 7,4 Mio. Einwohner. Wurden die Bevölkerungsverluste zu Beginn der 1990er Jahre vor allem durch Emigrationswellen großen Umfangs verursacht, resultiert die Abnahme der Gesamtbevölkerung zunehmend aus der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung. Sowohl die Geburten- und Sterberate als auch die Säuglingssterblichkeit und das natürliche Bevölkerungswachstum erreichten im Jahr 1997 -dem Jahr, in dem Bulgarien seine bisher schlimmste wirtschaftliche Krise seit dem Systemwechsel erlebte- ihre negativsten Werte. Dies verdeutlicht, wie stark die demographische von der ökonomischen Entwicklung eines Landes abhängt. Mit dem Systemwechsel wurden in Bulgarien geburtenfördernde Faktoren durch Faktoren ersetzt, von denen negative Einflüsse auf die Familienbildung ausgehen. Das seit den 1960er Jahren vorherrschende "Zwei-Kinder-Familienmodell" entspricht heute nicht mehr den Idealvorstellungen der Bulgaren. Die Anzahl der Frauen, die kinderlos bleiben oder nur ein Kind bekommen möchten, ist deutlich angestiegen. Allerdings besteht berechtigter Zweifel daran, dass die Menschen ihre Entscheidung für bzw. gegen die Gründung einer Familie allein von ihren ökonomischen Lebensbedingungen abhängig machen. Auch in Bulgarien hat sich in den letzten Jahren ein grundlegender gesellschaftlicher Wertewandel bezüglich der Institution Ehe/Familie vollzogen, wie er in den Ländern Westeuropas schon in den Jahrzehnten zuvor zu beobachten war. Als größtes Problem der bulgarischen Gesellschaft stellt sich mehr und mehr der gesellschaftliche Alterungsprozess heraus. Der Anteil junger Menschen nimmt in Bulgarien ab und kann die Reproduktion des Arbeitskräftepotenzials langfristig nicht mehr sichern. Die zunehmende Überalterung der Bevölkerung wird ernste ökonomische, soziale und psychologische Folgen haben und Zündstoff für die Entstehung sozialer Konflikte in sich bergen, da mit einem gesellschaftlichen Alterungsprozess auch höhere Ausgaben für Renten und Pensionszahlungen sowie steigende Kosten im Gesundheitssystem verbunden sind. Vor allem in den dünn besiedelten ländlichen Gebieten stellt die ausreichende Versorgung der älteren Bewohner schon heute ein zunehmendes Problem dar. Aktuelle Bevölkerungsprognosen zeigen besorgniserregende Tendenzen bezüglich der zukünftigen demographischen Entwicklung der bulgarischen Gesellschaft auf. Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation im Land -gerade vor dem Hintergrund des geplanten EU-Beitritts– weiter verbessern sollte, so ist nicht davon auszugehen, dass es künftig wieder zu einem deutlichen Anstieg der Geburtenzahlen kommen wird. Einzig durch eine Steigerung der Geburtenzahlen -gefördert durch eine pronatalistische Familienpolitik- kann jedoch ein Weg aus der demographischen Krise erreicht werden. (Autorenreferat)After the population of Bulgaria reached the record figure of 8,992,000 in 1989, it was expected that the 9 million mark would be crossed in 1990. Instead, 1989 proved to be a turning point in the development of the population in the country. Since then, the population figures have dropped constantly - the numbers were 7.8 million at the end of 2003. The main reason for this development, which should be se en as a "severe demographic crisis", is the general economic and social uncertainty that has arisen from the transformation in the political and economic system, which emerged abruptly and put the population into a state of shock. The current demographic situation in Bulgaria should be seen to be unfavourable due to the persistently low birth rate and the increasingly old age of the population in a European and global comparison. In the event that the tren ds of the last few years persist, Bulgaria would only have a population of between 6.9 and 7.4 million by the year 2020. Whereas the population erosion at the start of the nineties was mainly caused by a wave of emigration on a large scale, the drop in overall population is now in creasingly due to the negative but natural development of the population. The birth a nd death rates and the infant mortality and natural population development reached their most negative values in 1997 - the year in which Bulgaria experienced its to date worst economic crisis since the system change. This emphasises to what large extent the demographic development of a country is dependent on the economic situation. When the system in Bulgaria changed, factors that would promote the birth rate were replaced with other factors from which one can assume that they would have a negative influence on the formation of families. The "two child fam ily model" that has been prevalent since the sixties is no longer the ideal framework for Bulgarians. There has been a clear rise in the number of women who remain without children or who only want one child. However, there are grounds for justified doubt that people base their decision to found a family or not solely on the economic circumstances of their lives. Ov er the last few years, Bulgaria has also experienced fundamental transformation in social values concerning the institutions of marriage and family, as we have also seen in the countries of Western Europe in the decades before. The social ageing process is increasingly the greatest problem facing Bulgarian society. The number of young people in Bulgaria is falling and can no longer guarantee the reproduction of workforce potential in the long term. The increasing age of the populat ion will have serious economic, social and psychological consequences and will create an explosive situation that may produce social conflict, as a rising aver age age of the population is also linked to increasing expenditure on annuities and pensions and rising costs of the healthcare system. Providing sufficient care to the older members of society is an increasing problem, especially in the sparsely popul ated, rural areas. Current population prognoses have revealed worr isome tendencies with regard to the future demographic development of Bulgarian society. Even if the economic situation in the country continues to improve -especially against the backdrop of the planned EU accession-, there is no reason to assume that the future will bring a clear rise in the birth rate. The only way to find a path out of the demographic crisis is to increase the birth rate and to promote this by installing pro-natal family policies. (author's abstract