Das vasoaktive Peptid Endothelin wird als drei Isoformen (Endothelin 1, 2, 3) exprimiert, die an zwei G-Protein gekoppelte Rezeptoren Endothelin Rezeptor Typ a (Eta) und Endothelin Rezeptor Typ b (Etb) binden können. Die Rolle des Endothelin-Signalwegs im Auge ist noch weitgehendst unbekannt und wird kontrovers diskutiert.
Deshalb war es das Hauptziel dieser Arbeit die Rolle des Endothelin-Signalwegs im Auge zu untersuchen und besonders einem potenziellen neuroprotektiven Effekt von Etb für das Überleben von Photorezeptoren nach Licht-induzierter Schädigung nachzugehen. Außerdem sollten die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen aufgeschlüsselt werden.
Zunächst wurde die Lokalisation des Etb im Auge untersucht und durch immunhistochemische Doppelfärbungen dessen zelltypspezifische Lokalisation bestimmt. Außerdem wurde die retinale Expressionstärke von Etb im Vergleich zu Eta ermittelt. Des Weiteren sollte die Expression des gesamten Endothelin-Signalwegs in wildtypischen Retinae im Falle von okulärem Trauma, hervorgerufen durch alleinige Perforation des Auges, PBS-Injektion oder Lichtschaden, untersucht werden. In allen drei Schadensmodellen kam es zu einer Aktivierung des gesamten Endothelin-Signalwegs.
Anschließend generierten wir mittels Cre-loxP-System eine Mauslinie mit einer Deletion von Etb im gesamten Auge (EtbΔeye) und eine weitere Mauslinie mit einer Etb Deletion in Müllerzellen und retinalen Neuronen (EtbΔOC). Darüber hinaus etablierten wir Photorezeptorzelllinien mit einer stabilen Deletion von Etb mittels des CRISPR/Cas9-System. Die Deletion von Etb in retinalen Neuronen und Müllerzellen führte zu keinen offensichtlichen Veränderungen der retinalen Morphologie und Gefäßstruktur. Allerdings war die Vulnerabilität der Photorezeptoren bei EtbΔOC Mäusen nach Licht-induzierten Photorezeptor Degeneration signifikant höher, einhergehend mit einer signifikant dünner äußeren Körnerschicht 14 Tage nach Lichtschaden. Auch die Etb-defizienten Photorezeptor-Zelllinien wiesen eine signifikant höhere Apoptoserate nach Zellstress, verursacht durch Serum-Entzug, auf. Weiterführende molekulare Analysen zeigten, eine signifikante Erhöhung der neuroprotektiven Faktoren leucaemia inhibitory factor (lif) und fibroblast growth factor (fgf2) bei lichtgeschädigten EtbΔOC Mäusen im Vergleich zu lichtgeschädigten Kontrolltieren. Überraschenderweise detektierten wir dennoch eine signifikante Erhöhung von Caspase 8 bei lichtgeschädigten EtbΔOC Mäusen im Vergleich zu lichtgeschädigten Kontrolltieren, was den Rückschluss nahelegt, dass die beobachtete verstärkte Degeneration der Photorezeptoren durch den extrinsischen, d.h. durch Todesrezeptoren vermittelten Signalweg ablief. Weiterführende Analysen identifizierten eine verminderte Aktivierung (Phosphorylierung) des neuroprotektiven Protein Kinase B (Akt) Signalwegs als den Signalweg worüber Etb sein neuroprotektives Signal vermittelt.
Zusammenfassend zeigen die erhobenen Daten erstmals, dass das durch den Etb vermittelte Signal essenziell und weitaus potenter für das Überleben von Photorezeptoren ist als die Wirkung der neuroprotektiven Faktoren fibroblast growth factor 2 (Fgf2) und leukaemia inhibitory factor. Downstream von Etb wird die Neuroprotektion über den Akt-Signalweg vermittelt.
Zukünftig kann dieser durch Etb vermittelte Signalweg einen vielversprechenden Ansatz für die Entwicklung von neuen Therapieansätzen zur Behandlung retinaler Degenerationen wie Retinopathia pigmentosa oder altersbedingte Makuladegeneration darstellen