Subkortikale Hirnstrukturen und Hippocampussubfelder in ihrer Assoziation zur Methylierung des Serotonintransportergens bei der depressiven Störung

Abstract

Die vorliegende Studie untersuchte 49 Patienten mit Major Depressive Disorder (MDD), die sich beim psychiatrischen Gesundheitsdienst des Adelaide and Meath Hospitals und des National Children’s Hospitals in Dublin in ambulanter Behandlung befanden. Ihnen gegenübergestellt wurde eine Gruppe aus 49 gesunden Kontrollprobanden. Die 98 Studienteilnehmer erhielten eine magnetresonanztomographische zerebrale Bildgebung, anhand derer wir volumetrische Unterschiede in den subkortikalen Strukturen Thalamus, Putamen, Nucleus caudatus, Pallidum, Nucleus accumbens, Hippocampus, Amygdala und der Seitenventrikel sowie der Hippocampussubfelder CA1, CA2/3, CA4/DG, Subiculum, Präsubiculum und Fimbrien analysierten. Die volumetrischen Berechnungen wurden mit dem Segmentierungsprogramm FreeSurfer durchgeführt und mit Matlab sowie manuell überprüft. Die Volumina wurden auf signifikante Unterschiede bezüglich der Diagnose MDD, des Alters und des Geschlechtes untersucht. Das Hippocampusvolumen stellte sich bei Depressiven in beiden Hemisphären signifikant kleiner dar als bei Gesunden, die Volumina der Hippocampussubfelder CA2/3 und CA4/DG zeigten einen gleichartigen Effekt unilateral links. Diese Ergebnisse werden in anderen Studien bestätigt, die Einordnung der Volumenveränderungen in die Chronologie der Major Depressive Disorder bleibt jedoch unklar. So könnte die Depression Folge einer vorausgehenden Volumenverkleinerung in bestimmten Hirnarealen sein oder die morphologischen Veränderungen im Verlauf der Major Depressive Disorder durch krankheitsassoziierte Vorgänge geschehen. Der Hippocampus stellt einen Teil des limbischen Systems dar, der generell in zahlreichen emotionalen Vorgängen sowie in der Gedächtnisfunktion involviert ist. Bezüglich geschlechtlicher Unterschiede wurde ein beidseits signifikant größeres Pallidum- und Fimbrienvolumen bei den männlichen als bei den weiblichen Probanden verzeichnet. Den volumetrischen Veränderungen im Pallidum könnte eine generell größere Rolle in emotionalen und sexuellen Vorgängen bei Männern zugrunde liegen, die Veränderungen im Fimbrienvolumen sind angesichts der aktuellen Studienlage bezüglich dieses noch wenig erforschten Hippocampussubfelds schwer zu interpretieren. Das Alter der Probanden war signifikant mit einer beidseitigen Vergrößerung der Seitenventrikel, sowie einer signifikanten Verkleinerung der Volumina des Putamens, des Nucleus accumbens und des Pallidums assoziiert. Diese Beobachtung wird ebenfalls in zahlreichen vorausgehenden Studien belegt und ist wahrscheinlich durch eine physiologische Atrophie der Hirnsubstanz im Alter und eine fraglich reaktive Vergrößerung der Ventrikel zum intrakraniellen Volumenausgleich bedingt. Weiterhin stellte sich die Frage nach dem Zusammenhang von volumetrischen Veränderungen mit Stresserlebnissen in der Kindheit, die wir bei den Studienteilnehmern anhand des Childhood Trauma Questionnaires anamnestisch erhoben. In diesem Zusammenhang erhielten wir weder signifikante Ergebnisse in den Volumina der subkortikalen Strukturen noch in denen der Hippocampussubfelder, lediglich die Interaktion zwischen kindlichem Stress und Diagnose zeigte eine signifikante Assoziation bezüglich des Pallidumvolumens der rechten Hemisphäre auf. Patienten, die in der Kindheit keinen Missbrauch erfahren hatten, hatten durchschnittlich kleinere Pallidumvolumina, Patienten mit kindlichem Missbrauch zeigten auf der rechten Seite größere und auf der linken Seite kleinere Pallidumvolumina als die Kontrollprobanden. Innerhalb der nach Missbrauchserlebnissen aufgeteilten Probandengruppen erreichten diese Ergebnisse keine Signifikanz mehr, jedoch wird die Bedeutung des Pallidums als stresssensitive zerebrale Struktur hervorgehoben. Den zweiten großen Teil der Studie stellte die Untersuchung einer Untergruppe unserer Studienteilnehmer von insgesamt 69 Probanden (33 Patienten und 36 Kontrollprobanden) dar, die sich zu einer Blutentnahme zur Analyse epigenetischer Methylierung des Serotonintransportergens SLC6A4 in der DNA peripherer Blutzellen bereit erklärt hatten. Hier untersuchten wir die Assoziationen zwischen Methylierung und Alter, Geschlecht, Diagnose, kindlichem Missbrauch und Hippocampusvolumen. Es ergaben sich jeweils unabhängige signifikante Zusammenhänge zwischen Methylierung und Alter, kindlichem Stress und Hippocampusvolumen. Alter und Missbrauch waren positiv korreliert, ältere und Probanden, die kindlichem Missbrauch erfahren hatten, zeigten höhere Methylierungsanteile auf. Mit dem Hippocampusvolumen verhielt es sich umgekehrt, hier lag eine signifikante Assoziation zwischen kleineren Volumina und höherer Methylierung vor. Auch diese Ergebnisse werden durch andere Arbeiten bestätigt und lassen vermuten, dass das Volumen des Hippocampus als hochgradig glukokortikoid- und damit stressempfindliche Region mit der Methylierung des Serotonintransportergens zusammenhängt, die als eventuelle Möglichkeit der Einflussnahme auf die Genetik des Menschen durch äußere Einflüsse wie beispielsweise Stresserlebnisse gehandelt wird. Kindlicher Missbrauch ließ für sich keine signifikante Assoziation mit dem Hippocampusvolumen verzeichnen, was den Mechanismus der Epigenetik als Mittel zur Beeinflussung physiologischer Vorgänge plausibel erscheinen lässt. Zudem untersuchten wir die Methylierung der beiden speziellen Genloki CpG 5_6 und CpG 11_12, die auf dem Gesamtgenabschnitt CpG 5 bis 15 des SLC6A4-Gens liegen und als besonders mit der Serotoninsynthese assoziierte Genabschnitte identifiziert wurden. Hier stellten wir generell einen besonders hohen Methylierungsanteil an CpG 5_6 fest, CpG 11_12 war deutlich weniger häufig signifikant hoch methyliert. Die spezifischen Funktionen der einzelnen Genloki des SLC6A4 sind noch unklar. Die Zusammenschau der vielfältigen Untersuchungen und Ergebnisse unserer Studie zeigen diverse signifikante Zusammenhänge zwischen Depression, kindlichem Stress, Methylierung und volumetrischen Veränderungen zerebraler Strukturen, insbesondere der Hippocampusregion und ihrer Subfelder, auf. Multiple Fragestellungen, insbesondere zur chronologischen Einordnung der volumetrischen und epigenetischen Veränderungen, liegen außerhalb unserer Studie und lassen Spielraum für eventuell darauf aufbauende weitere Studien zum Thema Depression, Missbrauchsereignisse in der Kindheit und Epigenetik

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