Berichterstattung zu und Prüfung von Compliance-Management-Systemen

Abstract

Die zunehmende Internationalisierung von Geschäftstätigkeiten, immer umfangreichere Gesetze und neue Industriestandards, der höhere Wettbewerbsdruck sowie die negativen Auswirkungen von Unternehmensskandalen haben das Verständnis für eine gute Unternehmensführung erweitert. Compliance, d. h. die Einhaltung von Gesetzen oder Vorschriften durch Unternehmensorgane und sämtliche Unternehmensmitglieder, ist ein unabdingbarer Bestandteil für gute, transparente und nachvollziehbare Unternehmensführung. Compliance Management Systeme (CMS) umfassen die systematische Ausgestaltung von Compliance im Unternehmen unabhängig von Größe, Branche und Art der Geschäftstätigkeiten. Das wesentliche Ziel eines CMS ist es, Non-Compliance, d. h. betriebsbezogene und gesetzwidrige Straftaten durch Unternehmensorgane und Unternehmensmitarbeiter, zu verhindern und zu vermindern. CMS sind zum Gegenstand der betriebswirtschaftlichen, rechtlichen sowie gesellschaftlichen Diskussion avanciert. Ein zentraler Diskussionspunkt ist die Standardisierung von CMS, der sich auch in der Berichterstattung zu und Prüfung von CMS widerspiegelt. Das erste Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie Unternehmen über ihr CMS berichten. Hierbei werden die CMS Berichtsabschnitte aus 173 Geschäftsberichten von HDAX Unternehmen für die Geschäftsjahre 2017 und 2018 untersucht. Eine deskriptive Inhaltsanalyse beleuchtet anhand der Anzahl der identifizierten Compliance Elemente, der Compliance Fokusthemen und Compliance Maßnahmen die Branchenunterschiede und Indexzugehörigkeit. Drei Regressionsanalysen untersuchen mögliche Einflüsse von ausgewählten Unternehmenseigenschaften auf die Anzahl der Elemente, Fokusthemen und Maßnahmen. Die inhaltsanalytische Untersuchung zeigt, dass die Compliance-Maßnahmen am häufigsten im Konzernlagebericht verortet sind. DAX 30 Unternehmen berichten vergleichsweise über mehr CMS Grundelemente als MDAX und TecDAX Unternehmen. Am häufigsten wird über die Compliance Organisation informiert und oft fehlen die Compliance Kultur bzw. die Compliance Kommunikation. Die Branche mit den meisten Unternehmen „Metall & Elektronik“, zu denen BMW, Daimler und VW gehören, berichtet überdurchschnittlich über ihre CMS Elemente. Als Compliance Maßnahmen werden am häufigsten der Verhaltenskodex, die Implementierung von Hinweisgebersystemen und Schulungen genannt. Die wesentlichen Compliance Fokusthemen sind Antikorruption, Wettbewerbsverhalten und Datenschutz. Die Regressionsergebnisse bezüglich der Anzahl der Compliance Elemente bzw. Maßnahmen deuten darauf hin, dass mit steigender Anzahl anderer Unternehmen, die Anteile am berichterstattenden Unternehmen halten, die Zahl der in den CMS-Abschnitten kommunizierten Compliance-Elemente bzw. Maßnahmen zunimmt. Für die Compliance Fokusthemen lässt sich ein positiver Einfluss der an der Bilanzsumme gemessenen Unternehmensgröße und der Anzahl an Geschäftssegmenten feststellen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Darstellungsweise der CMS Berichterstattung der HDAX Unternehmen noch heterogen ist. Zudem untermauern die Ergebnisse die fehlende einheitliche Regulierung der Berichterstattung über bereits eingerichtete CMS und die unterschiedliche Ausgestaltung von CMS bei HDAX Unternehmen. Das zweite Forschungsprojekt ist ein Experiment und untersucht die Reaktion von 148 Finanzanalysen auf den CMS Berichtsabschnitt eines Unternehmens. Der Abschnitt umfasst drei Gestaltungselemente: ein Textabschnitt, eine informationsvermittelnde Abbildung und Unterschriften der Top Manager. Untersucht werden der Einfluss der Gestaltungselemente auf das Vertrauen, die Verständlichkeit und die Nützlichkeit der Informationen, die Aktienkaufwahrscheinlichkeit, die Anlageempfehlungswahrscheinlichkeit sowie die Einschätzung des Kreditrisikos. Dem Textabschnitt liegt die Experimentalbedingung des positiven bzw. negativen Tonfalls zugrunde. Die Abbildung und die Unterschriften besitzen die Ausprägungen vorhanden bzw. nicht vorhanden. Die Ergebnisse zeigen einen positiven Haupteffekt für negativ formulierte CMS-Abschnitte auf die Wahrnehmung und die Entscheidungen der Finanzanalysten. Die beiden Ausnahmen bilden hierbei die Investitionsentscheidung sowie die Verständlichkeit des CMS-Abschnitts. Zudem bewirken die Einbindung der Unterschriften oder die der Abbildung stets eine positivere Wahrnehmung und Entscheidung der Finanzanalysten. Die Interaktionseffekte zeigen, dass ein positiv formulierter CMS-Abschnitt einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung und Entscheidungen von Finanzanalysten ausübt, sofern dieser CMS-Abschnitt die Unterschriften und die Abbildung beinhaltet. Zudem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass unterschriebene CMS Berichtsabschnitte mit der Abbildung die Wahrnehmung und die Entscheidungen von Finanzanalysten verbessern. Diese Reaktion tritt jedoch nicht im Falle eines unterschriebenen und negativ formulierten CMS Abschnitts ein. Das dritte Forschungsprojekt ist ebenfalls ein Experiment und untersucht, ob die CMS Prüfung sowie die Art des CMS Prüfers und die Art des CMS-Prüfurteils das Vertrauen, sowie die Wahrscheinlichkeit zu Anlage- und Kreditvergabeempfehlung und zum Anlagekauf von 105 Bankdirektoren beeinflussen. Beim CMS Prüfer wird differenziert zwischen einer Big4 Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und dem TÜV Rheinland und beim Prüfurteil zwischen einer hinreichenden und begrenzen Sicherheit. Die Reaktionen weisen auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Durchführung einer CMS-Prüfung und dem Vertrauen der Bankdirektoren sowie deren Entscheidungen zur Kreditvergabe, Aktienkaufempfehlung und persönlichem Aktienkauf hin. Dies verdeutlicht die Relevanz einer CMS-Prüfung im Vergleich zu Unternehmen, die ihr CMS nicht prüfen lassen. Zudem verdeutlichen die Untersuchungsergebnisse, dass im Falle einer CMS-Prüfung die Wahrscheinlichkeit des Kreditvergaberisikos geringer und die Wahrscheinlichkeit des privaten Aktienkaufs am höchsten ist. Zudem zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass die Bankdirektoren eindeutig zwischen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und dem TÜV Rheinland differenzieren. Bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als CMS-Prüfer weisen die Bankdirektoren dem hypothetischen Unternehmen ein signifikant höheres Vertrauen zu sowie höhere Wahrscheinlichkeiten hinsichtlich Kreditvergabe, Aktienkaufempfehlung sowie privatem Aktienkauf. Zudem sind Bankdirektoren eher bereit, Kredite zu gewähren und den Aktienkauf zu empfehlen, wenn die Aussagekraft des Prüfurteils hinreichend sicher ist. Allerdings sind die Ergebnisse bezüglich der Aussagekraft des CMS-Prüfurteils weniger deutlich und es bleibt unklar, ob Bankdirektoren einen Unterschied zwischen hinreichender Sicherheit und begrenzter Sicherheit tatsächlich wahrnehmen und wenn ja, ob sich dieser Unterschied auf ihr Vertrauen und ihre Entscheidungen auswirkt

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