"Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 wandelten sich die Lebens- und Handlungsbedingungen für die Menschen aus der DDR radikal. Diese veränderten Lebensbedingungen betreffen sowohl alle Lebensbereiche als auch jeden Menschen in den neuen Bundesländern. Dabei ist aber der Grad der persönlichen Betroffenheit unterschiedlich. Die Lebenslage des Einzelnen wird wesentlich durch seine Stellung im Erwerbssystem bestimmt. Einkommen, Einfluß, der Grad sozialer Sicherheit, individuelle Autonomieräume, Lebensbedingungen verschiedener Art und daraus resultierende soziale Differenzierungen in den Dörfern hängen stark von der Stellung zum und im Erwerbsarbeitssystem ab (in Anlehnung an Bolte, 1990). Im folgenden wollen wir uns auf eine bestimmte sozialstrukturelle Gruppe, die Menschen im erwerbsfähigen Alter (in unserem sample die 18- bis 64jährigen), in vier ausgewählten Dörfern der neuen Bundesländer konzentrieren. Schon diese Gruppe ist in sich nach verschiedenen sozial relevanten Kriterien sehr heterogen strukturiert. Zunächst sollen die Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung und Erwerbsneigung diskutiert werden. Dabei wird besonders auf die nach 1989 sozialstrukturell neue Gruppe der Vorruheständler eingegangen. Des weiteren wird herausgearbeitet, wie sich die Gruppe der Erwerbstätigen strukturiert, an welchen Kriterien sich Ausgrenzungen und Marginalisierungen am Arbeitsmarkt zeigen und welche Auswirkungen auf die individuellen Lebenslagen sowohl objektiv als auch in der Wahrnehmung damit verbunden sind. Bei dieser Betrachtungsweise sind die Fragen, wer erwerbstätig geblieben ist, wer arbeitslos wurde und wer arbeitslos geblieben ist, bedeutend. Neben allgemein bekannten Arbeitsmarktrisiken werden vor allem auch dorfspezifische Faktoren diskutiert." (Autorenreferat