Ameisensäure (HCOOH) und Schwefeldioxid (SO2) zählen zu den wichtigsten organischen Säuren beziehungsweise anorganischen Säurevorläufern, die gasförmig in der Atmosphäre vorkommen. Erste detaillierte simultane Messungen von Ameisensäure und Schwefeldioxid in Emissionsfahnen urbaner Ballungsräume in Europa und Ostasien werden in dieser Arbeit vorgestellt. Als Luftschadstoffe wirken sich beide Gase auf die Gesundheit der Bevölkerung aus, zum Beispiel durch Beeinträchtigung der Atemwege und des Herzkreislaufsystems. Zudem beeinflussen sie die Bildung und Eigenschaften von Aerosolen und Wolken und tragen zu saurem Regen bei, wodurch die Flora und Fauna geschädigt werden kann. Zur Reduktion der Luftschadstoffe ist ein genaues Verständnis über ihre Quellen, Senken und Transformationen während des Transports notwendig, wozu flugzeuggetragene In-situ Messungen in Emissionsfahnen urbaner Ballungszentren beitragen können. Im Rahmen des Projekts EMeRGe (Effect of Megacities on the transport and transformation of pollutants on the Regional to Global scales) wurden an Bord des Forschungsflugzeugs HALO während zweier Messkampagnen von Oberpfaffenhofen bei München im Juli 2017 und von Tainan (Taiwan) im März 2018 Messungen durchgeführt. Die Messungen fanden mit einem Chemischen-Ionisations-Ionenfallen-Massenspektrometer (Chemical Ionization Ion Trap Mass Spectrometer (CI-ITMS)) unter Verwendung einer CO3(-) Ionenchemie statt. Kalibrierungen wurden durchgeführt, indem dem Probenfluss isotopisch markiertes SO2 aus einem Gasstandard und HCOOH aus einer Permeationsquelle zugesetzt wurden. Im Zuge der EMeRGe-Kampagnen konnten Schadstofffahnen der Metropolregionen London (UK), Benelux (BE, NL, LU), Ruhrgebiet (DE), Po-Ebene, Rom (IT), Paris, Marseille (FR) und Barcelona (ES) in Europa sowie Taichung, Taipeh (Taiwan), Pearl Flussdelta, Jangtse Flussdelta (China), Manila (Republik der Philippinen), Seoul (Republik Korea), Nagoya, Osaka und Tokio (Japan) in Asien vermessen werden. Die Entfernungen zu den jeweiligen Quellregionen betrugen zwischen 500 m und 2000 km. Eine Zuordnung der vermessenen Emissionsfahnen zu den Quellregionen wurde unter Verwendung von Luftmassentrajektorien- und Emissionsdispersionsberechnungen sowie Perfluorcarbon-Tracer-Experimenten für ausgewählte Fälle hergestellt. Zur Charakterisierung der Schadstofffahnen wurden Emissionsverhältnisse (emission ratios (ER)), Korrelationsanalysen zwischen Spurengasen und zwischen Spurengasen und Aerosoleigenschaften sowie Kohlenwasserstoff-Tracer herangezogen, wie Benzol, Acetonitril und Isopren für Emissionen aus anthropogenen und biogenen Quellen sowie Verbrennung von Biomasse. Generell wurde herausgefunden, dass das ER von HCOOH/CO mit dem Alter der Emissionsfahnen zunimmt und in Europa bzw. Asien zwischen 0.05 - 0.57 und 0.03 - 0.08 liegt. Weiter wurde festgestellt, dass die Erhöhungen durch eine sekundäre Bildung von HCOOH in den Emissionsfahnen hauptsächlich durch Oxidation der Isopren-Emissionen verursacht sind. Die ermittelten HCOOH-Bildungsraten betragen 18.5 pmol mol-1 HCOOH / nmol mol-1 CO pro Stunde und 1.25 pmol mol-1 HCOOH / nmol mol-1 CO pro Stunde in Schadstofffahnen in Europa bzw. Asien. Die höheren HCOOH-Produktionsraten in den europäischen Emissionsfahnen sind auf die höheren Isopren-Emissionen in den Quellregionen in Europa im Juli zurückzuführen, verglichen mit den Werten in Asien im März. Die Zunahme von HCOOH mit dem Alter der Emissionsfahne wird auch durch Simulationen mit dem Chemie-Transport-Modell WRF-Chem für den Fall der Manila-Emissionsfahne gezeigt. Die höchste HCOOH-Produktionsrate (33 pmol mol-1 HCOOH / nmol mol-1 CO pro Stunde) wurde in einer Rauchfahne eines großen europäischen Waldbrandes im Jahr 2017 in der Nähe von Marseille, aufgrund des sehr hohen Isopren-Gehalts in der Fahne, beobachtet. Die ermittelten ER von SO2/CO nehmen generell mit dem Alter der Emissionsfahnen ab. Grund dafür ist die Oxidation von SO2 zu H2SO4 (Schwefelsäure), was zu Bildung und Wachstum von Sulfat-Aerosolen in den Schadstofffahnen führt. Eine SO2-Lebensdauer von 10 bis 15 Stunden bzw. 30 bis 43 Stunden konnte für Emissionsfahnen in Europa bzw. Asien abgeleitet werden. Die gemessenen Mischungsverhältnisse von HCOOH und SO2 korrelieren stark mit der Konzentration von organischem Aerosol und Sulfat-Aerosol in den Schadstofffahnen, was auf ihre wichtige Rolle bei der Aerosolbildung und dem Aerosolwachstum hinweist. Die HCOOH- und SO2-Messungen werden auch mit früheren Flugzeugmessungen und mit numerischen Modellsimulationen der Chemie-Klima- und Chemie-Transport-Modelle MECO(n) und WRF-Chem verglichen. Dabei wurde herausgefunden, dass die HCOOH-Mischungsverhältnisse in den Emissionsfahnen in beiden Modellen stark unterschätzt werden. Die vorliegenden Messungen zeigen die zunehmende Bedeutung organischer Emissionen wie HCOOH im Vergleich zu den regulierten klassischen Emissionen SO2 und NOy für die Eigenschaften von Aerosolen, Wolken und Niederschlägen